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Dies und das

//Gemeinderat Bad Wildbad beschließt neue Hebesätze//

Veränderungen und Herausforderungen für Steuerzahler In seiner letzten Sitzung hat der Bad Wildbader Gemeinderat die Hebesätze für die Grundsteuer...

Veränderungen und Herausforderungen für Steuerzahler

In seiner letzten Sitzung hat der Bad Wildbader Gemeinderat die Hebesätze für die Grundsteuer und Gewerbesteuer beschlossen, um die finanzielle Belastung durch die Grundsteuerreform des Landes ab 2025 auszugleichen. Die Hebesätze für die Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliche Betriebe) wurden auf 2.200 v. H. und für die Grundsteuer B (Grundstücke) auf 555 v. H. festgelegt. Der Gewerbesteuersatz bleibt unverändert bei 390 v. H.

Bürgermeister Marco Gauger betonte, dass die Anpassung der Hebesätze nach intensiver Beratung in den Ausschüssen notwendig war, um die Reform aufkommensneutral zu gestalten – das bedeutet, dass die Einnahmen 2025 im Vergleich zu 2024 weder steigen noch sinken. „Es geht darum, Mehreinnahmen durch die Reform zu vermeiden“, so Gauger. Die Grundsteuerreform folgt einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2018, das die bisherigen Bewertungsregeln für verfassungswidrig erklärte. Als Reaktion darauf wurde ein neues Gesetz erlassen. In Baden-Württemberg wird die Grundsteuer B künftig auf Basis des Bodenrichtwerts berechnet, während für die Grundsteuer A das bundesweite Modell gilt. Trotz der Bemühungen um Aufkommensneutralität bleibt unklar, wie sich die Reform auf die einzelnen Steuerpflichtigen auswirken wird. Besonders bei der Grundsteuer A gibt es Unsicherheiten, da noch nicht alle Messbescheide vorliegen. Daher wurde der Hebesatz für die Grundsteuer A vorerst auf 2200 v. H. festgesetzt.

Die Reform führt zu „Belastungsverschiebungen“, bei denen manche Steuerpflichtige mehr zahlen müssen, während andere weniger zahlen. Besonders betroffen sind Grundstücke mit hohem Bodenwert, da nur der Bodenwert und nicht der Wert der Gebäude in die Berechnung einfließt.

Diskussion und Kritik im Gemeinderat

Die Entscheidung wurde im Gemeinderat teils kontrovers diskutiert. Werner Kriech (AfD) äußerte scharfe Kritik an der Grundsteuerreform: „Die verkorkste Reform des Landes wird nun auf die Gemeinden abgewälzt. Besonders ältere Bürger, die in den 50er Jahren ein Eigenheim gebaut haben, sind hiervon massiv betroffen“, erklärte er. „Ältere Menschen, die oft auf einem großen Grundstück leben, werden hiermit unverschuldet stärker belastet. Ich bin selbst davon betroffen und fühle mich deshalb bei der Abstimmung befangen. Das trifft aber sicher auch auf andere hier im Gremium zu ...“, fügte er hinzu. Bürgermeister Gauger widersprach dieser Argumentation entschieden: „Nein“, sagte er, „es geht bei diesem Thema um allgemeine Fragestellungen, da kann jeder Rat abstimmen, ohne als befangen zu gelten.“

Jürgen Schrumpf (SPD) nahm Stellung und erklärte: „Ich bin froh, dass wir mit der Grundsteuer A so ins Rennen gehen. Wir sind damit gut aufgestellt. Das Gesetz selbst ist eine Katastrophe, aber wir sind mit dem vorliegenden Vorschlag gut aufgestellt.“ Schrumpf verdeutlichte die Problematik der Grundsteuerreform und ergänzte: „Das Problem wird nun auf die Kommunen abgewälzt, aber mit dem Vorschlag der Verwaltung sind wir auf der sicheren Seite. Man kann ja im ersten Halbjahr 2025 nachjustieren, falls es notwendig wird. Wir haben bereits 2023 die Gewerbesteuer erhöht. Hier sollten wir jetzt nicht noch an der Stellschraube drehen.“ Schrumpf schloss sich damit dem Vorschlag der Verwaltung an und betonte, dass seine Fraktion dem Verwaltungsvorschlag zustimmen werde.

Auch Rita Locher (FWV) zeigte Verständnis für die Reform, erklärte jedoch, dass die Stadt die Konsequenzen zu tragen habe. „Wir kriegen den Ärger komplett ab, wenn später die Bescheide verschickt werden. Mehr belastet wird wenig Wohnraum auf einer großen Fläche. Dafür können wir aber nichts. Wir haben keine Mehreinnahmen, unter dem Strich bleibt es gleich“, sagte sie und fügte hinzu, dass ihre Fraktion ebenfalls zustimmen werde.

Rainer Weiss (CDU) kritisierte das neue System und erklärte: „Die alten Werte von 1964 waren falsch. Das ist klar. Aber man hätte beispielsweise das alte System mit neuen Werten rechnen können. So wie es das Land Baden-Württemberg gemacht hat, kann es jedenfalls nicht richtig sein. Es war damals Zeitdruck, und die Landesregierung wollte es unkomplizierter machen. Unkompliziert bedeutet allerdings immer auch ungerecht.“ Weiss zeigte sich besorgt über die hohen Hebesätze und stellte fest: „Bad Wildbad wird mit diesen Sätzen eine der teuersten Kommunen in der Region sein.“ Er wollte wissen, warum dies der Fall sei. Heiko Friedrich, der stellvertretende Leiter der Finanzverwaltung in der Stadt Bad Wildbad, erklärte: „1964 lag die Grundsteuer B bei 15 bis 18 DM pro Quadratmeter in Bad Wildbad, in Calw und Umland bei 4 bis 6 DM pro Quadratmeter. Dieser hohe Immobilienwert fällt uns nun auf die Füße.“

Mathias Fey (AfD) zeigte sich verärgert, dass die Stadt nun „kurz vor Torschluss die Kröte schlucken muss“. Er meinte, die Stadt Bad Wildbad hätte schon früher aktiv werden müssen. „Aus christlichen und sozialen Gründen kann ich hier nicht zustimmen“, sagte Fey und kritisierte die späte Umsetzung der Reform: „Wir sollten deshalb ‚Nein‘ dazu sagen – andere Kommunen machen das auch“, lautete sein Vorschlag. Stadtkämmerer Tido Lüdtke wies darauf hin, dass die Stadt Bad Wildbad erst jetzt in die Lage versetzt wurde, Entscheidungen zu treffen, da die Grundsteuermessbescheide erst 2024 eingegangen seien. „Und es sind immer noch nicht alle da. Wenn wir jetzt nichts beschließen, können wir ab 1. Januar 2025 keine Grundsteuer mehr einziehen, da die alten Gesetze nicht mehr gelten.“

Und Jürgen Schrumpf (SPD) meinte zu Feys Vorschlag: „Wo sind wir hier? Im Wolkenkuckucksheim? Wie finanzieren wir unseren Haushalt, unsere Pflichtaufgaben?“

Nach intensiver Diskussion mit teils kontroversen Meinungen stimmte der Gemeinderat schließlich mit zwei Gegenstimmen für den Vorschlag der Verwaltung. Die neuen Hebesätze für 2025 wurden mit den festgelegten Sätzen von 2.200 von Hundert für die Grundsteuer A, 555 von Hundert für die Grundsteuer B und 390 von Hundert für die Gewerbesteuer beschlossen. „Mit dieser Entscheidung sind wir für die kommenden Jahre gut aufgestellt“, sagte Bürgermeister Gauger abschließend. (mm)

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