In der Sitzung des Gemeinderats am 28. Juli wurde der Entwurf des Nachtragshaushalts 2025 in erster Lesung beraten. Bürgermeister Christian Eheim brachte das Zahlenwerk ein und betonte gleich zu Beginn, dass es sich nicht um eine routinemäßige Anpassung, sondern um eine tiefgreifende haushaltspolitische Weichenstellung handle. Die zweite Beratung sowie der Beschluss sind für den 15. September vorgesehen.
Der Anlass für den Nachtragshaushalt ist die angespannte Haushaltslage, mit der Graben-Neudorf – wie alle anderen Kommunen – derzeit konfrontiert ist. Bürgermeister Eheim machte deutlich, dass die Ursachen für die finanzielle Schieflage nicht vor Ort zu suchen sind, sondern in strukturellen Problemen liegen. Immer neue Aufgaben, die von Bund und Land an die Kommunen übertragen werden, führen zu steigenden Ausgaben, ohne dass diesen entsprechenden Einnahmen gegenüberstehen. Gleichzeitig brechen zentrale Einnahmequellen weg, insbesondere die Gewerbesteuer. In Graben-Neudorf ist ein Rückgang der Gewerbesteuererträge um über 12 Millionen Euro zu verzeichnen, teils durch Rückzahlungen aus Vorjahren, teils durch geringere laufende Einnahmen.
Hinzu kommt eine deutliche Steigerung der Ausgaben in vielen Pflichtaufgaben der Gemeinde. Die Kosten für den öffentlichen Personennahverkehr haben sich innerhalb eines Jahrzehnts vervierfacht, das jährliche Defizit in der Kinderbetreuung liegt inzwischen bei über 4 Millionen Euro – mit steigender Tendenz. Standards und gesetzliche Vorgaben werden auf Bundes- und Landesebene kontinuierlich erhöht, die finanziellen Folgen aber bleiben bei den Kommunen.
Die Finanzkrise des Landkreises Karlsruhe, der mit einem Haushaltsdefizit von 60 Millionen Euro konfrontiert ist, belaste die Gemeinde zusätzlich. Die von der Gemeinde zu leistende Kreisumlage werde in den nächsten Jahren deshalb auf bis zu 11 Millionen Euro jährlich steigen.
In seiner Einbringung warnte Bürgermeister Eheim eindringlich vor den Konsequenzen: Ohne Gegenmaßnahmen steuere die Gemeinde bis 2027 auf ein Liquiditätsdefizit von 16 Millionen Euro zu. Bereits jetzt müssten Kassenkredite aufgenommen werden, um die Zahlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Auch die geplanten Investitionen der kommenden Jahre seien unter diesen Bedingungen nicht mehr in vollem Umfang realisierbar. Die mittelfristige Finanzplanung sei nicht mehr tragfähig, wenn nicht gegengesteuert werde.
Besonders deutlich wurde Eheim in seiner Kritik an der übergeordneten Politik: „Die Mauer des Schweigens und der Ignoranz der Abgeordneten im Bundestag und Landtag ist erschütternd.“ Die kommunale Finanzkrise sei kein Einzelfall, sondern ein landesweites Phänomen, das in Berlin und Stuttgart kaum die nötige Aufmerksamkeit finde.
Unterstützt wurde diese Einschätzung durch ein Zitat von Landrat Dr. Christoph Schnaudigel, auf das sich Bürgermeister Eheim bezog. Dieser hatte kürzlich zur Lage der Kommunalfinanzen gesagt: „Der Zug der Kommunalfinanzen fährt ungebremst in den Abgrund, nicht nur bei uns, sondern in allen Landkreisen und Gemeinden. Nicht weil kommunale Projekte aus dem Ruder laufen, sondern vor allem vom Bund beschlossene und nicht refinanzierte Sozialleistungen explodieren. Wenn dann noch Einnahmen wegfallen, ist im wahrsten Sinne Land unter. Wir können gar nicht so viel sparen, wie andere unser Geld ausgeben.“
Der Nachtragshaushalt 2025 sieht deshalb ein umfassendes Konsolidierungspaket vor. Ziel ist es, die Inanspruchnahme von Kassenkrediten in den Jahren 2025 und 2026 zu begrenzen, dauerhafte strukturelle Verbesserungen im Ergebnishaushalt zu erreichen und wieder Liquidität aufzubauen. Um diese Ziele zu erreichen, schlägt die Verwaltung unter anderem vor, einmalige Projekte und Investitionen zu verschieben, etwa den Neubau des Spielplatzes an der Schwarzwaldstraße, die Sanierung von Sanitäranlagen im Kindergarten Sonnenschein sowie die Umsetzung der Friedhofskonzeption.
Ein Element der Konsolidierungsstrategie ist die dauerhafte Senkung des laufenden Aufwands im Personalbereich. Durch eine Kombination aus Wiederbesetzungssperren und gezielter Reduzierung von Stellen sollen bis zum Jahr 2031 insgesamt 600.000 Euro beim Personal eingespart werden.
Weitere Einsparungen betreffen insbesondere den Unterhalt von gemeindlichen Einrichtungen und Flächen. Beim Unterhalt von Grünanlagen, Parks und Friedhöfen soll bis 2031 ein Einsparvolumen von insgesamt 700.000 Euro erreicht werden. Beim Unterhalt von Straßen, Wegen und Plätzen sind Kürzungen in Höhe von insgesamt 1 Million Euro bis 2031 vorgesehen. Auch bei den Sachmitteln für Schulen und die Bibliothek wird es Reduzierungen geben. In diesen Bereichen hat Graben-Neudorf bislang im interkommunalen Vergleich mit sehr hohen Standards gearbeitet. Diese überdurchschnittliche Ausstattung ist unter den aktuellen Bedingungen jedoch nicht mehr leistbar.
Darüber hinaus sind Einsparungen in der Öffentlichkeitsarbeit, beim Gemeindemarketing, bei der Sportlerehrung sowie im Veranstaltungsbereich geplant. Auch das Integrationsmanagement für Geflüchtete soll künftig vom Landkreis übernommen werden. Im Bereich des Jugendzentrums ist eine jährliche Kostenreduzierung um 15 Prozent vorgesehen. Insgesamt werden durch mehr als 50 Ausgabenkürzungen bis 2031 mehr als 4 Millionen Euro eingespart.
Da die Einsparungen allein nicht ausreichen, enthält der Nachtragshaushalt auch Vorschläge zur Erhöhung der Erträge. Insbesondere soll der Gewerbesteuerhebesatz von bislang 330 auf 370 Punkte angehoben werden. Graben-Neudorf erhebt derzeit den niedrigsten Hebesatz im gesamten Landkreis Karlsruhe und zählt auch landesweit zu den Gemeinden mit den niedrigsten Sätzen in Baden-Württemberg. Mit der geplanten Anpassung wird ein jährliches Mehreinnahmenpotenzial von rund 750.000 Euro erwartet. Weitere Anpassungen sind unter anderem bei Verwaltungsgebühren, der Hundesteuer, sowie bei Entgelten für Schul- und Kita-Mittagessen vorgesehen. Auch die Bestattungsgebühren sollen angehoben werden. Bisher decken die Bestattungsgebühren lediglich 35 Prozent der Kosten, einer der niedrigsten Werte in der Region. Auf eine Erhöhung der Grundsteuer B soll zunächst bewusst verzichtet werden, obwohl der Hebesatz seit 1996 nicht angepasst wurde und damit ein massiver Realkraftverlust eingetreten ist.
Auch das Investitionsprogramm der Gemeinde wird angesichts der neuen Lage angepasst.
Besonders hervorzuheben ist die geplante Verschiebung des Baubeschlusses für das Projekt Erich Kästner-Schule und Kindergarten St. Theresia. Mit einer Projektgröße von rund 32 Millionen Euro und einem Kreditbedarf von über 27 Millionen Euro handelt es sich um das mit weitem Abstand größte Vorhaben im Investitionsprogramm der Gemeinde. Über den Baubeschluss soll nun erst im Juli 2026 entschieden werden. Mit der Verschiebung wird die Planungsphase gestreckt und Zeit gewonnen, um die weitere Entwicklung der Einnahmeseite besser einschätzen zu können. Bürgermeister Eheim machte jedoch auch unmissverständlich klar: „Die Wahrscheinlichkeit, dass wir das Projekt noch weiter verschieben Jahr müssen, ist nicht unrealistisch.“ Nur wenn sich die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen drastisch verbessern, kann sich die Gemeinde das Projekt leisten. Denn eine Investition in dieser Größenordnung sei nur dann vertretbar, wenn auch Zins und Tilgung für die dafür notwendigen Darlehen dauerhaft leistbar seien. Die Bedeutung des Projekts sei unbestritten, aber es müsse im Einklang mit einem tragfähigen Haushalt stehen.
Im Ausblick zeigte sich, dass die jetzt vorgestellten Maßnahmen das ordentliche Ergebnis des Haushalts spürbar verbessern. Dennoch reicht es in der mittelfristigen Prognose ab 2030 nicht aus, um das gesamte Investitionsprogramm zu finanzieren. Eine nachhaltige Erholung der Gewerbesteuer und damit der Ertragslage ist daher unerlässlich. Die Konsolidierung ist laut Bürgermeister Eheim kein einmaliger Schritt, sondern ein längerfristiger Prozess, der auch in den kommenden Jahren Anstrengungen von Verwaltung, Gemeinderat und Bürgerschaft verlangt.
Die Verschuldung der Gemeinde würde – gemessen am bisherigen Investitionsprogramm – bis 2031 auf rund 50 Millionen Euro anwachsen. Allein das Projekt Erich Kästner-Schule und Kindergarten St. Theresia würde dabei mit über 27 Millionen Euro zu Buche schlagen. Das verdeutlicht die Dimension der anstehenden Entscheidungen.
Zum Abschluss betonte Bürgermeister Eheim, dass es jetzt darauf ankomme, entschlossen zu handeln. Mit dem Nachtragshaushalt werde ein erster, notwendiger Schritt zur Haushaltskonsolidierung getan. Dieser allein reiche jedoch nicht aus. Es brauche dringend strukturelle Reformen durch Bund und Land, um die kommunalen Haushalte dauerhaft zu entlasten. Gleichzeitig sei eine wirtschaftliche Erholung erforderlich, damit wichtige Zukunftsprojekte umgesetzt werden können.
Die Beratung des Gemeinderats wird am 15. September fortgesetzt. Dann steht auch die Beschlussfassung des Nachtragshaushalts auf der Tagesordnung. Bis dahin bleibt Zeit für die weitere Diskussion und Abwägung der vorgeschlagenen Maßnahmen.