Bürgermeisterin Sabine Zenker führte in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates aus, dass sich die Gemeinde schon länger mit dem Thema Grundsteuerreform beschäftigen muss und die Kommunikation der Landesregierung hier immer wieder zu Verwirrungen führt. Immer wieder sei zu lesen, so Zenker, dass die Grundsteuer gleich bleibt – aber da sei gemeint, dass es in der Summe für die Gemeinde gleich bleibt, aber nicht für das einzelne Grundstück.
Auch das Transparenzregister des Baden-Württembergischen Finanzministeriums unter dem Titel „Aufkommensneutrale Hebesätze für die Grundsteuer 2025“ führe eher zu noch mehr Verwirrung, meinte Sabine Zenker. In dem Register sind für jede Gemeinde die Hebesätze aufgeführt, die die Kommune erheben müsste, um „Aufkommensneutralität“ zu erreichen – damit nach der Reform die Summe aller Grundsteuererträge also genauso hoch ist wie vor der Reform. Es wird aber nicht mitgeteilt, wie das Ministerium zu diesen Zahlen kommt, bemängelte die Bürgermeisterin, und es werde auch kein Ansprechpartner mitgeteilt, an den man sich bei Fragen wenden könnte.
Als die Grundsteuermessbeträge vom Finanzamt an die Grundstückseigentümer versandt wurden, liefen im Rathaus viele Anfragen ein, so Zenker weiter, weil die Bürger merkten, dass sie künftig ein Vielfaches an Grundsteuer zahlen müssen und meinten, mit der Verwaltung einen individuellen Hebesatz aushandeln zu können, damit ihre persönliche Grundsteuer nicht steigt. Das sei aber nicht möglich, verdeutlichte die Bürgermeisterin, weil die Hebesätze für alle Bürger einer Gemeinde gelten und eben nicht einzelfallweise angepasst werden können.
Des Weiteren sei die neue Grundsteuer C für den ländlichen Raum nicht geeignet, so Zenker weiter, weil diese Grundsteuer für unbebautes Bauland gilt, das man höher besteuern könne, um Spekulationen zu verhindern. In Enzklösterle sei das aber nicht das Problem, sondern die bebauten, aber leer stehenden Immobilien. Und in diesem Sektor fänden auch Spekulationen statt – und zwar „massiv“, meinte Sabine Zenker, vor allem bei ehemals gewerblich oder touristisch genutzten Gebäuden.
Bürgermeisterin Zenker führte weiter aus, dass der Gemeinderat mit den Zahlen aus dem Transparenzregister, die für Enzklösterle einen Korridor von 513 bis 567 Prozentpunkte als Hebesatz für die Grundsteuer B ausweist, keine Entscheidung treffen könne. Erstens seien noch Gerichtsverfahren anhängig. Außerdem gebe es Fehler in den Datensätzen, die vom Finanzamt übermittelt wurden und ein Teil der Datensätze könne gar nicht zugeordnet werden. Und gerade jetzt wolle das Rechenzentrum auch noch das Programm zur Datenübertragung umstellen. Da müsse die Verwaltung die Übertragungslisten mehrfach überprüfen und gegebenenfalls entsprechende Fehlermeldungen erstellen.
Die Bürgermeisterin schlug vor, dass sich der Gemeinderat während der nächsten Jahre an den Hebesatz „herantastet“. Wenn etwa zwei Drittel der Datensätze korrekt seien, würde sie eine Prognoserechnung erstellen, wie sich verschiedene Hebesätze bei unterschiedlichen Grundstückszuschnitten auswirken würden und welche Grundsteuer dann jeweils insgesamt anfallen würde. Dann müsse der Gemeinderat einen Hebesatz beschließen. Im nächsten Jahr sieht man dann, wie sich dieser Hebesatz in der Realität auswirkt. Dann kann der Gemeinderat den Hebesatz noch anpassen – und das eventuell auch mehrere Jahre nacheinander.
In der Aussprache wurde schnell deutlich, dass die Gemeinderäte die Grundsteuer C für Enzklösterle als nicht zielführend ansehen und sie deshalb auch nicht einführen wollen. Stefan Waidelich machte noch einmal deutlich, dass die Gemeinde nichts dafür könne, dass die Grundsteuerreform so gekommen sei, da müssten sich die Bürger mit ihrem Ärger schon an die Landespolitik wenden. Im ländlichen Raum gebe es wegen der meist großen Grundstücke viele Verlierer. „Wir wollen die Bürger nicht über Gebühr belasten“, sagte Waidelich, „aber wir können auf die Einnahme nicht verzichten.“ Auch habe die Gemeinde die Grundsteuer B lange nicht erhöht.
Der Gemeinderat einigte sich darauf, dass Sabine Zenker, die ja auch die Kämmerin der Gemeinde ist, bis zur nächsten Sitzung einige Beispielrechnungen vorlegt für verschiedene Hebesätze und für unterschiedliche Grundstücke (unbebaut, bebaut mit kleinem Grundstück, bebaut mit großem Grundstück, Wohnung). Auf dieser Grundlage will der Gemeinderat dann über die tatsächliche Höhe des Hebesatzes diskutieren.
Bürgermeisterin Sabine Zenker ging unter dem Tagesordnungspunkt „Bekanntgaben“ zum Schluss noch auf die geplante Nationalparkerweiterung im Murgtal ein, wo die zwei bereits bestehenden Teile des Nationalparks zusammengefügt werden sollen. Der aktuelle Flächeninhaber des benötigten Gebietes ist die Murgschifferschaft. Diese Waldgenossenschaft soll anstelle ihrer Waldflächen im Murgtal Waldgebiete auf Gemarkung Enzklösterle erhalten.
Da die Verwaltung der Gemeinde und der Gemeinderat nur auf Umwegen von dem Vorhaben erfahren haben, telefonierte Bürgermeisterin Zenker von sich aus mit dem Umweltministerium. Dort gab man zu, Enzklösterle schlicht „vergessen“ zu haben und entschuldigte sich dafür. Man könne aber die Aufregung nicht verstehen, kam es aus Stuttgart, denn der Wald bleibe ja auch in Zukunft Wald.
Hier war die Verärgerung der Bürgermeisterin deutlich erkennbar. Die Murgschifferschaft habe als Privatwaldbesitzer bei der Schutz- und Erholungsfunktion des Waldes eine ganz andere Konzeption als der bisherige öffentliche Waldbesitzer ForstBW, so Zenker. ForstBW investiert auf Gemarkung Enzklösterle viel in die touristische Infrastruktur und in den Naturschutz. Zwar sei angedacht, dass die Murgschifferschaft bestehende Verträge übernehmen soll, doch weiß laut Zenker das Umweltministerium gar nicht, welche Verträge es gibt und andererseits übernimmt ForstBW auch Dinge ohne schriftliche Vertragsgrundlage. Außerdem gibt es beispielsweise Wasserhochbehälter oder Leitungen im Wald, die das Umweltministerium „gar nicht auf dem Schirm hat“, wie es die Bürgermeisterin formulierte. Der Gipfel seien dann aber Sachen wie das Bärlochkar, das seit 30 Jahren Bannwald sei und wichtige waldpädagogische Aspekte übernehme. „Wir haben uns dort ein Bein ausgerissen und die Fläche hat sich gut entwickelt und dann kann es wieder bewirtschaftet werden, nur um woanders Wald aus der Bewirtschaftung nehmen zu können, der dann in 30 Jahren so weit ist, wie der Bannwald in Enzklösterle jetzt ist!“, erregte sich Sabine Zenker.
Der Wald habe auch eine emotionale Komponente für die Bürger, so Zenker weiter. Zur Nationalparkerweiterung wurden die Bürger gehört, aber hier, wo es um den Flächentausch geht, wurden die Bürger weder informiert noch gehört, sondern es wurde einfach eine politische Entscheidung getroffen. „Wo ist hier die Politik des Gehörtwerdens? Wo ist Bürgerbeteiligung, Wertschätzung und Respekt gegenüber der Kommune? Ich bin, dezent gesagt, verärgert über das Vorgehen der Landesregierung und das Verhalten gegenüber den Bürgern“, schloss die Bürgermeisterin.
Stefan Waidelich dankte Sabine Zenker, dass sie sich der Thematik so angenommen habe, auch wenn nicht klar sei, ob ihr Engagement Erfolg habe. 90 Prozent der Gemarkungsfläche sei Landesbesitz, erinnerte Waidelich, und das solle alles Privatbesitz werden. So könnte beispielsweise theoretisch auch der Skihang wieder angepflanzt werden. „Wenn keine Verträge da sind, haben wir keine Verhandlungsposition – und es sind keine Verträge da, denn es ging mit ForstBW auch so“, zeichnete Waidelich ein düsteres Bild.
Grillhütte, Wiedenofen, Salbeofen, Rußhütte, Wiesenflächen, Kaltenbachsee, Poppelsee, Premiumwanderwege, Quellen, Hochbehälter, Rotwildgehege, alter und neuer Skihang, 20 Kilometer Loipen sind von elementarer Bedeutung für Enzklösterle, zählte Stefan Waidelich beispielhaft auf. Das alles solle ins Eigentum der Murgschifferschaft übergehen, aber von einem Privatwaldbesitzer, dessen Ziel die Gewinnmaximierung sei, könne man nicht viel erwarten. Zwar sei es möglich, mit einem Privatwaldbesitzer gut auszukommen, aber es könne eben auch anders sein. Er hoffe, dass sich da noch etwas in die richtige Richtung bewege, sodass die Auswirkungen für Enzklösterle nicht so extrem werden, schloss Waidelich.
Sabine Zenker wies abschließend noch darauf hin, dass sie sich mit ForstBW den Rohnbachhof angesehen haben. ForstBW sei gewillt, über LEADER den Hof mit einer Dauerausstellung und einer Wechselausstellung sowie mit einem Auerhuhnschaugehege zu beleben. Das wurde erst mal gestoppt. „Das Umweltministerium denkt, es ändert sich nichts, aber die Murgschiffer werden sicher kein Museum zahlen und mit uns ein Schaugehege aufziehen. Warum auch? Der Wald in Enzklösterle ist aber mehr als nur ein paar Bäume!“ (cb)