Es ist nicht immer leicht, sich den aktuellen gesellschaftliche Herausforderungen zu stellen und passende Lösungen zu finden. Die Allianz für Beteiligung e.V. setzt mit ihren vielfältigen Aktivitäten genau hier an. Als Netzwerk zur Förderung von Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung setzt sie sich dafür ein, dass Bürgerinnen und Bürger mit ihren Anliegen, aber auch Ideen und Anregungen Gehör finden. Ein wichtiger Grundstein wurde bereits 2011 gelegt, als Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit der „Politik des Gehörtwerdens“ einen neuen Politikstil einläutete – als Antwort auf die eher distanzierte „Basta-Politik“ früherer Jahre. Bürgernähe und Beteiligung standen fortan weit oben auf der Agenda. Doch es ist klar: von heute auf morgen kommt dieser Wandel nicht überall an.
Anni Schlumberger, die Geschäftsführerin der Allianz für Beteiligung, beschreibt die Rolle der Allianz für Beteiligung als Vermittlerin und zentrale Anlaufstelle für zivilgesellschaftliche Gruppen, wenn es um Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg geht. „Wenn sich Menschen auf den Weg machen, um ihre Nachbarschaft, ihr Quartier oder ihre Gemeinde aktiv mitzugestalten, finden sie bei uns Erste Hilfe.“ Die thematische Bandbreite reicht dabei von Begegnungsfesten und Pflanzaktionen über Mobilitätsrallys bis hin zur Entwicklung von genossenschaftlichen Gasthäusern.
„Es ist unglaublich, wie viele tolle Ideen landauf, landab bereits umgesetzt werden“, so Schlumberger. Die Allianz für Beteiligung bietet Infomaterialien, kostenlose Veranstaltungen und Austauschformate, aber eben auch eine Reihe niederschwelliger Landesförderprogramme an, um Initiativen ganz praktisch zu unterstützen. Dabei sei es wichtig, möglichst nah dran zu sein, um Bedarfe frühzeitig zu erkennen. „Wir sitzen nicht im Elfenbeinturm und fördern einfach Bürgerbeteiligung von oben herab“, sagt sie. Schlumberger und ihr Team legen großen Wert auf Dialog und die breite Einbindung der Menschen vor Ort. „Bürgerbeteiligung darf kein ‚Nice-to-have‘ sein, sondern eine Selbstverständlichkeit. Davon profitieren letztlich alle.“
Bundesweit ist Baden-Württemberg seit Jahren ein Vorreiter in Sachen Bürgerbeteiligung. Stuttgart, Tübingen und Freiburg sind dabei besonders aktive Zentren, aber auch in zahlreichen kleineren Städten und Gemeinden bringen Bürgerinnen und Bürger ihre Ideen und Anregungen in vielfältigen Formaten und zu unterschiedlichsten Themen ein. „Viele Bundesländer beneiden uns darum, dass Bürgerbeteiligung von Landesseite so stark unterstützt wird – und um eine Organisation wie die Allianz für Beteiligung“, erklärt Lisa Weis, stellvertretende Geschäftsführerin der Allianz für Beteiligung. Sie betont, wie wichtig es sei, dass Bürgerschaft, Verwaltung und Politik zusammenarbeiten, um gemeinsam Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen zu finden.
Trotz vieler Erfolgsgeschichten steht Bürgerbeteiligung auch vor Herausforderungen. Knappe Haushaltskassen sowie mangelnde Personal- und Zeitressourcen gehören zu den größten Hindernissen, wie Annabel Stoffel, Projektleiterin des Programms „Quartiersimpulse“, berichtet. „Bürgerbeteiligung und Quartiersentwicklung sind freiwillige Zusatzleistungen von Kommunen, und wenn das Geld knapp wird, sind diese Angebote oft die ersten, die gestrichen werden“, erklärt sie.
Ein weiteres Problem: Viele zivilgesellschaftliche Akteure haben bisher nie Förderanträge gestellt und stehen plötzlich vor bürokratischen Hürden. Hier übernimmt die Allianz für Beteiligung eine wichtige Rolle als Übersetzerin zwischen den Fördergebern und den Initiativen. „Wir nehmen den geförderten Kommunen und Initiativen die komplizierte Kommunikation ab und erleichtern den Prozess“, so Stoffel. Aktuelle Fördergeber sind das Staatsministerium, das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration, das Ministerium für Verkehr, das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft sowie die Klimaschutzstiftung Baden-Württemberg.
Einer der wichtigsten Faktoren für erfolgreiche Bürgerbeteiligung ist die Vernetzung. Ob Vereine, Verwaltung oder politische Institutionen: das gute Zusammenspiel verschiedener Akteure ist essenziell. „Oft kommen Menschen auf uns zu und erzählen, dass sie in einer Nachbargemeinde ein Projekt gesehen haben, das sie jetzt auch umsetzen wollen“, berichtet Stoffel. Der Austausch zwischen den verschiedenen Beteiligten sorgt für eine Dynamik, die Projekte wachsen lässt. Lisa Weis erzählt begeistert von neuen Freundschaften und Kooperationen, die im Rahmen der Projekte entstehen, und nicht selten über Kanäle wie WhatsApp bis spät in die Nacht gepflegt werden. „Bis dato fremde Menschen sind plötzlich per Du, tauschen sich regelmäßig aus und entwickeln Projekte, um ihre Nachbarschaft voranzubringen – das ist es, was uns antreibt“, sagt sie.
Nicht jedes Projekt der Allianz für Beteiligung ist darauf ausgelegt, jahrelang zu bestehen, doch alle haben eines gemeinsam: Sie schaffen nachhaltige Verbindungen zwischen Menschen. „Nachhaltigkeit bedeutet nicht, dass ein Projekt zehn Jahre und länger laufen muss. Manchmal endet ein Projekt nach einem halben Jahr, aber die Menschen kennen sich nun und bleiben in Kontakt. Und nicht selten entstehen so neue Ideen. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt“, betont Schlumberger. Diese persönlichen Verbindungen sind es auch, die das Fundament für zukünftige Bürgerbeteiligung legen.
Hannes Schuster, Leiter des Förderprogramms „Nachbarschaftsgespräche“ und zuständig für das Thema „Breite Beteiligung“, kann immer wieder beobachten, wie motiviert die Menschen in den Kommunen sind, etwas zu bewegen. „Wichtig ist, dass die Leute sehen, dass sie Gehör finden und ihre Bemühungen Früchte tragen. Nur so bleibt die Motivation langfristig erhalten“, erklärt er. Lisa Weis sieht in der Beteiligung der Zivilgesellschaft auch ein großes Potenzial für die Landespolitik. „Früher war Politik oft etwas, das ‚die da oben‘ gemacht haben. Heute geht es darum, Verantwortung zu teilen und gemeinsam zu überlegen, wie wir unsere Lebensräume gestalten wollen.“
Die Allianz für Beteiligung zeigt eindrucksvoll, wie Bürgerinnen und Bürger zu einem aktiven Teil der politischen Entscheidungsprozesse werden können. Dabei geht es nicht nur um die Lösung aktueller Herausforderungen, sondern darum, eine langfristige, lebendige Demokratie zu fördern. Denn nur gemeinsam kann der Wandel gestaltet werden.
Sie interessieren sich für Bürgerbeteiligung oder haben ein Projekt, welches durch eine Förderung profitieren könnte? Die Allianz für Beteiligung präsentierte am Forum für Gesellschaftlichen Zusammenhalt ein umfangreiches Programm und war Impulsgeberin in zahlreichen Workshops. Eine Rückschau zu dieser großen Netzwerkveranstaltung für ehrenamtlich Tätige finden Sie hier.
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