Vor fünfzig Jahren bewegte die Menschen in Neuweiler und anderswo der Umbruch im Land zu größeren Kommunen. Am 20. Januar 1974 gab es eine landesweite Bürgeranhörung zur Zielplanung des Innenministeriums, der nach einer freiwilligen Phase seit 1968 ein Abschluss durch den Gesetzgeber folgen sollte. Auf dem Stimmzettel stand die vom Land vorgegebene Frage: „Sind Sie für die Vereinigung der Gemeinde Neuweiler mit den Gemeinden Agenbach, Breitenberg, Gaugenwald, Oberkollwangen und Zwerenberg zu einer neuen Gemeinde?“ Nicht genannt ist der Ortsteil Hofstett, der von alters her Teil der Gemeinde Neuweiler ist. Entsprechende Abstimmungen gab es auch in den anderen Dörfern.
Das Thema bewegte die Menschen natürlich das ganze Jahr über. Die einen sahen die von der Landesregierung postulierte Stärkung der Verwaltungskraft der Kommunen, die anderen einen Verlust demokratischer Rechte und an Bürgernähe. Auf Fragen aus der Bürgerschaft war in Neuweilers Gemeindezeitung im Hinblick auf die Abstimmung vor gut einem halben Jahrhundert zu lesen: „Das Wesentliche für die Gemeindereform ist in der Zielplanung festgelegt, auf der der Gesetzentwurf, dessen Bestimmungen jetzt zur Abstimmung stehen, zum Abschluss der Gemeindereform basiert. Aus dem Innenministerium hört man sinngemäß, dass sich das Grundkonzept zwar kaum noch ändern dürfte, dass aber die Anhörungsergebnisse und die mit diesen abzugebenden Stellungnahmen der Gemeinden eine Entscheidungshilfe für den Landtag seien.“
Im alten Neuweiler mit Hofstett sprach man sich mit 90,1 Prozent Ja-Stimmen für den Zusammenschluss aus. In den früher selbständigen Ortsteilen wollte man ebenso eindeutig selbständig bleiben. Dies lässt sich nachvollziehen, denn die Dörfer sollten ja ihre Rathäuser verlieren. Klar war aber auch, dass nüchtern betrachtet die Bürgeranhörung eher formalen Gründen und der Rechtssicherheit diente, ohne wesentliche Änderungen herbeizuführen. Deshalb setzten sich die Gemeinderäte und Bürgermeister der sechs Gemeinden in den Monaten vor Vollzug des Reformgesetzes in der im Schulverband gemeinsam errichteten Waldschule zusammen, um vielleicht doch noch einen freiwilligen Zusammenschluss zu erzielen. Zusätzliche Landes-Fördermittel von damals stattlichen 175.000 D-Mark hätte dafür der „Goldene Zügel“ in die künftig gemeinsame Gemeindekasse gespült.
Man wurde sich bei der Zusammenkunft grundsätzlich auch einig, zusammenzugehen. Bedingung der Dörfer mit ablehnendem Votum war allerdings, dass alle einheitlich die Gemeindeehe eingehen, die in den Gemeinderäten noch formell zu beschließen war. Ein Gremium, das von Oberkollwangen, lehnte ab, und der freiwillige Zusammenschluss kam nicht zustande. In der Stellungnahme der Gemeinde Neuweiler wurde ans Land die Forderung gestellt, Martinsmoos nicht – wie vorgesehen und am Ende geschehen – Neubulach, sondern Neuweiler zuzuordnen. Begründung war, dass Gaugenwald und Martinsmoos fast zusammengewachsen seien, gemeinsam zur Kirchengemeinde in Zwerenberg zählten und dort alle drei zusammen einen gemeinsamen Kindergarten besäßen. Auch das gemeinsame Telefonnetz und ein kürzerer Weg der Martinsmooser zum künftigen Rathaus wurden angeführt.
Zum 1. Januar 1975 fügte das vom Landtag am 4. Juli 1974 beschlossene Gesetz die neue Gemeinde Neuweiler in der ursprünglich geplanten und heutigen Form zusammen. Aus den sechs bisherigen Räten war ein Übergangsgemeinderat zu bilden, der nach einer Verfügung des Regierungspräsidiums (RP) nach Gemeindegröße und Stimmenzahlen der früher Gewählten entstand. Vorsitzender war automatisch als ältestes Mitglied Wilhelm Schaible aus Breitenberg. Er berief auf 2. Januar 1975 die erste Sitzung des Gemeinderats des neuen Neuweiler ein. Diesem gehörten außerdem Erwin Wolf (Agenbach), Georg Wahl und Johannes Braun (beide Breitenberg), Martin Wolf (Gaugenwald), Fritz Klink, Georg Wurster, Georg Mast, Heinz Roller und Walter Hanselmann (alle Neuweiler mit Hofstett), Gotthilf Blaich und Friedrich Bühler (Oberkollwangen) sowie Dieter Dürr und Friedrich Blaich (Zwerenberg) an.
Text und digitale Archiv-Bilder: Hans Schabert