Von Joachim Klaehn
Siegen oder fliegen – das ist die Devise für die MLP Academics Heidelberg vor dem vierten Playoff-Halbfinalmatch am Dienstagabend (20 Uhr/live ab 19.45 Uhr bei Dyn) gegen den FC Bayern Basketball im SNP dome. Für die Jungs vom Neckar geht es vor allem darum, eine insgesamt stabilere Leistung als zuletzt zu zeigen und dem großen Meisterschaftsfavoriten vor heimischer Kulisse noch einmal alles abzuverlangen.
Ob dies gelingen kann? Es ist eine Herkulesaufgabe für die Universitätsstädter. Denn nach dem sensationellen 95:90 für die MLP Academics zum Auftakt der Serie gab es die prompte Reaktion des FC Bayern, die beim 90:61 und 98:68 recht deutlich ausfiel. Soll heißen: Den Kurpfälzern muss es dringend gelingen, die Offensivpower des Münchner Starensembles zu stoppen. Mit bislang 92,7 Punkten im Schnitt stellten sie den Außenseiter vor so manches Rätsel.
Danny Jansson: „Nicht 30 Punkte schlechter“
Sehr realistisch stuft der Heidelberger Headcoach Danny Jansson die Situation nach 120 Minuten Playoff-Basketball gegen die Truppe von Amtskollege Gordon Herbert ein, dessen Nervosität sich spürbar verringert hat. „90 Minuten von diesen 120 Minuten waren solide und wir waren auf Augenhöhe mit München und haben sie teilweise in die Enge getrieben. Dann hatten wir 30 schlechte Minuten und wie wir alle sehen können, haben Spiel zwei und drei gezeigt, dass, wenn man mental und physisch gegen eine Wand läuft und den Fokus verliert, dann wird es schnell richtig hässlich. Unterm Strich waren wir nicht 30 Punkte schlechter als die Bayern, aber die Qualität, die sie haben, macht es in kurzer Zeit richtig schwer. Jetzt ist das Ziel wie die ganze Saison: Wir wollen alles geben, wir wollen das nächste Spiel gewinnen, wir wollen uns fokussieren. Wenn wir es irgendwie schaffen, 40 Minuten lang konkurrenzfähig zu sein, dann denke ich, dass wir eine Chance haben, auf Augenhöhe zu spielen und hoffentlich eine weitere Playoff-Partie zu gewinnen. Das ist das Beste, was wir in dieser Situation tun können“, sagt Jansson und denkt hierbei an die letzte Auseinandersetzung im SAP Garden zurück. Innerhalb von zwei, drei Minuten mit mehreren Dreiern von verschiedenen Akteuren sorgten die Gastgeber vor 11.500 begeisterten Zuschauern (darunter 400 Academics-Fans) für klare Verhältnisse.
Lob von Shabazz Napier
Solche explosionsartigen Momente muss das Team um Kapitän Ryan Mikesell unbedingt in den Griff kriegen, sonst wird es nahezu unmöglich, dem Double-Gewinner von 2024 einen weiteren Nackenschlag zu versetzen und ihn in ein fünftes Halbfinalspiel am Donnerstag (18.30 Uhr) zu zwingen. Bayern-Routinier Shabazz Napier hat die leidenschaftlichen Heidelberger nach wie vor auf dem Zettel. „Sie sind ein sehr gutes Team mit zwei starken Guards“, so der 33-jährige Point Guard Napier mit der Erfahrung von 345 NBA-Spielen und unzähligen Schlachten auf höchstem europäischem Niveau, „wir müssen es ihnen in der Offense wieder schwer machen. Aber sie werden alles versuchen, das wissen wir. Ich rechne mit einem richtig schweren Kampf um den Sieg.“
Der Respekt der Bayern-Profis sowie Deutschlands Weltmeistermacher Gordon Herbert ist den Heidelberger Korbjägern längst gewiss. Sie kennen die Gefährlichkeit von Ryan Mikesell, DJ Horne und Michael Weathers. Diesem Trio wird der EuroLeague-Klub die meiste Aufmerksamkeit in der Defensive schenken. Fünf der bisherigen sechs Playoff-Aufgaben – ob gegen den SYNTAINICS MBC oder die MLP Academics – löste das stärkste Kollektiv der BBL, indem man die Konkurrenz unter 70 Punkten hielt. Hier werden die Bayern erneut den Hebel ansetzen und ihre beeindruckende physische Präsenz in die Waagschale werfen.
München wird die Match-ups, gerade gegen das amerikanische Führungstrio der „Akademiker“, immer wieder anpassen und ändern. Schon allein durch diese taktische Maßnahme bewirkten die FCB-Stars, dass Heidelberg seine DNA nicht wirksam zum Vorschein bringen konnte.
Mit den Kräften haushalten
Während der FC Bayern dem Spiel seinen Stempel aufdrücken wird, ist die relativ kleine Rotation der Jansson-Schützlinge aufgefordert, effizient zu agieren, Foulprobleme zu vermeiden und mit den schwindenden Kräften hauszuhalten. Im SAP Garden erwiesen sich am Pfingstsamstag die Reboundstatistik und die Trefferquote, aber eben auch das nachlassende Energielevel der sieben „Aufrechten“ als Hauptproblem. Obgleich München schon 77 und Heidelberg „erst“ 42 Pflichtspiele auf dem Buckel hat, gerade in höchst intensiven Playoff-Serien macht sich der Kräfteverschleiß bei Klubs mit einem kleinen Kader bemerkbar. Trotz einiger prominenter und verletzter Spieler wie Carsen Edwards, Oscar da Silva und Elias Harris verfügt Cheftrainer Herbert über Qualität und reichlich Alternativen. Im letzten Duell vor zwei Tagen setzten die Bayern alle zwölf nominierten Cracks ein – elf davon punkteten. Für die MLP Academics scorten hingegen lediglich sieben von neun eingesetzten Spielern. Dominic Vengert durfte kurz aufs Parkett, Niklas Würzner und Evan Rietsch verbrachten derweil die gesamten 40 Minuten auf der Ersatzbank.
Saison mit vielen Höhepunkten
Egal, wie es am Dienstag ausgehen mag: Die MLP Academics bestreiten eine außergewöhnliche Saison mit vielen Höhepunkten. Sie stellen viele Spitzenteams der easyCredit Basketball Bundesliga mit ihrer beherzten Art vor gewaltige Schwierigkeiten – und sie dürfen sich als die Positivüberraschung im deutschen Oberhaus fühlen.
Nicht auszudenken, wenn sie gegen die „Überflieger“ des FC Bayern eine zweite sportliche Sensation schaffen würden. Jeder Sieg und jedes Mithalten mit dem amtierenden Meister ist gleichzeitig eine Initialzündung für eine vielversprechende Zukunft der MLP Academics. Die 60. Bundesliga-Spielzeit seit 1966 folgt ab Sommer …
Fernsehen:
Die Partie wird live ab 19.45 Uhr bei Dyn übertragen.
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