Das Glücksgefühle-Festival findet nun schon zum dritten Mal im Hockenheimring statt. Laut Angaben der Veranstalter Markus Krampe und Lukas Podolski soll das größte Musikfestival Deutschlands bis 2035 stattfinden, ein Vertrag mit dem Hockenheimring sei schon verhandelt worden.
Seit 2023 ist es stetig gewachsen. Dieses wie letztes Jahr bringt es sogar internationale Stars wie Steve Aoki oder die Black Eyed Peas in den Rhein-Neckar-Kreis. Deswegen wurde das Line-Up auch um eine neue Bühne, die Dopamin Stage, erweitert.
Rund 250.000 Menschen besuchten das restlos ausverkaufte Festival vom 11. bis zum 14. September. Einer von ihnen war ich. Hier meine Erfahrung.
Als Techno-Freund führte mich mein Weg zunächst auf die Cloud 9. Nachdem ich einen schönen Platz gefunden hatte, fiel mir eine ältere Frau in der ersten Reihe auf. "Mein Gehör kann eh nicht schlechter werden, als es schon ist", antwortete sie mir auf die Frage, ob ihr die Musik nicht zu wild sei. Ja, wenn das so ist...
Manche würden sagen, wer nach einem Festival keinen Hörschaden hat, hat was falsch gemacht. Trotzdem waren auf dem ganzen Gelände Stationen, an denen man Ohrstöpsel kaufen konnte. Ich habe mir auch welche mitgenommen. Meine Ohren sind noch jung.
Auf der Euphoria Stage ging es etwas ruhiger zu. Paula Hartmann zum Beispiel singt über verlorene Lieben und gebrochene Herzen sowie über gesellschaftliche Themen wie sexuelle Belästigung mit herzergreifender Lyrik. Vor allem bei der jungen Generation Z ist sie eine beliebte deutsche Pop-Sängerin.
Die Älteren kennen vielleicht noch Glasperlenspiel aus dem Radio. Auch hier überzeugte die Sängerin Carolin Niemczyk mit gefühlvoll kräftigen Songs über Liebe – und Selbstliebe. Ihr Song "Ich und Ich" provozierte einen Chor. Ein bisschen Liebe schadet nirgendwo.
Von hier quetschte ich mich durch die stetig wachsende Masse an Menschen. An manchen Stellen ist man kaum vorangekommen, so überfüllt waren zu Zeit der Top-Acts die Eingänge zu den großen Stages. An den Ständen für Essen und Getränke bildeten sich lange Schlangen.
Plötzlich surrt jemand über mir an einer Zipline, hinter einer Absperrung sprangen Motorräder über Hindernisse. Geschrei kommt vom Freefall-Tower – abseits der Bühnen gab es unzählige Angebote für Menschen, die nicht schon genug Adrenalin intus haben.
Mein Weg führte mich zur Dopamin Stage. Hier war die Musik lauter, die Menschen im Publikum männlicher. Hier spielten die Artists vorrangig Musik, die auf Après-Ski-Partys oder auf Mallorca laufen würde.
Ski Aggu hatte es auch hierher verschlagen. Auf der Bühne zerschlug er eine Piñata, die sein Gesicht trägt und rappte dann von einer Eskapade nach der anderen. Genau wie die Persönlichkeit des Berliner Rappers mit der Ski-Brille, sollte man seine ironischen Texte nicht zu ernst nehmen. Alles etwas lockerer hier.
In Japan habe ich mal ein betrunkenes Mädchen gesehen, das ein Poster von Steve Aoki gestreichelt und "Ich liebe dich" auf Japanisch gesagt hatte. Das war definitiv einer der irritierendsten Momente in meinem Leben – nach seinem Auftritt in Hockenheim habe ich aber neu gefundenes Verständnis für die Japanerin.
Auch über ein Jahrzehnt nach seinem Peak weiß Aoki immer noch, wie man Stimmung macht. Seine House-Tracks und Remixes können auch 2025 eine Crowd zum Tanzen und Feiern bewegen. Über sein Gesicht streicheln würde ich trotzdem nicht, mittanzen kann ich aber jedem empfehlen.
So langsam wurde es dunkel, ich sprintete zur großen Euphoria Stage. Der späte Auftritt der Black Eyed Peas machte mir Bange, nicht weil ich Hits wie „Shake Ya Boom Boom“ oder „I Gotta Feeling“ sonderlich furchteinflößend finde, sondern weil mein Handy-Akku nur noch auf acht Prozent war.
Als die Dreiergruppe (leider inzwischen ohne die Sängerin Fergie) auf die Bühne hüpften, streckte das Publikum ihre Bildschirme in die Höhe. Die Bühne leuchtete in kunterbunten Farben, als die amerikanischen Musiker „Rock That Body“ performten – ein Song, der zurzeit auf Tik Tok neue Beliebtheit erlebt. Keiner der Tausenden Besuchenden wollte etwas von dem Auftritt verpassen, auch ich nicht. Mein Akku? Sechs Prozent.
Am Ende hat mein Handy überlebt. Aufgrund des ein oder anderen Schluckes Koffein habe auch ich den Tag überstanden. Nur meine Füße schmerzten, als ich wieder daheim war. Sitzgelegenheiten gab es kaum. Brauchte auch keiner. Ist ja ein Festival.
Obwohl es schon spät war, ging ich mit überraschend viel Energie zurück zum Bahnhof. Nicht weil ich froh war, endlich wieder runter vom Festivalgelände zu können, sondern weil meine Stimmung über den Tag aufhellte. Die euphorische Musik, die sympathischen Menschen, die aufgeweckte Stimmung – es wäre erstaunlich, wenn das keine Glücksgefühle auslöst. Klingt nach einem unkreativen Wortspiel, ist es auch, das gebe ich zu – trotzdem ist es die Wahrheit: Glücksgefühle ist und bleibt ein jährliches Highlight in Hockenheim. (jay)