Wenn der „Gospeltrain“ im Rollen ist, dann kann ihn keiner mehr aufhalten, insbesondere, wenn der Lokführer Matthias Settelmeyer heißt. Als Dirigent des Gospelchors Lingenfeld begeisterte er mit diesem stimmgewaltigen Ensemble die vielen Zuhörerinnen und Zuhörer in der vollbesetzten evangelischen Kirche in Menzingen am vergangenen Samstagabend.
Mit dabei die Solistinnen Moni Damminger, Leni Deubig, Anja Meyer, Annette Rembor und Josie Seubert sowie die Solisten Uli Rembor und David Forger (Beatbox). Zur Zugbegleitung gehörte auch noch eine Band mit Matthias Huber (Keyboard), Christian Keller (Saxofon), Michael Beutelspacher (E-Gitarre), Jürgen Schaaf (E-Bass) und Dominik Hoffmann (Drums). Alles „Eigengewächse“ des Gospelchores und damit bestens eingestellt auf die Sängerinnen und Sänger. In verschiedenen Solopassagen konnten die Musiker ihr besonderes Können beweisen.
Mit „Come let us sing“– „Lasst uns heute Abend miteinander singen!“ war gleich zu Beginn das Ziel vorgegeben und mit dem Drive des Chores war klar „You can’t stop the beat“ – „Du kannst den Rhythmus nicht aufhalten“ – das letzte Lied des offiziellen Programms, bevor das Publikum mit rhythmischen Klatschen Zugaben einforderte. Aber mit einem gekonnten Schluss, einem hymnischen Gebetslied, „Open the eyes of my heart, Lord“– „Öffne mir, Herr, die Augen meines Herzens“ und dem wiederholten Kehrvers „Heilig, heilig, heilig“ verließen die etwa 50 Sängerinnen und Sänger nach der zweiten Zugabe leise den Kirchenraum. Dazwischen lag ein Konzert mit einem abwechslungsreichen Programm, mit vielen Emotionen, mitreißenden Songs zum Klatschen und Tanzen in den Bankreihen, mit ruhigen, nachdenklich stimmenden Passagen und Liedern, die wie ein Hymnus den hohen Gottesdienstraum füllten. Wenn Annette Rembor den Song „In Christ Alone“ förmlich zelebrierte, dann konnte schon eine Gänsehaut über den Rücken kriechen. Dagegen hielt es niemanden mehr auf den Bänken, wenn Josie Seubert mit „Let the Glory come down“ ihrem Temperament freien Lauf ließ. Dann konnte niemand mehr den Beat aufhalten. Auch die anderen Solistinnen und Solisten glänzten in ihren Partien. Dabei rief David Forger als „Beatboxer“ besonderes Erstaunen hervor, wenn er nur mit Mund und Stimme Percussion-Begleitung hervorrief. Der Chor, in den sich die Solisten immer wieder einreihten, war das tragende Melodienfundament. Gospelmusik lebt vom Gegenüber der Solisten und der Chorgemeinschaft. Dies hat der Gospelchor Lingenfeld beispielhaft bewiesen. Die Sängerinnen und Sänger von Salto Vocale verstärkten als Gastgeber in den beiden Eröffnungssongs den Gastchor zu einem mehr als 70-stimmigen mächtigen Gesamtvolumen. So kam gleich zu Beginn die Kirche in Menzingen ins Swingen. Beide Chöre feiern in diesem Jahr ein Jubiläum: Die Lingenfelder ihr 50-jähriges und die Menzinger ihr 20-jähriges Bestehen. Gefragt, was denn die Motivation hochhalte, 50 Jahre in einem Gospelchor zu singen, sagte Michaela Emling, die von Anfang an dabei ist: „Ich kann’s einfach nicht lassen, das Singen.“ Und wenn man sie beim Singen beobachtet, kann man die Begeisterung aus ihren Augen blitzen sehen. Dazu käme die Chorgemeinschaft und auch die privaten Freundschaften, die sich durch das gemeinsame Singen gebildet hätten, sagt sie. Ihr Ehemann Meinhard Emling hatte den Gospelchor 1974 gegründet und mehr als 37 Jahre geleitet. „Es ist schon ein besonderes Gefühl, wenn man auf 50 Jahre Chorarbeit zurückblicken kann und sieht, welche Früchte das einstige kleine Pflänzchen getragen hat“, sagt er. In den Annalen des Lingenfelder Chores stehen insgesamt 56 Konzertreisen in 12 europäische Länder, wo sie stets mit großer Freude empfangen wurden und sich so als musikalische „Botschafter aus der Pfalz“ bewiesen. Seit gut 12 Jahren ist nun Matthias Settelmeyer der Chorleiter, der mit großem Engagement die Chorarbeit fortführt im Sinne des Gründers, aber durchaus mit eigenen Akzenten und Ideen. (art)