Der Großbrand vom September 2023, der alle Einrichtungen der Ersten Markgräfler Winzergenossenschaft (WG) Schliengen-Müllheim bis auf eine Lagerhalle komplett zerstörte, hat jetzt möglicherweise auch Konsequenzen für die Weinmanufaktur Weingarten. Frank Gauss, der Aufsichtsratsvorsitzender der WG Schliengen-Müllheim ist, erläuterte im Gespräch mit der „Weingartener Woche“ den aktuellen Stand der Verhandlungen. Die Weinmanufaktur Weingarten ist seit 2015 eine Tochtergesellschaft der WG Schliengen-Müllheim.
„Durch den Großbrand ist ein riesiger Schaden entstanden. Bis auf eine Lagerhalle wurden Gebäude, Füllanlagen, Tanks und Büroeinrichtungen inklusive Computern zerstört. Dazu kamen der Verdienstausfall, nicht belieferte Kunden und enorme Entsorgungskosten für den brandbelasteten Sondermüll. Allein 996 Paletten fix und fertig gepackten Weines mussten geschreddert werden. Insgesamt belief sich die Höhe des Schadens auf 16,4 Millionen Euro, für den die Versicherung Ersatz leistete“, erläuterte Frank Gauss die Folgen des Großfeuers.
Die enorme Herausforderung bestand darin, so Frank Gauss, den Herbst 2023 für die Winzer zu retten: „Es musste damals schnell gehandelt werden. Der Winzerkeller Breisach bot spontan Hilfe an. Die Winzer aus Schliengen durften ihren Wein in separaten Tanks vergären lassen, und ihre Kellermeister haben ihn dort auch ausgebaut. Teilweise wurden die Trauben in Weingarten vergoren und ausgebaut, teilweise ging der Most nach Breisach.
Angesichts dieser schwierigen Lage nach dem Großbrand haben die beiden Aufsichtsratsgremien ihren jeweiligen Vorständen den Auftrag erteilt, Fusionsgespräche mit potenziellen Partnern zu führen. Unter mehreren Interessenten entschied man sich für Verhandlungen mit der benachbarten Winzergenossenschaft Efringen-Kirchen. Die beiden Aufsichtsgremien haben einander vorgestellt, und auch der Vorsitzende des Genossenschaftsverbandes sprach im Hinblick auf die Weinmanufaktur Weingarten von einer „hübschen Braut“.
Sie habe keine Altlasten und Schulden, sei eine Marke mit einem erschlossenen Markt und einen guten Namen. Der Vorstand der Ersten Markgräfler Winzergenossenschaft hat dem Genossenschaftsverband den Auftrag erteilt, die Fusionsverhandlungen zu führen. Eine Forderung, auf die Frank Gauss großen Wert legt, ist, dass der Standort Weingarten und damit die Marke „Weingartener Wein“ erhalten bleibt. Eine zwischenzeitlich angestellte Überlegung unter Federführung der jungen Winzer, dass Weingarten wieder ganz selbstständig werden solle, habe sich als nicht durchführbar erwiesen und sei deshalb vom Tisch, berichtet Gauss.
Am 25. August fand die Herbstversammlung des Aufsichtsrats der WG Schliengen-Müllheim statt. Dabei wurde beschlossen, dass die Weingartener Winzer weiterhin am Standort der Weinmanufaktur ihr Lesegut abgeben können. Teilweise werden die Trauben in Weingarten vergoren, und teilweise wird der Most per Tank nach Breisach geliefert.
Die Gespräche der Vorstandsgremien beider Genossenschaften über die Fusion sollen in diesen Tagen zum Abschluss gebracht werden. Daraus folgen ein Verschmelzungsbericht und ein entsprechendes Gutachten des Genossenschaftsverbands. Ende Oktober/Anfang November sollen Informationsveranstaltungen für die Mitglieder der beiden zukünftigen Partner stattfinden. Ende November/Anfang Dezember könnten dann die Mitglieder beider Genossenschaften in Generalversammlungen über die Fusion abstimmen. Dafür muss eine Quote von 75 Prozent der erschienenen Mitglieder erreicht werden. In Schliengen-Müllheim und Weingarten hofft man nun, dass die Fusion zustande kommt. (rof)