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Gucka ond losna – Mit einer audiovisuellen Zeitreise ins vorige Jahrhundert startet Tieringen in sein Festjahr zum 750. Geburtstag

Meßstettens größer Stadtteil ist in sein Jubiläumsfestjahr „750 Jahre Tieringen“ gestartet. Ein historisch-unterhaltsamer Kinonachmittag der besonderen...
Wie es einmal in Tieringen war: Die Bühne der Schlichemhalle wurde zum Kinosaal; alte Bilder und Filme erwachten zu neuem Leben.
Wie es einmal in Tieringen war: Die Bühne der Schlichemhalle wurde zum Kinosaal; alte Bilder und Filme erwachten zu neuem Leben.Foto: Volker Bitzer

Meßstettens größer Stadtteil ist in sein Jubiläumsfestjahr „750 Jahre Tieringen“ gestartet. Ein historisch-unterhaltsamer Kinonachmittag der besonderen Art nahm am vergangenen Sonntag die Gäste in der Schlichemhalle mit auf eine Zeitreise in die 1960er-, 80er- und 90er-Jahre. Klara Stingel hatte unzählige Dias und Filme zu Videos zusammengeschnitten und thematisch in vier „Kino“-Sälen präsentiert.

Es war im Jahre 1978, als Klara Stingel nach Tieringen heiratete. Noch wussten die Tieringer nicht, welche kreative und schaffige neue Mitbürgerin sie bekommen hatten. Um ihre neue Heimat besser kennen zu lernen, machte Klara Stingel abendliche Runden durch den Ort. In einer Zeit, als man den Feierabend nicht nur vor der Glotze oder auf den Sozialen Medien verbrachte, sondern auch noch vor dem Häusle saß, im Garten werkelte, aber vor allem über die Straße hinweg miteinander g’schwätzt hat.

„So, konschd?“ oder „Bischt dra?“ – zwei typische Fragen, mit denen man schnell ins Gespräch kam. Das merkte auch Klara Stingel, die noch nie leutscheu war, sondern stets auf die Menschen zuging und für ein Schwätzle zu haben war. „So war ich schnell im Flecka integriert und kurze Zeit später schon Ortsreporterin“, erinnert sich Klara Stingel. Unterwegs war sie fast immer mit der Kamera. Die Leute mochten sie, hatten Vertrauen und so hielt sie gerne Situationen und Augenblicke fest: In zigtausenden Fotos, Dias, aber auch in Bewegbildern dank der in den 1980er-Jahren aufkommenden Videotechnik.

Für das Jubiläumsjahr griff Klara Stingel gerne in ihre prall gefüllte Schatzkiste an Aufnahmen und Filmen. Einen kleinen Teil davon hat die heimatverliebte Wahl-Tieringerin nach zeitintensiver Sichtung und mühevoller Sisyphos-Arbeit nun zu vier digitalen Videos zusammengeschnitten. Sehr zur Freude der vielen Gäste, die am Sonntagnachmittag diese inhaltlich historischen Streifen, je zwischen 30 und 40 Minuten lang, in der Schlichemhalle bestaunen konnten. In vier Themenblöcke gliedern sich die alten und teilweise schon vergessenen Ansichten und Ereignisse: Tieringer Dorfleben (Alltag auf der Straße, Holz sägen, Feuerwehrübung, Feste…); Vereine (Sportplatzeinweihung, Richtfest beim Heimatverein Kohlraisle…); Kindergarten/Schule/Kinderturnen (Väter beim Laternenbasteln, Festle mit Eltern und Großeltern); 1960er-Jahre (ein Schwarzweißfilm ohne Ton, wie er original aufgenommen worden ist). Vier verschiedene Räume der Schlichemhalle, ob Stuhllager oder Bühne, wandelten sich am Sonntag in vier kleine und stets gut besuchte Kinos, in denen die Clips in Dauerschleife liefen. So bedurfte es keinerlei Eile. Jeder konnte sein Stück Kuchen und den Kaffee in Ruhe genießen und später dann in den Lichtspielraum wechseln. „Oifach komma, gucka ond losna“ lautete die Einladung Klara Stingels in urigem Albschwäbisch.

Angefangen hatte alles im Jahre 1275 mit der erstmaligen Erwähnung von Kirche und Pfarrei. Seitdem blickt Tieringen auf eine lange und faszinierende Geschichte zurück, wie Ortsvorsteherin Isabella Merkt in ihrer prägnanten Festrede aufzeigte. So sei beispielsweise Tieringen während des Bauernkrieges ein zentraler Schauplatz im Oberamt Balingen gewesen. Sie spannte den Bogen weiter vom einst in Onstmettingen ansässigen Mechanikerpfarrer Philipp Matthäus Hahn, der die Sonnenuhr an der Kirche hinterließ, über die Harmonika-Fabriken Hohner, die ehemals auch in Tieringen produzierten, bis hin zum Heimatdichter Matthias Koch, der mit seinem schwäbischen Kulturgut dazu beigetragen habe, dass dieses Erbe bis heute lebendig bleibe. Heute ist Tieringen zudem Heimat renommierter Firmen wie Interstuhl, Mattes & Ammann oder Koch. „Tieringen verbindet Tradition und Moderne“, konstatierte die Ortsvorsteherin.

Meßstettens Bürgermeister Frank Schroft zitierte den französischen Schriftsteller André Malraux, der einst niederschrieb: „Wer in der Zukunft lesen will, der muss in der Vergangenheit blättern.“ In Tieringen werde das bewusst. Hier zeige sich, welch‘ lange Geschichte und welch‘ tiefe Wurzeln der Ort habe. „Heute ist ein Tag der Erinnerung, der Gemeinschaft und der Wertschätzung all jener Generationen, die Tieringen zu dem gemacht haben, was es heute ist: ein Ort mit Charakter, Geschichte und Herz.“ Dabei sei es nicht allein die Historie, sondern eine Dorfgemeinschaft, die gekennzeichnet sei von gelebtem Miteinander und täglichem Füreinander, würdigte der Schultes.

Das Festjahr in Kürze

Das weitere Festprogramm, welches die Bevölkerung und ihre Gäste in diesem Jahr erwartet, stellte der stellvertretende Ortsvorsteher Daniel Stähr vor. Im Fokus steht dabei das Dorffest am 12. und 13. Juli. Ein buntes Rahmenprogramm gehört mit dazu. Am 8. November wird es detailliert geschichtlich – Jörg Berbalk hält einen Vortrag über die Historie Tieringens. Dabei wird er die Zeit um 1275 rekonstruieren und eine Biografie eines Zeitzeugen vorstellen, welcher großen Einfluss auf den Ort Tieringen hatte. Dann soll im Herbst, der Termin steht noch nicht genau fest, ein Bäumchen (Esskastanie) gepflanzt werden: Als Symbol für Beständigkeit. Nach Stährs Worten: „Für Wurzeln, die tief in der Erde liegen – wie unsere Verbundenheit mit Tieringen. Für einen Stamm, der dem Wandel trotzt – wie unsere Gemeinschaft über viele Generationen hinweg. Und für Äste, die sich dem Himmel öffnen – als Symbol für Aufbruch, für Zukunft, für Hoffnung.“

(VB)

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23.05.2025
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