Sehr geehrter Herr Bürgermeister Dr. Scholz,
sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,
die große politische Bühne steht zwar in Berlin und sicherlich nicht in Köngen. Aber der Blick auf die Kommunalpolitik darf niemals verstellt sein. Es ist hier vor Ort, wo ein Großteil der bundespolitischen Entscheidungen seine Wirkung entfaltet und umgesetzt werden muss. Es ist hier vor Ort, wo sich das Gelingen oder Misslingen der großen Politik offenbart. Und es ist hier vor Ort, wo jeden Tag die Grundlagen für eine demokratische Bildung und ein lebenswertes Miteinander zu schaffen sind. Es ist also mehr denn je das Gebot der Stunde, für diese Werte verantwortungsvoll und zielstrebig einzutreten.
Das ist anstrengend, erfordert Kraft, braucht Sachverstand und Bereitschaft zu Toleranz und Kompromiss. Vor allem aber - es ist die Mühe wert.
Wir beschließen heute den Haushalt für das Jahr 2025 und die mittelfristige Finanzplanung bis zum Jahr 2028. Der vorliegende Plan ist geprägt von sehr hohen Investitionen in Gebäude und Infrastruktur und von stark steigenden Personalkosten in allen Bereichen. Einnahmenseitig können wir zwar noch stabile Zuflüsse aus Gewerbesteuer, anteiliger Einkommensteuer und Grundsteuer verzeichnen. Aber es ist offensichtlich, dass sich die Entwicklung der Vorjahre fortsetzt, wonach die Einnahmen nicht mit den stetig steigenden Ausgaben Schritt halten. Der veranschlagte Saldo im Ergebnishaushalt sieht für 2025 eine Unterdeckung von 1,3 Mio. EUR vor. Dieses Ungleichgewicht beschränkt zwangsläufig in erheblichem Maße unsere Handlungsfreiheit. Zusammen mit den projektierten Investitionen der nächsten drei Jahre greifen wir die letzten Reserven unserer liquiden Rücklagen im Köngener Gemeindehaushalt an. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies gilt es in aller Deutlichkeit festzuhalten. Für Köngen ist das eine neue Situation. Der Kernhaushalt war bisher ohne Kreditaufnahme und ohne Verschuldung ausgekommen. Dabei beschränken sich die Investitionen in der mittelfristigen Finanzplanung auf das Notwendigste. Einige bereits jetzt absehbare Sanierungsmaßnahmen und dringende Ersatzinvestitionen wie die Sanierung der Burgschul-Sporthalle, ein möglicher Neubau des Feuerwehrmagazins und eine Kostenbeteiligung am Umbau des Wendlinger Robert-Bosch-Gymnasiums sind darin noch gar nicht enthalten.
Wo stehen wir also konkret und wo liegen die Schwerpunkte der aktuellen Haushaltsplanung?
Am besten lässt sich das bei einem gedanklichen Rundgang durch Köngen beantworten, zu dem ich Sie im Folgenden mitnehmen möchte.
Köngen empfängt uns von Wendlingen her kommend mit einer einigermaßen holprigen Bahnhofstraße, die schon seit langer Zeit nach Ausbesserung ruft. Wir bewegen uns in diesem Bereich auf einer Hauptverkehrsachse, deren Straßenbelag – und das kann nicht oft genug wiederholt werden – in den Zuständigkeitsbereich des Landes fällt. Der Bürgerschaft darf die Zuständigkeit für den Asphalt zurecht völlig gleich sein. Faktisch befindet sich die Straße in einem schlechten und gefährlichen Zustand und muss saniert werden. Und hier sind wir bei einem Grundproblem angekommen, das dem Föderalismus anhaftet. Der Bürger unterscheidet nicht zwischen Aufgaben der Gemeinde, des Landes und des Bundes. Er beurteilt die Qualität staatlichen Handeln in Gänze – zurecht!
Doch konzentrieren wir unseren Blick wieder darauf, was wir hier in Köngen gestalten können. Natürlich werden wir im Rahmen der Sanierung der Bahnhofstraße – so sie, wie zugesagt, endlich zeitnah vom Land erneuert wird – das aufgegrabene Baufeld dazu nutzen, die dringend notwendige Ertüchtigung des Kanalnetzes in diesem Streckenabschnitt gleich mit zu erledigen. Diese Investition stellt die konsequente Fortsetzung der bereits laufenden Aufdimensionierung des Abwasserkanals im Bereich der Nürtinger Straße dar, mit der wir für Starkregenereignisse in Köngen noch besser gerüstet sein werden. Die Gesamtmaßnahme wird uns mehrere Millionen EUR kosten, wenngleich diese für den Bürger nahezu unsichtbar bleibt.
Östlich der Bahnhofstraße, zwischen Feuerwehrmagazin und B313, liegt das sogenannte HOS-Areal. Hierbei handelt es sich um eine der letzten Flächen von relevanter Größe, die für eine bauliche Entwicklung auf unserer Gemarkung zur Verfügung steht.
Obwohl nicht im Eigentum der Gemeinde stehend, messen wir Freie Wähler diesem Gebiet hohes Potenzial für die Weiterentwicklung Köngens bei, sodass wir ein besonderes Augenmerk darauf legen werden, was hier entstehen kann. Das Verhältnis zwischen wohnungsbaulicher, gewerblicher und kommunaler Nutzung ist für uns Freie Wähler dabei noch nicht endgültig festgelegt. Ein möglicher Neubau des Feuerwehrmagazins kann auf absehbare Zeit nur innerhalb dieses Gebietes realisiert werden. Andere Flächen stehen nicht zur Verfügung.
Vom HOS-Areal führt uns der Rundgang weiter zum Mühlehof. Mit der Fertigstellung der neuen Sozialunterkünfte werden wir eine wesentliche Aufwertung und eine sichtbare qualitative Verbesserung für die Unterbringung von Geflüchteten und anderen Bedürftigen in die Tat umsetzen. Bei allen Schwierigkeiten und allem Unmut, die eine solche Unterkunft mit sich bringen mag, bleibt sie doch ohne Alternative. Sollen Integration und Teilhabe gelingen, so braucht es adäquate Rahmenbedingungen, die durch die Gemeinde Köngen geschaffen werden müssen. Ein vorbildliches Kostencontrolling seitens der Bauleitung zeichnet dieses Projekt aus, ohne dabei Abstriche an der Funktionalität des Gebäudes zu machen. Aller Voraussicht nach kann diese Baumaßnahme innerhalb des budgetierten Rahmens ins Ziel geführt werden. Dies muss in Zukunft zur Regel werden. Leider verlaufen zurzeit nicht alle kommunalen Projekte mit dieser Stringenz.
Über die steile Pfarrgasse erreichen wir nun auf halber Höhe die Mörikeschule. Nach den brandschutz- und lüftungstechnischen Sanierungen der vergangenen Jahre steht diese zentrale Bildungseinrichtung Köngens eigentlich in guter Verfassung vor uns. Doch es droht Ungemach. Der Gesetzgeber hat sich dazu entschlossen, ab dem Schuljahr 2026/2027 einen Anspruch auf Ganztagesbetreuung bis zur 4. Klasse gesetzlich zu verankern. Geradezu kurios mutet hierbei die Tatsache an, dass dieser Rechtsanspruch weder durch ein hinreichendes Finanzierungskonzept unterlegt ist, noch eine klare Regelung enthält, wie diese Ganztagesbetreuung konkret in den Kommunen umgesetzt werden soll. Hier werden von Bund und Land wesentliche bildungspolitische Entscheidungen mit großer Tragweite auf die einzelnen Gemeinden abgewälzt. Die Antworten sollen die Kommunen liefern, der Gesetzgeber bleibt sie schuldig. Wir Freie Wähler halten diese Vorgehensweise schlicht für unseriös. Bund und Land sagen den Eltern eine Betreuungsform zu, die weder finanziell noch personell (Lehrkräftemangel) umsetzbar sein wird. Ehrlich wäre, den Rechtsanspruch, der erkennbar nicht flächendeckend erfüllt werden kann, wieder zurück zu nehmen. Trotz aller Widrigkeiten werden wir bei uns in Köngen mit erheblichem Ressourceneinsatz eine am konkreten Bedarf ausgerichtete Betreuung gewährleisten. Der Abriss des Faber-Baus und die Neuschaffung von zusätzlichen Räumen zur flexiblen Nutzung haben wir deshalb beschlossen. Verpflichtenden Ganztagesunterricht an der Mörikeschule lehnen wir ab. Ohne zusätzliche Finanzmittel vom Bund oder vom Land muss die Entscheidung über Betreuungsdauer und Betreuungsintensität weiterhin in den Händen der Eltern liegen. Das Land müsste die Verteilung der Fördermittel nach dem Schlüssel der Schülerzahl vornehmen und nicht nach der politisch gerade favorisierten Betreuungsform.
Noch nicht, aber hoffentlich ab Mitte April wird die Steinbruchstraße wieder durchgängig befahrbar sein. Natürlich bleibt ein Restrisiko, wie gut sich das neue Konzept und die neuen Durchfahrtsbreiten in der Praxis bewähren werden. Aber das haben letztlich die Verkehrsteilnehmer mit ihrem Verhalten dort in der Hand.
Über die Rechbergstraße gelangen wir zum Friedhof. Auch hier halten wir einige Instandhaltungsmaßnahmen für unabdingbar. Vorschläge dazu werden wir im Frühjahr einbringen. Wir erreichen nun das Baugebiet „Östlich Blumenstraße“. Leider kann die Gemeinde dort nur 3 Grundstücke dem Markt anbieten. Der übrige Baugrund ist in privater Hand. Die Gemeinde wird ihre Grundstücke nach festen sozialen Auswahlkriterien vergeben, so wie sie auch im Baugebiet „Burgweg West III“ zur Anwendung kamen.
Vorbei am Seniorenzentrum biegen wir links ein in Richtung Ortsmitte, dem Dreh- und Angelpunkt unserer Gemeinde, sozusagen dem Herzstück, nicht nur wegen des Rathauses, sondern auch mit Blick auf die Nahversorgung für die Köngenerinnen und Köngener. Die Freien Wähler werden jede Gelegenheit genau prüfen, die sich im Ortszentrum ergibt, um langfristig dessen Attraktivität und Qualität abzusichern. Hierzu zählen auch Investitionen in zum Verkauf stehende Gewerbeimmobilien in dieser so wichtigen, zentralen Lage.
Nicht weit ist es nun zum neuen Lindenquartier am Ortsausgang Richtung Denkendorf. Der weit vorangeschrittene Bau des neuen Gebäudekomplexes ist nicht zu übersehen. Das angrenzende Areal des Hartplatzes steckt noch mitten in den Planungen. Die große Herausforderung besteht darin, allen Vorstellungen der potenziellen Nutzer dieser neu zu gestaltenden Fläche gerecht zu werden, sowohl in planerischer, als auch in finanzieller Hinsicht. Wir verschenken uns nichts, wenn wir einige Details des prämierten Planungsentwurfes nochmals näher beleuchten. Wir sind im Gegenteil der Überzeugung, dass es an der einen oder anderen Stelle noch eines Feinschliffes bedarf. Wir dürfen uns von niemandem in der Entscheidung drängen lassen. Immerhin werden hier über die nächsten Jahre mehr als 3 Mio. EUR investiert - für die Gestaltung einer Freifläche eine Menge Geld.
Das wohl größte Projekt der nächsten Jahre steht am Burgweg. Die Burgschule muss, darin sind sich Gemeinderat und Fachplaner einig, saniert werden. Zu groß sind die offensichtlichen Mängel dieses in den späten 60er-Jahren errichteten, architektonisch durchaus ansprechenden Baukörpers. Umfang und Art der baulichen Ertüchtigung sind durchaus noch abzuwägen. Bei den unterschiedlichen Optionen stehen Kosten zwischen 3 Mio. und 14 Mio. EUR im Raume. Einmal mehr muss hier die Frage gestellt werden: Was wollen und was können wir uns aufgrund der Haushaltslage leisten? Auch in Köngen ist es an der Zeit, über Standards zu sprechen. Die schönste und die schmuckste Lösung steht diametral in Konkurrenz zu unseren Haushaltsmitteln. In solchen Situationen ist es ratsam, langfristig auch einen (Teil-)Neubau der Schule in Betracht zu ziehen.
Im Römerpark steht ein Neubau nicht zur Debatte. Das Ausstellungskonzept des Römermuseums ist jedoch sehr in die Jahre gekommen. Um zu verhindern, dass das Museum in der Region an Bedeutung verliert und um der römischen Geschichte Köngens weiterhin angemessen gerecht zu werden, sind im Haushalt 350.000 EUR für die Überarbeitung und Umgestaltung des Museums eingestellt. Allerdings gilt es auch hier: Was wollen wir uns leisten bzw. was können wir uns leisten? Wir sind der festen Überzeugung, dass in einem ersten Planungsschritt deutlich weniger Mittel auskömmlich sein müssten. Hier haben unsere am Ort verwurzelten Stiftungen schon einen Beitrag bei der Finanzierung der visuellen Außenrundgänge geleistet.
Wir schließen unseren Rundgang mit einer Einkehr bei den Sportanlagen Fuchsgrube. Die Tartanbahn im Stadion bereitet seit vielen Jahren mit Unebenheiten, Absackungen und Pfützenbildung für Ärger bei den Sporttreibenden und Reparaturkosten bei der Gemeinde. Erst vor wenigen Tagen erreichte uns das verheerende Ergebnis der geologischen Untersuchungen des Unterbaus der Bahn. Anstelle der 550.000 EUR für den Austausch des Tartanbelages, wird dringend die Komplettsanierung bis hinunter auf das Kiesbett empfohlen. Die Kosten für diese Maßnahme erhöhen sich auf nahezu 1 Mio. EUR.
Wir Freie Wähler stehen uneingeschränkt hinter notwendigen, sinnvollen und wohl abgewogenen Investitionen. Wir wissen aber auch, dass große Vorhaben einer besonderen Steuerung und Kontrolle bedürfen. Leider hat uns die Vergangenheit gelehrt, dass die Expertise hierzu in manchen Bereichen nicht vollumfänglich gegeben ist. Ein effektives Kostencontrolling für sämtliche investiven Maßnahmen muss in Köngen wieder Standard sein.
Der Schlüssel zu einer soliden, zukunftsfähigen Haushaltsplanung liegt in der Kompetenz, die laufenden Ausgaben des Ergebnishaushaltes im Griff zu behalten. Stetes Hinterfragen und Optimieren der Kostenstruktur sind Pflicht. Die Personalkostensteigerungen der letzten Jahre stehen in einem dramatischen Missverhältnis zu den Einnahmen. Nach der Schaffung mehrerer neuer Planstellen in den vergangenen Jahren und mehrerer Lohn-Runden besteht kein Spielraum für weitere Stellenmehrungen. Ein möglicher Schlüssel zur Dämpfung der Personalkosten liegt in der Digitalisierung. Wie die Unternehmen der freien Wirtschaft müssen die Gemeindeverwaltungen ihre Prozesse verschlanken, beschleunigen und digitalisieren. Die Bürgerinnen und Bürger werden es den Kommunen danken.
Alle föderalen Ebenen stehen gemeinschaftlich in der Verantwortung für das Gemeinwohl. Einseitige Aufgabenzuweisungen, wie sie derzeit zu beobachten sind und die Überfrachtung der Kommunen mit zusätzlichen Pflichtaufgaben ohne ausreichende Finanzierung durch Land und Bund werden die Gemeinden am Ende des Tages überschuldet und handlungsunfähig zurücklassen. Wie lange es noch dauert, bis sich diese Erkenntnis in Stuttgart und Berlin durchsetzt, ist ungewiss. Aber sie wird kommen.
Ehrenamtliches Engagement und bürgerschaftliches Miteinander sind die Grundlagen für ein funktionierendes, demokratisches Gemeinwesen. Wir danken allen motivierten und engagierten Bürgerinnen und Bürgern, die sich in unserer Gemeinde einbringen. Dieses Engagement macht Köngen lebendig, lebens- und liebenswert und verdient hohe Anerkennung.
Für die aufwändige Erstellung des Haushaltsplanes möchten wir Ihnen, Frau Peschke, ganz besonders danken. Leider wird es Ihre letzte Haushaltssitzung für die Gemeinde Köngen sein, was wir außerordentlich bedauern.
Ebenso gilt allen Damen und Herren der gesamten Verwaltung unser Dank.
Auch bei Ihnen, Herr Bürgermeister Dr. Scholz, möchten wir uns sehr herzlich bedanken. Im Frühjahr letzten Jahres sind sie gleichsam bei voller Fahrt auf den kommunalpolitischen Zug aufgesprungen und sahen sich bereits in den ersten Monaten Ihrer Amtszeit mit fast allen Facetten an Themen, die einem als Rathauschef begegnen können, konfrontiert. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen.
Als Freie Wähler stehen wir für eine verantwortungsvolle, solide Ausgabenplanung mit Augenmaß für das Machbare. Der vorliegende Haushalt führt uns an die Grenzen dessen, was wir verantworten können. Zwingend müssen alle laufenden und zukünftigen Planungen in unserer Gemeinde noch detaillierter nach der Finanzierbarkeit bewertet werden. Wir Freie Wähler sehen sonst die Gefahr, den Blick dafür zu verlieren, wohin sich unsere liquiden Mittel und Reserven entwickeln und ob sie überhaupt auskömmlich sein werden. Eine Kreditaufnahme wird es mit den Freien Wählern – wenn überhaupt – nur in sehr engen Grenzen und nur für genau umrissene, abgrenzbare Maßnahmen geben. Einen Freibrief zur Verschuldung werden wir nicht erteilen.
Die Fraktion der Freien Wähler stimmt dem Haushaltsplan 2025, sowie der Finanzplanung in allen Teilen zu.
Günter Hoffelner
Fraktionsvorsitzender
Freie Wähler Köngen