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Haushaltsrede der LBÖ-Fraktion vom 28. Januar 2025

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Mitbürgerinnen und Mitbürger, im Namen der Fraktion Liberale Bürger...

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Mitbürgerinnen und Mitbürger,

im Namen der Fraktion Liberale Bürger Öhringen – LBÖ – möchte ich heute einige Worte zum Haushalt der Stadt Öhringen sagen. Wir beschließen heute den Haushalt für das kommende Jahr. Mit unserem System, Einbringung des Haushalts in der Dezember-Sitzung, Beschluss in der Januar-Sitzung, bleibt wenig Gelegenheit für den Gemeinderat, sich aktiv in die Gestaltung des Haushaltsplanes einzubringen.

Ich werde nicht müde, auch an dieser Stelle wieder die Einrichtung eines Haushaltsausschusses zu fordern. Alternativ sollten wir darüber nachdenken, eine eigene Haushaltssitzung des Gemeinderats im Januar abzuhalten, um ausreichend Zeit für die Diskussion der einzelnen Punkte und Anträge zu haben. Gerade in Anbetracht der heutigen Tagesordnung mit einer Vielzahl an zeitintensiven Punkten müssen wir da deutlich besser werden. Wir sollten nie vergessen: das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Gemeinderats. Wie wir als Rat damit umgehen, bleibt uns überlassen - wir denken, dass wir dieses Recht stärker nutzen sollten. Dazu sind wir auf die Zusammenarbeit mit der Verwaltung angewiesen: Wir wünschen uns, dass gerade für die neuen Gemeinderätinnen und -räte noch deutlicher wird, wo unser Gestaltungsspielraum ist.

Natürlich werden jetzt einige argumentieren: Der Haushalt ist doch „nur“ die Sammlung der Beschlüsse des Gemeinderats – das haben wir oft genug gehört. Dabei ist ein Haushalt mehr als nur eine Sammlung von Zahlen und Beschlüssen. Er ist Ausdruck unserer politischen Prioritäten, der Vision für unsere Stadt und der Verantwortung, die wir gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern tragen.

Die Fraktion der Liste Bürger Öhringen (LBÖ) hat den vorgelegten Haushaltsentwurf intensiv geprüft und kommt zu einer kritischen Einschätzung – das wird kaum jemanden überraschen. Lassen Sie mich aber vor allem auf die Rahmenbedingungen eingehen, unter denen dieser Haushaltsplan entstanden ist. Hierzu möchte ich aus der Freiburger Erklärung des Städtetags Baden-Württemberg zitieren: „Starke Städte brauchen starke Finanzen. In Zeiten tiefgreifender Transformation brauchen wir mehr denn je eine stabile kommunale Ebene. Derzeit sind die Städte jedoch in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt. […] Nur mit ausreichenden finanziellen Mitteln, qualifiziertem Personal und modernen Strukturen können wir die anstehenden Aufgaben meistern und den Menschen eine lebenswerte Zukunft bieten.“ Und weiter: „Eine angemessene Finanzausstattung durch Bund und Land ist die unabdingbare Grundlage für eine starke kommunale Ebene.“ Und dann: „Der zunehmende Überhang an Themen, die von oben kommen, bringt die Kommunen in Bedrängnis. […]. Bestehende Pflichtausgaben müssen ausfinanziert werden, bevor neue Aufgaben übertragen werden.“ Ich zitiere das so ausführlich, weil wir davon überzeugt sind, dass die Kommunen und damit auch die Stadt Öhringen längst über das Erträgliche hinaus belastet sind und ihre Aufgaben kaum noch ordentlich erfüllen können bei all den neuen Anforderungen, Ausgaben und den Aufgaben, die ständig dazu kommen. Auch die Erhöhung der Kreisumlage von 33,25 auf 35 Hebesatzpunkte ist für Öhringen nicht nur eine Herausforderung, sondern eine millionenteure Belastung. Laut Kurzzusammenfassung des Haushalts liegen die Transferaufwendungen insg. bei 39,3 Mio. € - bezogen auf alle Aufwendungen sind das knapp 45 % unserer gesamten Ausgaben. Die Summe der Transferaufwendungen ist höher als die Summe der Aufwendungen – also als die Summe unserer Investitionen.

Dazu kommen im Ergebnishaushalt noch knapp 26 Mio. € Personalkosten – das sind 29 % der Aufwendungen. Dass da kaum noch Spielraum bleibt, muss jedem klar sein. Was ich damit einmal mehr sagen will: Es braucht dringend strukturelle Änderungen auf allen Ebenen und in allen Bereichen: auf kommunaler Ebene ebenso wie auf Kreisebene, ganz zu schweigen von den übergeordneten Ebenen. Wir brauchen einen Strukturwandel – die Fraktion der Liberalen Bürger Öhringen ist bereit dazu. Die Gesellschaft und die Politik werden nicht darum herumkommen, über Kommunalreformen zu reden – 50 Jahre nach der letzten großen Reform in Baden-Württemberg ist es an der Zeit, über Kreisreformen und Gemeindefusionen nicht nur nachzudenken, sondern auch konkret umzusetzen. Es schadet nicht, über den Tellerrand zu blicken. OB Michler hat erst vor Kurzem Öhringen mit Neckarsulm verglichen, wo der Personalkostenanteil bei 30 % liegt und damit minimal höher als in Öhringen. Das Statistische Landesamt veröffentlicht regelmäßig die Pro-Kopf-Verschuldung der Kommunen in Baden-Württemberg. Zum Stichtag 31.12.2023 lag diese in Neckarsulm bei 759 €, in Eppingen bei 1.623 €, in Schwäbisch Hall bei 1.719 € - und in Öhringen bei 3.297 € mit insgesamt 84 Mio. € Schulden. Öhringen ist also Schlusslicht in der Region, was die Pro-Kopf-Verschuldung anbetrifft. Zum Vergleich: in Baden-Württemberg sind es durchschnittlich 2.112 €. Da müssen wir genau hinschauen und in den kommenden Jahren besonders beim Thema Schulden und Kreditaufnahme weitsichtig agieren.

Für die LBÖ gilt auch weiterhin: Wir machen uns stark für einen ausgeglichenen Haushalt! Die Finanzen der Stadt lassen wir bei allen Entscheidungen nicht aus den Augen. Mit den knappen Mitteln muss verantwortungsbewusst umgegangen werden, die Aufnahme von neuen Schulden soll die Ausnahme bleiben. Wir werden wie in den vergangenen Jahren alle Entscheidungen des Gemeinderats hinsichtlich ihrer Notwendigkeit und ihrer finanziellen Folgen auf den Prüfstand stellen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einmal aus der Freiburger Erklärung zitieren: „Demokratie ist anspruchsvoll. Sie wird nie ein Service sein, der auf Knopfdruck alles liefert. Oft stehen insbesondere individuelle Erwartungen höher als das, was kurzfristig erreicht werden kann.“ Das gilt auch und gerade bei den Beratungen zum Haushalt. Wir werden besonders in den kommenden Jahren nicht alle Wünsche erfüllen können und müssen weiterhin mit Augenmaß und Weitsicht vorgehen, damit wir zukunftssichere, ehrliche und konstruktive Haushaltspläne mit dem Mindestziel einer „schwarzen Null“ aufstellen können. Nur so können wir als Stadt Öhringen handlungsfähig, lebenswert und liebenswert bleiben und nachhaltig, transparent und zukunftsorientiert agieren. Die Fraktion der LBÖ stimmt dem vorgelegten Haushalt zu und dankt der Kämmerei für das umfangreiche Planwerk. Noch etwas zum Schmunzeln: bei Sitzungen, die erwartbar länger als drei Stunden dauern, stimmen wir der Erhöhung auf zwei Butterbrezeln zu. Ich danke für die Aufmerksamkeit." (Markus Hassler, Fraktionsvorsitzender)

Erscheinung
Öhringer Nachrichten
Ausgabe 10/2025
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