Es waren ein paar harte Monate für Neu-Brauereichef Max Spielmann und sein Team: Nach der Übernahme der Heidelberger Brauerei 2024, einer umfangreichen Qualitäts- und Technikoffensive und Investitionen in Höhe von über 2 Millionen Euro soll das Heidelberger Bier wieder fließen. Mit neuem Gesicht, aber auch mit viel Tradition.
„We love HD“ – da waren sich am Abend des 7. Mai im Heidelberger Stadtteil Pfaffengrund Spielmann und die über 500 Gäste einig: Gefeiert wurde ein Neustart. Nach einer gründlichen Prozess-Analyse, umfangreichen Verbesserungen in Sachen Qualität und Technik und damit verbundenen hohen Investitionen geht die altehrwürdige Brauerei neue Wege. Viele Veränderungen vor allem im Bereich der Bierrezepte und der Produktion sollen dafür sorgen, dass das Produkt des Hauses wieder „ein Bier für alle Heidelbergerinnen und Heidelberger“ ist, wie Max Spielmann es an dem Abend ausdrückte. Und das präsentiert sich ab sofort im neuen Markenauftritt in Super-, Getränkemärkten und in der Gastronomie.
Die vorherrschende Farbe war deshalb auch dem Abend: leuchtendes Rot. Vom Licht bis zu den Bierkasten-Wänden, vom Pilsflaschen-Etikett bis zum aktualisierten Firmenlogo, vom Teppich bis zum nachts über Heidelberg strahlenden Laser auf dem Sudhausdach. Freudestrahlend steht Max Spielmann bei der Begrüßung vor seinen Gästen, darunter Landrat Stefan Dallinger, Heidelbergs Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck und viele Bürgermeister der umliegenden Gemeinden und Städte. Auch „Perkeo“ Thomas Barth, eigentlich ja von Haus aus eher Weintrinker, gab sich die Ehre. „Die Heidelberger Brauerei hat in ihrer Geschichte schon einige bewegte Kapitel gehabt - und heute wollen wir gemeinsam mit Ihnen ein weiteres aufschlagen!“ rief der junge Brauereichef den Besuchern zu.
Alles begann damit, dass die 1753 gegründete Heidelberger Brauerei im März 2024 eine Nachfolgevereinbarung mit der Welde Braumanufaktur in Plankstadt traf. Diese hat nun die Brauerei, die Biere und die Marke überarbeitet. Spielmann zeichnete den Weg auf: Von den angeregten Gesprächen auf Augenhöhe mit Vorbesitzer Michael Mack im September 2023 bis zur Nachfolgeregelung, mit der die Heidelberger Brauerei im April 2024 in seine Hände gelegt wurde. Spielmann bringt als studierter BWLer, aber auch als gelernter Braumeister und Biersommelier die notwendigen Kompetenzen umfassend mit – er hat sein Handwerk von der Pike auf gelernt, in den USA, in den Niederlanden, bei befreundeten Brauerkollegen in Deutschland – und zu Hause in Plankstadt.
Zwei Themen waren Mack und Spielmann immer besonders wichtig. Erstens: die Heidelberger Stadtgesellschaft verdient es, ihr eigenes Bier zu haben, und beide – Spielmann und Mack – wollten alles daran setzen, dass das so bleibt. Zweitens: weder Brauerei noch Bier verdienen den Ausspruch „Schlossquell-Schlossqual“, der sich seit Jahrzehnten im Volksmund hält. „Ich musste keine Sekunde zögern, Michael im Kampf gegen diesen Ausdruck zu unterstützen. Denn hier in der Brauerei wurden und werden sehr gute Biere gebraut“, erklärt Spielmann.
Seitdem gab und gibt eine Menge zu tun für Spielmann, der die Teams der beiden Brauereien geschlossen hinter sich weiß. „Bierbrauen, das ist Handwerk mit Leidenschaft und für Genuss. Deshalb haben wir, wie versprochen, radikal alle erkannten und erkennbaren Qualitätsverbesserungen installiert“, erklärt Spielmann. Die meisten und wichtigsten Umstellungen seien abgeschlossen. Jetzt gehe es um das Wichtigste: „Den Heidelbergerinnen und Heidelbergern ihr Bier als echten Genuss wieder zurückzugeben", so Spielmann weiter. Doch auch dieser Weg war kein einfacher.
Nach einer zunächst erfolgreich durchgeführten „Aromahopfen-Offensive“ für die ersten 100 Tage, dem Fokus auf Rohstoffeinkauf und Überarbeitung der Bierrezepte, folgten in so ziemlich jeder Beziehung umfangreiche Modifizierungen und Umstellungen. „Für mich war zunächst eine Qualitätsoffensive beim Einkauf von feinsten Aromahopfen und möglichst regionalen Rohstoffen wichtig,“ erklärt Spielmann. Die Umstellung auf Aromahopfen habe eine angenehme Hopfennote ins Bier gebracht. Auch die neue Reinzuchthefe habe nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass sich die Geschmacksprofile der Biere deutlich verbesserten.
Gemeinsam mit seinen Braumeistern der Heidelberger Brauerei und der Welde Braumanufaktur werden regelmäßige Verkostungen der Biere durchgeführt. Bei der Entwicklung der neuen Rezepte wurden über 300.000 Liter Bier in den Gulli geschüttet, weil die Qualität nicht den Erwartungen entsprach. Also ging es weiter: wo muss noch an welcher „Schraube“ gedreht werden? Sind die Aromen für Nase und Gaumen so, wie man sich das vorstellt? Ist die Vollmundigkeit oder Schlankheit gegeben, die man sich für das jeweilige Bier wünscht? So modifizierten die Fachleute nach und nach die Heidelberger Rezepturen.
Auch die Investitionen in die Brauerei sind enorm: mehr als zwei Millionen Euro flossen in die Qualitätsverbesserung. Nach Erneuerung der Reinigungsanlagen, Desinfektion und Sterilisation aller Leitungen und vielen weiteren Umstellungen und Neuerungen wurde die Qualitätssicherung komplett umstrukturiert. „Wir haben das Know-How der beiden Traditionsbrauereien erfolgreich vereint“, so Spielmann. Außerdem sei eine neue Qualitätskontrolle eingeführt worden und die modernen Laborkapazitäten der Welde Braumanufaktur in Plankstadt werden mitgenutzt. So solle während jedes einzelnen Brauschrittes die bestmögliche Qualität gewährleistet sein, so Spielmann weiter. Das sichtbare Ergebnis von viel Herzblut, Fleiß und Aufwand zeigt sich auch in den am Eröffnungsabend allgegenwärtigen 30.000 neuen knallroten Bierkästen und 600.000 neuen Bierflaschen. Das Heidelberger Bier wird jetzt in die traditionellen Halb- und Drittelliter Euroflaschen abgefüllt.
Und weil die neuen Kästen und Flaschen ohne die passenden Aufdrucke und Etiketten nicht wirken, wurde die Marke komplett überarbeitet. Die Basis: Heidelberg und die Heidelberger Brauerei, das sind zwei, die seit Jahrhunderten zusammengehören. Auch wenn es mal ruckelt, wie in jeder Beziehung. "Stadt und Brauerei passen einfach hervorragend zusammen", findet Spielmann. Die Stadt mit der ältesten Universität Deutschlands, pulsierendem Leben und modernster Wissenschaft. Und die Brauerei als älteste Heidelbergs. Die Heidelberger Biere gehören aus Spielmanns Sicht einfach dazu, sind mittendrin.
Das soll sich im neuen Markenauftritt spiegeln: das neue Logo ist angelehnt an das Brückentor der Alten Brücke. Der Slogan „I love HD“ bezeugt gleichermaßen die Liebe zur Brauerei wie zur Stadt. Und in der Gastronomie kommen Gläser zum Einsatz, die von einer grafischen Darstellung des Schlosses geziert werden. “Wir haben sozusagen ganz Heidelberg auf einem Bierglas. Schloss, Alte Brücke und das Bier symbolisiert den Neckar – schmeckt nur bedeutend besser“, erklärt Spielmann augenzwinkernd. Denn all die genannten Orte seien mittendrin in Heidelberg, genauso wie das Heidelberger Bier. Schließlich sei die Brauerei 1753 in der Altstadt, im heutigen „Güldenen Schaf“, gegründet worden, bevor sie 1870 in die Bergheimer Straße und 1999 nach Pfaffengrund umzog. Bei der Erarbeitung dieses neuen Looks waren die Heidelberger auch mittendrin: Denn es saßen nicht die Marketingexpertinnen und -experten zusammen, sondern es wurden 250 Heidelberger Bürgerinnen und Bürger befragt, welche Vorschläge sie favorisieren, was sie mit der Heidelberger Brauerei verbinden und wie sie sie sehen.
Er habe "eine gute und eine schlechte Nachricht", scherzte Spielmann: "Die Gute: Die Tanks sind voll mit gutem Bier. Die Schlechte: Die Kassen sind jetzt erst einmal leer, deshalb genießen Sie das Freibier heute Abend!" Das ließen sich die Gäste nicht zweimal sagen, es wurde gefeiert: Der Heidelberger Stadtrat und Szene-Urgestein DJ Boulevard Bou zog die Regler hoch, die Zapfanlagen am neuen Thekencontainer und an der Bierbar glühten und an den Foodtrucks konnten Burger und Pinsa genossen werden. Viele Gäste nutzten die Gelegenheit, Sudhaus, Gärkeller, Laborbereiche und vieles mehr nach Herzenslust zu erkunden. Und am Eingang konnte live erlebt werden, wie Streetart-Künstler Matthias Mross auf der Hebebühne die letzten Pinselstriche an ein überdimensionales Bierglas mit Zapfhahn ansetzte: Das Wandgemälde zeigt ganz anschaulich, wofür das Bier stehen soll: Neuer, frischer und moderner Look, Hand in Hand mit Braukunst und Handwerk- und ist Teil des großen Street Art-Portfolios, für das das moderne Heidelberg steht.
Um der Gerüchteküche auch hier ein Stück weit Einhalt zu gebieten, ließ die Brauerei am Rande auch noch eines verlauten. "Allen Unkenrufen zum Trotz: die Heidelberger Brauerei bleibt ein eigenständiges und gleichberechtigtes Unternehmen, das auf Augenhöhe mit der Welde Braumanufaktur zusammenarbeitet. Der Standort der Heidelberger Brauerei in Pfaffengrund besteht mit seiner Belegschaft ebenso weiter wie die Marke Heidelberger Brauerei", so das Unternehmen.