Redaktion NUSSBAUM
68723 Schwetzingen
Dies und das

Heike Hoffmann im Gespräch

Kein Programm „von der Stange“ Die Schwetzinger Festspiele gehen mit einem abwechslungsreichen Programm erfolgreich zu Ende. Heike Hoffmann, künstlerische...
Künstlerische Leitung der Festspiele über acht Jahre: Heike Hoffmann
Künstlerische Leitung der Festspiele über acht Jahre: Heike HoffmannFoto: SWR

Kein Programm „von der Stange“

Die Schwetzinger Festspiele gehen mit einem abwechslungsreichen Programm erfolgreich zu Ende. Heike Hoffmann, künstlerische Leiterin der Festspiele, zieht im Gespräch mit Angelika Bergmann-Scherer Bilanz.

Der Erfolg eines Festivals wird ja gerne in Zahlen ausgedrückt. Wie war die Auslastung in diesem Jahr?
Hoffmann: Die Auslastung der Ticket-pflichtigen Konzerte liegt bei über bei 91 %, wir haben also die Corona-Delle hinter uns gelassen. Mit den kostenfreien Veranstaltungen kommen wir auf insgesamt mehr als 18.000 Besucher.

Es gab eine Uraufführung und eine Neuproduktion im Opern-Bereich, die unterschiedlicher nicht sein können. Wie kamen sie beim Publikum und der Fachwelt an?
Hoffmann: Nun, zwischen den beiden Werken liegen ja mehr als 300 Jahre Musikgeschichte. „Der Doppelgänger“ war eine rundum gelungene Produktion mit Schauspielern, Sängern, Bühnenbild und Kostümen. „King Arthur“ dagegen setzte mit sparsamen Kostümen und ohne Bühnenbild ganz auf die szenische Umsetzung mit Sängern, Schauspielern und dem fantastischen RIAS-Kammerchor. Die Resonanz bei beiden Produktionen war ausgesprochen positiv.

Sie haben im Vorfeld erklärt, dass Sie in Ihrem letzten Festival Ihnen wichtige Künstler die Sie auch in der Vergangenheit begleitet haben, einladen. Unter ihnen drei Residenzkünstler und ein Residenzorchester. Warum diese vier?
Hoffmann: Tabea Zimmermann als sicher weltweit führende Bratschistin war acht Tage vor Ort und gab drei Konzerte. Ich schätze sie sehr, nicht nur als großartige, uneitle und stets neue Herausforderungen suchende Musikerin, sondern auch, weil sie sich so für Ihre Studierenden einsetzt. Darüber hinaus engagiert sie sich auch in verschiedenen Gremien und bedeutenden Stiftungen für die Belange der klassischen Musik, was überhaupt nicht selbstverständlich ist für einen weltweit auftretenden Künstler. Avi Avital ist ein großartiger Musiker mit seinem ungewöhnlichen Instrument. Mit verschiedenen Kammermusikpartnern und dem belgischen B'Rock Orchester hat er gezeigt, was auf der Mandoline möglich ist. Fabian Müller, den ich 2017 erstmals gehört habe, gehört zu den interessantesten Pianisten der jüngeren Generation und hat dies mit drei verschiedenen Programmen eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Ein Orchester wie Les Siècles - übrigen zum ersten Mal in Schwetzingen– gibt es so nicht noch einmal. Es gibt Orchester für Neue Musik oder Alte Musik, aber dieses Orchester kann das ganze Spektrum der Literatur vom 18. bis 21. Jahrhunderts stilistisch authentisch erarbeiten und zur Aufführung bringen.

Sehen Sie die Vermittlung von Neuer Musik als Aufgabe im Sinne von Kultur und Bildungsauftrag?
Hoffmann: Selbstverständlich, die neue Musik gehört aber nicht nur in Spezialfestivals, wie die Donaueschinger Musiktage es sind, sondern dramaturgisch sinnvoll eingebunden in "normale" Konzerte. Das ist mein Credo, das ich in meiner Zeit in Schwetzingen versucht habe umzusetzen, als ein bereicherndes Angebot an ein interessiertes Publikum! Und ich habe den Eindruck, dass das ganz gut funktioniert hat.

Das diesjährige Programm war durchzogen mit neuen Ideen rund um die klassische Musik: eine Radtour, die Inszenierte Nacht, Click´n Drums oder Grau-Schumacher und Schlagwerk.

Hoffmann: "Accordez vos vélos" wurde speziell für Schwetzingen konzipiert für diesen besonderen Ort. Überhaupt habe ich nach Möglichkeit vermieden, Programme „von der Stange“ einzukaufen, sondern mit Künstlern gemeinsam Neues zu entwickeln.

Muss man heutzutage zu solchen Aufführungen greifen, um das Interesse an klassischer Musik wachzuhalten?
Hoffmann: Ich finde, man kann und muss beides: Angebote machen an ein kenntnisreiches, begeisterungsfähiges Publikum, das genau aussucht, was es hören will, und Anreize und Möglichkeiten für ein noch nicht musikaffines Publikum, auch über Gratis-Angebote und spezielle Formate

Was konnten Sie von Ihren persönlichen Konzepten verwirklichen in Bezug auf die musikalische Entwicklung der Festspiele?
Hoffmann: Fast alles im künstlerischen Bereich. Bis auf den Wunsch nach einer funktionalen Website, da sind wir an die Struktur des SWR gebunden, die eher radio-spezifisch ausgelegt ist.

Und auf die Entwicklung zur Stadt Schwetzingen, die Ihnen ja in einer kleinen Feier im Rahmen des Förderkreises der Festspiele die Carl-Theodor-Medaille überreicht hat?
Hoffmann: Und auch die Ehrenmedaille in Silber des Landkreises Rhein-Neckar. Es gab eine ausgesprochen gute Zusammenarbeit mit der Stadt und dem Landkreis, kurze Wege, schnelle Kommunikation, was vor allem OB René Pöltl und Landrat Stefan Dallinger zu danken ist.

Wie sehen Sie die Zeit in Schwetzingen rückblickend im Zusammenhang mit Ihrer Laufbahn?
Hoffmann: Nun, jetzt auf der Zielgeraden kann ich sagen, ich habe die Zeit sehr genossen. Ich konnte für mich vieles inhaltlich zusammenführen. Nach Festivals für zeitgenössische Musik, nach 14 Jahren als künstlerische Direktorin des Konzerthauses in Berlin und anderen Stationen war es ein Vergnügen und Privileg, an diesem wunderbaren Ort arbeiten zu dürfen. Ich hatte künstlerisch Beinfreiheit, konnte inhaltlich aus dem Vollen schöpfen, natürlich im Rahmen begrenzter finanzieller Möglichkeiten. Und ich hatte tolle Mitstreiter.

Haben Sie weitere berufliche Pläne?
Hoffmann: Schon noch ein bisschen. Erfahrungen weitergeben, Gremien- und Juryarbeit, spezielle Projekte - aber alles in größter Freiheit.

Was soll in Ihrem Leben stärker Gewicht bekommen?
Hoffmann: Alles, was bisher zu kurz gekommen ist!

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Schwetzinger Woche
Ausgabe 22/2024

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