Heilanstalt für die besseren Stände

Wer in Schömberg die Spuren der ehemaligen „Neuen Heilanstalt“ sucht, der wird im Gelände der Celenus Klinik im Dr.-Schröder-Weg fündig. Die historische...
Ansicht der Heilanstalt 1905
1905 war in der Umgebung der Neuen Heilanstalt noch wenig vom späteren Glanz des Kurorts Schömberg zu spüren.Foto: Archiv HGV

Wer in Schömberg die Spuren der ehemaligen „Neuen Heilanstalt“ sucht, der wird im Gelände der Celenus Klinik im Dr.-Schröder-Weg fündig. Die historische Fassade ist nahezu vollständig erhalten. Zusammen mit einem Ensemble von mehreren alten Villen und einem Ökonomiegebäude ist die Anlage ein einmaliges Beispiel für die Architektur der Gründerzeit des Kurorts Schömberg. Aber nicht nur die Architektur, sondern auch die Pionierarbeit, die in dieser Einrichtung geleistet wurde, ist es Wert beachtet zu werden. Hier wurde ein Stück Medizingeschichte geschrieben. „Die Neue Heilanstalt dient der Behandlung Lungentuberkulöser der besseren Stände“, so ist es zu lesen in einer Beschreibung der Deutschen Lungenheilstätten von 1913. Diesem Anspruch suchte die private Heilstätte vom Anfang bis zu ihrem Ende gerecht zu werden.

Zehn Jahre nach der Entdeckung des Schömberger Heilklimas durch Hugo Römpler gründete der Lungenfacharzt Dr. Baudach 1899 das zweite Schömberger Sanatorium, die Neue Heilanstalt. Das Haus lag am Ostrand der Ortschaft, an der Straße nach Bad Liebenzell. Die Lage in einer Talmulde bot besonderen Schutz gegen die Ost- und Nordwinde. Noch im Jahr der Gründung starb Dr. Baudach und die ärztliche Leitung übernahm Dr. Georg Schröder, der in dieser Funktion dann 43 Jahre tätig war.

Wer heute vom Ortskern herkommend in den Dr.-Schröder-Weg einbiegt und von da das ausgedehnte Parkgelände der Celenus Klink betritt, ahnt nicht, wie die Verhältnisse zu Beginn waren. Die Verbindung mit dem Ort bestand aus einer schlechten Dorfstraße, die bei Regen für die Patienten nicht benutzbar war. Die Zimmer für die 40 Kranken waren nur zum Teil beheizbar, das Wasser wurde mit einer Handpumpe einem Tiefbrunnen entnommen. Doch unter dem tatkräftigen Chefarzt Schröder entwickelte sich die Neue Heilanstalt von Jahr zu Jahr weiter, bis sie 150 Patienten aufnehmen konnte. Dass bei einer solchen Entwicklung auch Pioniere vorübergehend Umwege gehen, kann man einem Bericht von Schröder aus dem Jahre 1901 entnehmen: „Die Centralbeleuchtung ist mit dem Gaslicht „Phöbus“ durchgeführt. Wir sahen von einer elektrischen Beleuchtungsanlage ab, weil die hygienischen Vorzüge dem Gasglühlicht gegenüber nicht groß, für manchen überhaupt nicht vorhanden sind, und weiter Kurzschlüsse gefährlich werden können“.

Ausgesprochene Pionierarbeit leistete Schröder auf dem Gebiet der Klimaforschung. Mit seinen Arbeiten zu diesem Thema und der Anwendung der Erkenntnisse bei der Behandlung Tuberkulosekranker in der Neuen Heilanstalt hat er sich ein Denkmal gesetzt und Schömberg als Kurort in der ganzen Welt bekannt gemacht. Er hat nachgewiesen, dass das Klima von Schömberg alle Bedingungen erfüllt, die für die klimatische Behandlung von Erkrankungen der Atmungsorgane gefordert werden. Das Heilklima ist auch heute noch ein wichtiges Kapital des heilklimatischen Luftkurorts Schömberg. Schröder hat aber auch bei der Erforschung des Einflusses der Ernährung bei der Behandlung von Tuberkulosekranken wichtige Beiträge geleistet. Auch der Impfstoff „Thyteban“ wurde von ihm und seinen Mitarbeitern in den Laboratorien der Neuen Heilanstalt entwickelt.

Von Anfang an beherbergte die Neue Heilanstalt ausländische Patienten, vor allem wohlhabende Russen und Amerikaner. Als der 1. Weltkrieg ausbrach, mussten 25 Russen mit dem letzten Zug in die Schweiz befördert werden. Nur wenige Schwerkranke blieben zurück. Die Anstalt musste schon bald bis zu 120 Offiziere aufnehmen, die selbstverständlich ihre Burschen mitbrachten. Ab 1916 war man dann wieder vorwiegend mit Privatpatienten belegt. Auch während des 2. Weltkrieges waren zum großen Teil Wehrmachtsangehörige in der Neuen Heilanstalt untergebracht. Den Bombenangriff von 1942 überstand die Anlage unbeschädigt und auch der spätere Artilleriebeschuss richtete keine allzu großen Schäden an. Nach dem Tode von Dr. Schröder im Jahre 1942 wurde die Neue Heilanstalt in „Waldsanatorium Dr. Schröder“ umbenannt.

Nach dem Krieg leerte sich das Sanatorium zunächst fast völlig, doch schon bald setzte der Patientenstrom wieder ein. Unter den Heilung suchenden waren Hans-Dietrich Genscher, der spätere Deutsche Außenminister, Bubi Scholz, später Europameister im Boxen, sowie der bekannte Fußballer Hannes Löhr. Erwin Lehn war nicht nur als Patient da, sondern gab später mehrmals Kurkonzerte mit seinem Stuttgarter Rundfunkorchester in Schömberg. Da diese Persönlichkeiten ihre Karriere nach der Kur im Waldsanatorium gemacht haben, muss diese wohl sehr wirksam gewesen sein.

1974 ereilte das Waldsanatorium das Schicksal fast aller Tuberkulosesanatorien. Die Einrichtung wurde geschlossen und nach einem großzügigen Umbau und Ausbau eine Fachklinik für Psychosomatische Erkrankungen eingerichtet. Heute gehört die Celenus Klinik zu den traditionsreichen Einrichtungen der Medizin in Schömberg, seit 135 Jahren steht noch ein Teil der Gebäude mit ihren historischen Fassaden im Dienst der menschlichen Gesundheit. Friedrich Eschwey

Neugierig geworden?

Dann kommen Sie zum „Ortsgeschichtlichen Rundgang“ am Tag des offenen Denkmals am 14. September 2025.

Treffpunkt: 10 Uhr, Rathaus Schömberg.

Winterbild der Klinik aus dem Jahr 2006
Die Klinik Schömberg im Jahre 2006, die Nachfolgerin des Waldsanatoriums Dr. Schröder.Foto: Archiv HGV
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von Gemeinde Schömberg
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