Der traditionelle Höhepunkt im Reisejahr der Heimatfreunde Grötzingen fand auch in diesem Jahr wieder regen Zuspruch: Am Dienstag, den 20. Mai, startete die sechstägige Kulturfahrt – diesmal in den Norden Deutschlands. Ziele der Reise waren unter anderem das malerische „Alte Land“ an der Niederelbe, die Hansestädte Stade und Bremerhaven sowie das renommierte Künstlerdorf Worpswede.
Bereits frühmorgens um 6 Uhr versammelten sich die Teilnehmenden am Bahnhof in Grötzingen. Das Rollen der Koffer kündigte die bevorstehende Reise an. Der Bus des bewährten Reiseunternehmens Friedmann traf pünktlich ein. Das Gepäck wurde verstaut – und los ging es in Richtung Norden über Darmstadt, Frankfurt, Kassel, Hannover und Osnabrück. Dank günstiger Verkehrsbedingungen und kurzer Pausen erreichte die Gruppe bereits um 16.30 Uhr das Ziel: das 4-Sterne First-Class-Superior Hotel „Stader Hof“ im Herzen des Alten Landes. Nach dem Bezug der komfortablen Zimmer blieb noch etwas Zeit für einen ersten Erkundungsspaziergang in der Umgebung, ehe der Abend beim gemeinsamen Essen und einem geselligen Ausklang an der Piano-Bar ausklang.
Der zweite Reisetag begann mit einem üppigen Frühstücksbuffet, dem eine Stadtführung durch Stade folgte. Zwei sachkundige Gästeführerinnen führten die Gruppe durch die charmante Altstadt mit ihren kopfsteingepflasterten Gassen, gut erhaltenen Fachwerkhäusern und historischen Plätzen. Besonders eindrucksvoll war der Besuch des Fischmarkts mit seinem rekonstruierten Holztretkran und der umliegenden historischen Architektur. Den kulturellen Höhepunkt bildete ein kleines Orgelkonzert in der Kirche St. Cosmae et Damiani auf der originalen Arp-Schnitger-Orgel aus dem 17. Jahrhundert. Am Nachmittag bot eine entspannte Fleetkahnfahrt auf dem Stader Burggraben neue Perspektiven auf die Hansestadt.
Am dritten Tag stand ein besonderes kulturelles Highlight auf dem Programm: der Besuch des Künstlerdorfs Worpswede. Die Verbindung zur Grötzinger Künstlerkolonie – beide sind Mitglieder im europäischen Netzwerk historischer Künstlerkolonien – wurde dabei spürbar greifbar. In zwei Gruppen erkundeten die Heimatfreunde das von Moorlandschaften umgebene Dorf, dessen Atmosphäre einst Künstlergrößen wie Paula Modersohn-Becker, Heinrich Vogeler, Clara Westhoff und Rainer Maria Rilke anzog. Neben der Führung durch die pittoresken Gassen und den beeindruckenden Ausblicken vom Weyerberg beeindruckten besondere Bauwerke wie das „Käseglockenhaus“ und das im Umbau befindliche Café Verrückt mit ungewöhnlicher Architektur. Auch das Grab der jung verstorbenen Künstlerin Paula Modersohn-Becker besuchte man. Individuelle Museumsbesuche rundeten den Tag ab: Im Paula-Modersohn-Haus erhielten die Reisenden vertiefte Einblicke in das Werk einer zu Lebzeiten verkannten Malerin, während die Worpsweder Kunsthalle unter anderem eine bewegende Ausstellung zur vergessenen Künstlerin Hanna Ahren präsentierte, deren Werk durch Zufall auf einem Flohmarkt wiederentdeckt wurde. Viele Teilnehmer äußerten im Anschluss den Wunsch, auch in Grötzingen ein Museum für die dortige Künstlerkolonie zu etablieren – als bleibende Würdigung ihres kulturellen Erbes.
Am vierten Tag ging es nach Bremerhaven, wo zwei eindrucksvolle Programmpunkte warteten: Der Besuch im Deutschen Auswandererhaus vermittelte den Heimatfreunden ein intensives Erleben der deutschen Aus- und Einwanderungsgeschichte. In detailgetreuen Nachbauten historischer Schauplätze erfuhren die Besucher hautnah, wie sich Abschied und Aufbruch für über sieben Millionen Auswanderer seit 1852 gestalteten. Nach einer Mittagspause wartete ein weiterer Höhepunkt: eine rund 90-minütige Hafenrundfahrt auf einem verglasten Ausflugsschiff. Dabei erhielten die Gäste faszinierende Einblicke in das moderne Hafenleben mit seinen riesigen Containerschiffen, Autoverladeplätzen, Docks und Werften – fachkundig kommentiert vom Kapitän selbst.
Der fünfte Reisetag stand ganz im Zeichen des Alten Landes, dem größten zusammenhängenden Obstanbaugebiet Norddeutschlands. Inmitten blühender Apfel- und Kirschbäume erfuhren die Teilnehmer Wissenswertes über Geschichte, Anbau und Verarbeitung der Früchte – etwa auf einem typischen Obsthof, wo auch eine gemütliche Kaffeetafel mit regionalen Köstlichkeiten wartete. Das Alte Land, das vor 900 Jahren noch ein unwegsames Sumpfgebiet war, wurde von holländischen Siedlern in eine einzigartige Kulturlandschaft verwandelt. Eindrucksvoll waren auch die reich verzierten Fachwerkhäuser und die berühmten Brauttüren, die vielerorts zu entdecken waren.
Am sechsten Tag hieß es Abschied nehmen. Nach einem letzten Frühstück startete der Bus um 8.30 Uhr in Richtung Heimat. Während der Rückfahrt bedankte sich Lena Raviol im Namen der Heimatfreunde bei Helga und Harald Schwer für die engagierte und reibungslose Organisation der Reise. Auch das Jahresprogramm des Vereins wurde vom zweiten Vorsitzenden vorgestellt. Am frühen Abend, gegen 19 Uhr, erreichte die Gruppe wohlbehalten und mit vielen neuen Eindrücken im Gepäck wieder Grötzingen. Einhelliger Tenor unter den Teilnehmenden: Die Reise war ein voller Erfolg – informativ, kulturell bereichernd und geprägt von vielen eindrucksvollen Momenten, die noch lange in Erinnerung bleiben werden. (HS; Eß/red)