Der freiberufliche Historiker und Schriftsteller Clemens Tangerding war Leiter des Projektes „Das Dritte Reich und WIR“. Ein partizipatives Projekt, an dem auch der Heimatverein Neuenbürg teilgenommen hatte – und im April 2024 vom Dokumentationszentrum München mit dem renommierten Geschichtspreis gewürdigt wurde – (der Kraichtalbote hatte ausführlich darüber berichtet).
Am Freitag, 1. November (Allerheiligen) stellt Clemens Tangerding auf Einladung des Heimatvereins Neuenbürg sein aktuelles Buch „Rückkehr nach Rottendorf“ im Rahmen einer Lesung in der Mehrzweckhalle Neuenbürg vor. Dabei geht es um die Aufarbeitung der Zeit zwischen 1933 und 1945 in der sogenannten Provinz, also in verschiedenen Städten und Gemeinden Deutschlands. Der Heimatverein Neuenbürg hatte das Ergebnis seiner Recherchen im Jahre 2023 in einem knapp einstündigen Dokumentarfilm (zu sehen auf YouTube unter den Schlagworten: Das Dritte Reich und Wir, Neuenbürg) präsentiert. Clemens Tangerding geht in seinem Buch „Rückkehr nach Rottendorf“ (eine Gemeinde im unterfränkischen Landkreis Würzburg) auf seine persönlichen Erfahrungen, die er durch die Begegnung mit den insgesamt 10 Teilprojekten machte, ein und sagt, dass man in den sozialen Medien leicht schreiben könne: „Wer Faschisten wählt, macht sich mitschuldig“. Doch wer Faschisten wählt, fährt auch unsere Kinder zur Schule, steht nachts an der Tankstelle oder erneuere das Pflaster auf dem Kirchplatz. In Debattenräumen würden wir uns leicht zurückziehen können. „Wir sind dort nicht aufeinander angewiesen, müssen uns nicht einigen und keine Aufgaben erledigen. Doch die meisten Menschen in unserem Land sind stärker von Erfahrungen geprägt als von Debatten.“ Clemens Tangerding führt uns weg von den Polarisierungen und dorthin zurück, wo die Fähigkeit, auch unter erschwerten Bedingungen zusammenzufinden, erstaunlich lebendig ist. Als promovierter Historiker kehrt der 1977 in Würzburg geborene „Stadtmensch“ Clemens Tangerding, der mit seinen drei Geschwistern in Rottendorf aufwuchs und für sein Studium in die Großstadt zog, aufs Land zurück. Was ihm dort, nicht zuletzt im kleinen Kraichtaler Stadtteil Neuenbürg, widerfährt, überraschte ihn vielfältig. Das spannende Lesewerk „Rückkehr nach Rottendorf – Von Rechten, Linken und anderen normalen Menschen“ ist ein Buch über Debattenkultur, das aber überraschenderweise die Bedeutung von Debatten relativiert. Der Rat des Autors, der nach dem Abitur am Egbert-Gymnasium der Benediktinerabtei Münsterschwarzach Geschichte und Deutsch studierte: „Weniger reden, mehr machen“. Tangerding, der heute mit seiner Familie in Luckenwalde/Brandenburg lebt: „Die meisten Menschen verändern ihr Verhalten nicht durch Argumente, sondern durch veränderte Erfahrungen“. Der viel debattierte Rechtsruck und die antidemokratische Stimmung begegnen ihm dabei so gut wie nicht. Das Buch von Dr. Clemens Tangerding weckte seit dem Erscheinungstermin Ende August reges mediales Interesse. Die Wochenzeitschriften „Spiegel“ und „Stern“ interviewten den Autor, 3sat sendete Anfang Oktober einen Bericht über ihn. In der Radio-Sendung SWR1 „Leute“, die am Vormittag des 29. Oktober von 10 Uhr bis 12 Uhr gesendet wird, kommen schwerpunktmäßig seine Erfahrungen mit den Teilprojekten Baden-Württembergs und den Kommunen Kraichtal-Neuenbürg und St. Georgen zur Sprache.
Drei Tage später, am 1. November, besteht dann im Rahmen der Veranstaltung in Neuenbürg auch die Möglichkeit zu einem Gespräch und einer Diskussion mit dem Autor. Die Moderation übernimmt Hartmut Hubbuch, 1. Vorsitzender des Heimatvereins Neuenbürg. Bei dieser Lesung werden auch Ausschnitte aus dem genannten Film des Heimatvereins gezeigt. Für die musikalische Umrahmung sorgt Severin Frank, Mitglied des Heimatvereins, mit selbst komponierten Instrumentaltiteln. Der Eintritt für diese Veranstaltung ist frei. Die Halle wird um 15 Uhr geöffnet, die Lesung beginnt um 16 Uhr. „Es werden Kaffee und selbst gebackener Kuchen, sowie ein kleines Vesper und Getränke gereicht“, heißt es. (hjo)