„Die Großfamilie, die Volksbank und der Gesang, das waren die wichtigen Dinge im Leben meines Vaters“, sagt Doris Keidel. Sie ist das mittlere der drei Kinder von Helmut Schwander und seiner Ehefrau Anni, geborene Dietz, aus Bruckberg in Franken. Geheiratet haben die beiden 1951.
Helmut Schwander wurde 1926 als Mittlerer von fünf Brüdern in der Durlacher Mittelstraße geboren. Später zog die Familie in die Zunftstraße. Sie betrieben Landwirtschaft und ein Pferdefuhrunternehmen, mit dem sie auch die Waren der anderen Bauern zum Markt nach Karlsruhe transportierten.
Helmut Schwander besuchte die Volksschule und absolvierte eine Lehre bei der Volksbank Durlach. Selbstverständlich arbeitete er weiter in der Bauernfamilie mit. Der Zweite Weltkrieg brachte ihn an die Front und in russische Kriegsgefangenschaft. „Bei der Volksbank hat er zum Schluss als Prokurist bis zur Rente gearbeitet“, berichtet Doris Keidel. „Auch danach wurde er lange beauftragt, die Volksbank Durlach zu repräsentieren.“ Er habe immer, und letztendlich vergeblich, dafür geworben, dass die Bank eigenständig bleiben müsse.
1950 trat Helmut Schwander in den Gesangverein Lyra 1864 Durlach e. V.ein. Sein Vater und seine Brüder waren dort Mitglied. Spätestens von da an nahmen der Gesang und das Vereinsleben, auch im Elferrat der Lyra, einen großen Raum in seinem Leben ein. Immer wieder hatte er Ämter inne. Er war eine Zeit lang erster Vorsitzender und engagierte sich als Mitgründer des Jugendchors. Später trat er als aktiver Sänger zusätzlich in den Bäckergesangverein „Sängerkranz Durlach“ ein. „Die Singstunden hatten einen festen Platz in seinem Alltag“, sagt Doris Keidel. „Es gab überhaupt nichts, was ihn davon abhalten konnte, hinzugehen.“ In jungen Jahren holte er ältere Sänger, die den Weg alleine nicht mehr schaffen konnten, ab. Als alter Mann wurde er selbst sehr lange von Jüngeren befördert.
„Mein Vater war immer hilfsbereit und offen“, so Doris Keidel weiter. „Wenn er jemanden oder etwas unterstützen konnte, hat er das getan.“ Ob das bei einer Notlage in der Familie, auch bei der Herkunftsfamilie von Anni, in der Nachbarschaft, im Verein war oder ob einer der frühen Gastarbeiter an einem deutschen Formular scheiterte – Helmut Schwander nahm sich Zeit, die Probleme zu lösen.
Eine seiner Lösungen ist noch heute in Durlach präsent: der Durlacher Frauenchor 1987 e. V. „Die Lyra ist ein Männergesangverein“, berichtet Doris Keidel. „Doch auch die Frauen dieser Männer wollten gerne singen.“ Die Lyra-Sänger waren jedoch nicht bereit, sie aufzunehmen. Also regte Helmut Schwander an, dass die Frauen einen eigenen Chor gründen sollten. Er sorgte für eine Anfangsfinanzierung und übernahm in den ersten Monaten den Vorsitz.
Anni und Helmut Schwander wohnten seit 1953 in der Bleichstraße im Obergeschoss. Später zog Doris Keidel mit ihrer Familie ins Erdgeschoss. 2003 starb Anni Schwander. Die Tochter kümmerte sich gemeinsam mit der Familie um ihn, ab 2019 unterstützt von Ganztages-Pflegekräften. 2023 schließlich verhinderte der Alterungsprozess eine weitere Pflege zuhause und Helmut Schwander zog um ins Seniorenzentrum Parkschlössle - Heimstiftung Karlsruhe. „Dort ist er noch einmal richtig aufgeblüht“, sagt Doris Keidel. „Er hat immer gesungen und anderen Bewohnern oft ein Ständchen gebracht.“ Am 20. Juni 2024 ist Helmut Schwander im Alter von 98 Jahren gestorben. Als er am 5. Juli auf dem Durlacher Bergfriedhof beerdigt wurde, sangen der Frauenchor und die Chorgemeinschaft Bäckergesangverein Durlach und Gesangverein Lyra Durlach unter anderem sein Lieblingslied „Sancta Maria“. (rist)