Bis in das 19. Jahrhundert gab es keine genauen topographischen Karten in unserer Region und natürlich auch kein GPS für eine digitale Grenzerfassung. Die Ammerbucher Ortschaften wurden auch erst ab 1818 kartographisch erfasst. Vorher gab es für einige hundert Jahre für Grenzfestlegungen nur Grenzsteine, wenige maßstabsungetreue Kartenskizzen und dann ab dem 18. Jahrhundert hier in der Region Grenzbeschreibungen. Diese Dokumente beschrieben erstmals den genauen Verlauf der Gemarkungsgrenze, die dort befindlichen Grenzsteine und Läufer (unbeschriftete Zwischengrenzsteine), die Angrenzer, der Abstand der Steine voneinander und deren Aussehen (Inschriften, Krinne/Grenzverlaufslinie, Nummern).
Hier ein Beispiel aus der Poltringer Grenzbeschreibung (württembergische Ruthe ca. 4,6 m, Schue ca. 29 cm):
„29. Eilff-Ruthen, Dreyzehen-Schue, ein gehauener grosser Stein, an Johannes Bitzenbergers von Poltringen Wald, und Matthäus Kupplers von Pfäffingen Wingert; Rechts gegen Poltringen mit einer Rosen, Lencks gegen Pfäffing mit einem Adler, und oben drauff mit einer geraden Rennen.“
Der beschriebene Stein ist mittlerweile mehrfach witterungsbedingt zerbrochen und wurde geborgen, repariert und im Ammerbucher Grenzstein Refugium (AGR) als Nummer 30 eingebaut.
Hier die Ammerbucher Grenzbeschreibungen oder auch Untergangsprotokolle mit Namen und Entstehungsjahr. In Klammern stand die Transkribierung (Übertragung / Übersetzung aus der alten Kanzleihandschrift) und der Transkribent:
Das Beitragsbild zeigt die letzte Doppelseite (Seite 50) des Poltringer Untergangsprotokolls vom Januar 1767 mit Siegeln und Unterschriften der Beteiligten.
Von den in den Grenzbeschreibungen genannten Steinen gibt es leider, am Beispiel von Poltringen aufgezeigt, nur noch ca. 20 %. Wenn ein Grenzstein unzerstört an seinem historischen Standort steht, darf er auch nicht entfernt werden. Eine Entfernung ist gemäß § 222 Absatz 1 Ziffer 3 StGB strafbar. Hier sollte vielmehr eine Bewahrung dieser Kleindenkmale und Rechtswahrzeichen erfolgen.
Sie wissen von einem Grenzstein aus Ammerbuch, der zerstört ist und/oder nicht mehr an seinem historischen Standplatz steht, sowie besondere Inschriften trägt? Dann melden Sie sich gerne bei uns: z. B. unter heimatgeschichte@hwv-ammerbuch.de.
Ihr AGR-Team, Reinhold Bauer, Markus Hermann und Boris Dieter