Für viele Menschen in Eislingen sind die Folgen des Starkregens in der Nacht vom 2. auf den 3. Juni 2024 immer noch präsent. Vielerorts sind die Schäden noch nicht völlig behoben. Während der jüngsten Sitzung des Gemeinderates wurde am vergangenen Montag ein neues Handlungskonzept zum Starkregenmanagement vorgestellt. Am Donnerstag, 15. Mai, werden ab 18.30 Uhr die Starkregen-Gefahrenkarten in der Stadthalle Eislingen vorgestellt.
Wie schnell die eigene Wohnung zur Todesfalle werden kann, das musste ein älteres Ehepaar in Eislingen am späten Abend des 2. Juni 2024 am eigenen Leib erfahren. Das Wasser drang in die Wohnung in der Kirchstraße ein. Die Senioren waren gefangen, der Pegel stieg.
Zivilcourage und Hilfsbereitschaft
Mit einer Taschenlampe und Rufen machten sich die zwei erwachsenen Söhne der Senioren auf der Straße bemerkbar. Zufällig waren drei junge Männer zur Stelle. Ihnen wurde die missliche Lage geschildert. Sie halfen den Senioren, die Wohnung über ein Fenster zu verlassen. Für ihre Zivilcourage und Hilfsbereitschaft wurden die Retter am vergangenen Montag von Oberbürgermeister Klaus Heininger ausgezeichnet. „Die gehbehinderte Dame und ihr Ehemann erlitten, Gott sei Dank, nur leichte Unterkühlungen und konnten zur weiteren Behandlung dem Rettungsdienst übergeben werden“, schilderte der Schultes die Ereignisse der verhängnisvollen Nacht.
Christoph Seifried, Marvin Seifried und Julian Schurr hätten vorbildlich und umsichtig reagiert. „Menschen wie Sie, die zupacken, Zivilcourage zeigen, sind Vorbilder für unsere Stadtgesellschaft“, sagte Heininger. Dafür erhielten die drei Männer die öffentliche Anerkennung aus den Händen des Eislinger Oberbürgermeisters und im Namen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann in Form einer Urkunde. Darüber hinaus gab es noch einen Geschenkkorb aus den Händen des Eislinger Feuerwehrkommandanten Mario Feller.
Todesopfer forderte das verhängnisvolle Wetterereignis in Eislingen glücklicherweise nicht. Schäden an Gebäuden hat es aber viele gegeben. Wie konnte es dazu kommen, dass die Flüsse und Bäche in der Stadt - die Fils, die Krumm, der Ziegelbach und der Weilerbach - nicht wie gewohnt das Wasser abtransportierten? Die kurze Antwort: Es war zu viel Wasser in zu kurzer Zeit.
Tagelanger Regen
Durch den Dauerregen während der Tage vor dem 2. Juni waren die Böden bereits voll mit Wasser. Innerhalb von 72 Stunden hat es laut Stadt, die sich auf private Aufzeichnungen beruft, fast 148 Liter pro Quadratmeter geregnet. Die Flüsse und Bäche führten bereits viel Wasser. Als dann auch noch der Starkregen mit 47 Liter Wasser pro Quadratmeter in 100 Minuten einsetzte, wurden Teile der Stadt überflutet. Besonders betroffen war Krummwälden und der Eislinger Norden entlang der Krumm und des Ziegelbachs.
Bereits im Mai 2022 hat die Stadt das Ingenieurbüro InfraConsut mit der Bearbeitung des Starkregenrisikomanagements beauftragt. Am vergangenen Montag stellte Ulrich Haas von InfraConsult im Gemeinderat die Ergebnisse vor. In diesem Zusammenhang wurde auch auf die in den vergangenen Jahren bereits erfolgten Maßnahmen zum Hochwasserschutz hingewiesen, beispielsweise entlang der Krumm oder am Einfluss des Frauenholzbachs in den Ziegelbach. Für die Fils ist das Land zuständig. Doch auch dort gibt es laut dem Experten einen ausreichenden Hochwasserschutz.
Es gibt keinen hundertprozentigen Schutz
Was der Hochwasserschutz nicht leistet, ist ein Schutz vor den abfließenden Wassermassen bei einem Starkregen. „Das Starkregenproblem hat in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen“, meinte Haas. Die modernen Kanalnetze sind nicht auf diese Massen ausgelegt. Das Wasser sucht sich seine Wege über die Oberflächen, wenn die Kanäle voll sind. Was genau passiert bei einem Starkregen, kann nun in der neuen Starkregengefahrenkarte nachgesehen werden. Dort werden Überschwemmungsflächen, Überflutungstiefen, Fließrichtung und Fließgeschwindigkeit für verschiedene Wetterintensitäten angezeigt.
Die Veröffentlichung der Gefahrenkarte soll Immobilienbesitzern zeigen, ob ihre Häuser gefährdet sind. Bei schweren Wetterereignissen gehe der Gesetzgeber von einer gewissen Eigenvorsorge aus, so Haas. Wenn das eigene Haus gefährdet ist, rät er zu Hochwasserschutzmaßnahmen. Diese müssten nicht immer sehr teuer sein. „Es gibt auch einfache und kostengünstige Lösungen“, versprach der Experte. Zuweilen helfen schon sogenannte Verwallungen an Türen, Fenstern oder Lichtschächten. Gleichzeitig betonte er jedoch, dass es bei extremen Wetterereignissen keinen hundertprozentigen Schutz gebe.
Eine Folge aus dem Vorgetragenen ist es für die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ulrike Haas, bei der zukünftigen Stadtplanung noch mehr als bisher darauf zu achten, dass Flächen möglichst wenig versiegelt werden. Dieses Ansinnen befürwortete auch der Experte Ulrich Haas.Er sagte: Starkregen und Trockenzeiten sind eng miteinander verwobene Themen.“
Läuft die Mühlbachtrasse bei Starkregen voll?
Die CDU hob hervor, dass aus ihrer Sicht der Hochwasserschutz in Krummwälden noch nicht ausreichend sei. „Die Hochwassermauern wurden überschwemmt“, berichtete der Fraktionsvorsitzende Hans-Jörg Autenrieth. Gleichzeitig appellierte er an die Eigenverantwortung der Immobilienbesitzer. „Es gibt Häuser, die wurden in hundert Jahren drei Mal überschwemmt“, verdeutlichte er.
Im Zusammenhang mit den Überflutungen des vergangenen Jahres beschäftige außerdem viele Menschen die Frage, was mit der Osttangente und der Mühlbachtrasse bei Starkregen passiere. Laut Autenrieth sorgten sich viele Menschen, dass Einsatzkräfte nicht mehr von Nord nach Süd und umgekehrt kommen. Eislingens Tiefbauamtsleiter Martin Fischer betonte, dass die Unterführungen mit Pumpen und Notstromaggregat ausgestattet seien. Und sollten die Pumpen aus irgend einem Grund nicht mehr funktionieren, könnten die Rettungskräfte immer noch über die Westtangente fahren. bra