Immanuel Kant bei junge alte, vorgestellt von Kerstin Koblitz

Das eigene moralische Verhalten zum Gesetz machen! „Kants revolutionäre Gedankenwelt – Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“, darüber...
Juliane Aschoff vom Beirat "junge alte" stellt die Referentin Kerstin Koblitz vor.
Juliane Aschoff vom Beirat "junge alte" stellt die Referentin Kerstin Koblitz vor.Foto: rist

Das eigene moralische Verhalten zum Gesetz machen!

„Kants revolutionäre Gedankenwelt – Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“, darüber spricht die promovierte Germanistin und Philosophin Kerstin Koblitz bei junge alte im Rahmen der Evangelischen Erwachsenenbildung im Gemeindehaus Am Zwinger.

Der Philosoph Immanuel Kant (1724 - 1804) habe erläutert, was Aufklärung ist: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.“

Selber denken!

Ausgang bedeute, dass Aufklärung ein Prozess ist. Unmündigkeit bedeute den Verzicht auf den eigenen, selbstständigen Verstandesgebrauch. Selbstverschuldet bedeute, dass Mut und Entschließung fehlen. Zur Aufklärung, so sagt Kerstin Koblitz weiter, sei nach Kant die Freiheit erforderlich, von der „Vernunft in allen Stücken öffentlichen Gebrauch zu machen“. Der Wahlspruch der Aufklärung laute also: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Kerstin Koblitz sagt: „Noch heute gilt das als Appell an alle, zu prüfen, ob sie selbst denken oder sich von Medien und anderen Dingen beeinflussen lassen“, so Kerstin Koblitz.

Wissen? Tun?

„Kant formuliert die vier Grundfragen der Philosophie“, sagt sie weiter, „1. Was kann ich wissen?, 2. Was soll ich tun?, 3. Was darf ich hoffen? und 4. Was ist der Mensch?“ Sehr knapp wiedergegeben bedeutet das, dass erstens danach gefragt wird, „wie wir durch bloßes Nachdenken die Welt der Wirklichkeit erkennen können“. Die reine Vernunft steht dafür, dass wir etwas im Vorhinein erkennen können, bevor wir es erfahren oder wahrgenommen haben. Zweitens sollen wir uns nach der Vernunft, praktisch-sittlich verhalten. Dabei sind Kants sittliche Ansprüche absolut. Die Folge ist sein „kategorischer Imperativ“, eine Aufforderung ohne Wenn und Aber: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.“ Der Mensch, im Konflikt zwischen Neigung und Moral, hat die Freiheit, moralisch gut nach einem inneren moralischen Gesetz, also dem kategorischen Imperativ, zu handeln, was allerdings auch seine Pflicht ist.

Hoffen?

Die Hoffnung, drittens, richtet sich auf eine möglicherweise glückliche Zukunft. „Alles geht auf Glückseligkeit“, so Kerstin Koblitz. „Wenn ich tue, was ich soll, mache ich mich des Glückes würdig.“ Allerdings: Eine eigene oder allgemeine Glückseligkeit kann nur als Maxime, also Leitsatz, nicht jedoch als Gesetz, gelten. Sie ist, nach Kant, durch Gott hergestellt und auch in der Natur zu finden.

Unsterblichkeit der Seele

Da der Mensch sich sittlich verhalten muss, ist er genötigt, an Gott und eine Unsterblichkeit zu glauben. Sonst gibt es keine Einsicht in die Sinnhaftigkeit der Welt. „Die Welt ist nur dann als vernünftig vorstellbar, wenn es ein Wesen, also Gott, gibt, das einen Ausgleich schafft“, so Kerstin Koblitz. Im Diesseits ist das nach Kant nicht möglich. Dazu braucht es die Unsterblichkeit der Seele, die einen Ausgleich im Jenseits erfährt.

Menschsein?

Viertens ist der Mensch durch sein inneres moralisches Gesetz und durch die Vernunft zum Nachdenken über das Gute befähigt. Er ist ein moralisches Selbstzweck-Konzept mit dem Recht auf Freiheit. „Dieser Freiheit sind nach Kant dort Grenzen gesetzt, wo die Freiheit des anderen anfängt“, so Kerstin Koblitz. „Kant ist also ein Verfechter von Rechtsstaat und Demokratie.“ Er sagt, Frieden komme nicht von allein, sondern muss gestiftet werden. „Seine Schriften sind hochaktuell“, sagt die Referentin. „Sie machen uns aufs Neue bewusst, unser Denkvermögen wieder wertzuschätzen, und uns und unsere gesellschaftlichen Verhältnisse nicht mit fremden Meinungen, sondern durch Selbstdenken zu hinterfragen.“ (rist)

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