Kraichtal-Oberacker … von Hans-Joachim Of
Die EnBW-Energie Baden-Württemberg AG hatte kürzlich zu einer weiteren Informationsveranstaltung zum Thema „Windkraft“ in die Mehrzweckhalle nach Oberacker geladen und zahlreiche Bürger aus den neun Stadtteilen, sowie Bürgermeister Tobias Borho, Verwaltungsangestellte und Gemeinderatsmitglieder, wollten sich über den Stand des Vorhabens informieren.
Bekanntlich sollten nach einem Entwurf des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein zunächst auf neun Vorranggebieten maximal 21 Windräder ihren Standort haben. An Stellwänden und Info-Tafeln konnten sich die Besucher nun über Themenfelder wie „Bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung mit Signalleuchten“, „Natur bewahren und Verantwortung für Tiere und Pflanzen übernehmen“, „Bau eines Windparks und der klassische Ablauf“, „Konkrete Fakten“, „Beitrag zur Energiewende“, „Grünstrom für Kraichtal“ und „Wo können Windparks entstehen“ auf den Stand bringen. Auf letztere Frage gingen Dr. Matthias Proske, Präsident des Regionalverbands, sowie EnBW-Projektleiterin Natascha Rauchfuß in ihrer Präsentation ein. Beide machten deutlich, dass die endgültigen Vorranggebiete für Windkraft keinesfalls feststünden. „Wir rechnen mit einer Entscheidung im nächsten Jahr“, hieß es. Tatsache ist, dass auf Gemarkungen in Unteröwisheim, Oberöwisheim, Münzesheim und Oberacker ein Windpark mit aktuell 19 Windrädern, verteilt auf die genannten Stadtteile, geplant ist. Sobald das Landratsamt als Genehmigungsbehörde die entsprechenden Unterlagen und Gutachten zusammengetragen hat und die Untersuchungen abgeschlossen seien, könne „Grünes Licht“ für den Bau ab dem Jahre 2027 gegeben werden. „Voraussetzung hierfür ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung“, so Proske. Ein Jahr später könne mit der Inbetriebnahme gerechnet werden, war aus dem Zeitstrahl der Präsentation ersichtlich. Dass die Windräder kommen werden, ist sicher. Allerdings hatte der Kraichtaler Gemeinderat in einer Stellungnahme zu Jahresbeginn das Vorranggebiet auf dem Landskopf im Stadtteil Menzingen mit vier Windrädern herausgenommen. Die Gebiete, um die es jetzt geht, befinden sich in kommunalem Besitz und könnte der Stadt somit Pachteinnahmen bringen. Für Kraichtals parteilosen Bürgermeister Tobias Borho eine „gute Sache“, da man ein Mitsprechrecht bei der Entscheidungsfindung habe. Für viele Teilnehmer, darunter Befürworter mit einem Aufkleber „Energiewende jetzt“ und Kritiker der Initiative „Windkraftfreies Kraichtal“, war die Veranstaltung und der ausgerufene Bürgerdialog nach rund 20 Minuten überraschend offiziell bereits zu Ende. Die Besucher wurden darauf hingewiesen, dass man sich an den Themeninseln in der Halle bei weiteren EnBW-Mitarbeitern informieren, auf einem Formblatt seine Fragen formulieren und in eine der aufgestellten Boxen werfen könne. Dass viele Fragen im Detail offen blieben und statt eines Dialogs lediglich ein Monolog geführt wurde, stieß manchen Gästen sauer auf. „Wenn das Motto schon ‚Gemeinsam die Zukunft gestalten‘ heißt, sollte man auch öffentlich seine Fragen stellen dürfen und eine zufriedenstellende Antwort erhalten“, so ein Einwohner aus Unteröwisheim. Dort wird bekanntlich auf dem früheren Sportgelände in unmittelbarer Nähe zur Eisenhutschule im nächsten Jahr der 1,4 Hektar große Bürgersolarpark in Betrieb gehen. Damit Kraichtals Bürger bei der EnBW-Veranstaltung die richtigen Fragen stellen konnten, hatte der „Initiativkreis Kraichgau Energie“ bereits einen Tag zuvor an zentraler Stelle der Stadt eine rund 30 Quadratmeter große Karte mit dem Gebiet der gesamten Stadt Kraichtal ausgelegt, wobei kleine Plexiglasmodelle mit Windrädern maßstabsgetreu (in Wirklichkeit sind es 700 Meter) auf den Vorrangebenen dargestellt wurden. Initiator Klaus Schestag, Experte für Solarstrom, informierte hier wie dort, dass ein Windrad rund 15 Prozent des Kraichtaler Strombedarfs abdecken könne. Der Dipl. Bauingenieur aus Oberacker war bei der Veranstaltung in der Mehrzweckhalle ebenfalls vor Ort und präsentierte im kleinen Kreis seine Expertise im DIN4-Format wesentlich anschaulicher. Dass das Thema „Klima“ eines der wichtigsten Themenfelder für die Menschheit geworden ist, zeigen die Ereignisse in jüngster Zeit fast überall auf der Welt. So hatte die Stadt Kraichtal zusammen mit der „Projektgruppe Klima“ ebenfalls in diesen Tagen zum zweiten Kraichtaler Klimatag in die Markgrafen-Gemeinschaftsschule Münzesheim geladen. Dabei ging es jedoch weniger um Windkraft oder Photovoltaik, sondern um „Energetische Gebäudesanierung“, „Wie mache ich mein Gebäude für die Zukunft fit“ oder die Erfahrung mit Nahwärmenetzen. Übrigens: Klima ist laut Umweltbundesamt der mittlere Zustand der Atmosphäre an einem bestimmten Ort oder einem bestimmten Gebiet über einen längeren Zeitraum. Dabei spielen Faktoren und dynamische Prozesse wie Temperatur, Luftdruck, Wind, Feuchtigkeit, Niederschlag und Bewölkung eine Rolle.