Schon bald müssen sich die aktuellen Viertklässler und ihre Eltern entscheiden, auf welcher Schule es im Herbst weitergehen soll. Mit wie viel Aufwand die Bildungseinrichtungen um ihre Gunst werben, zeigt das Beispiel der Steiner Heynlinschule.
In der Aula dokumentiert eine Foto-Ausstellung besondere Aktivitäten, auf der Bühne präsentieren sich die Bildungspartner, im Technikraum wird Holz gesägt, in der Küche frisch gekocht. In nahezu allen Räumen der Steiner Heynlinschule ist etwas geboten. Mit viel Einsatz, Kreativität und Mühe zeigt sich die Werkrealschule einen Nachmittag lang von ihrer besten Seite. Ähnliche Aktionen gibt es derzeit überall im Enzkreis. Viele weiterführende Schulen wollen die aktuellen Viertklässler und vor allem deren Eltern auf sich und ihr Angebot aufmerksam machen. Denn diese müssen sich schon bald entscheiden, wo und wie es ab dem Herbst für sie weitergehen soll. Um ihnen dabei zu helfen, legen sich in der Region nicht wenige Bildungseinrichtungen ordentlich ins Zeug: unter anderem mit Vorträgen, Führungen durch die Gebäude und Mitmachaktionen. An der Steiner Heynlinschule hat man sich für einen Tag der offenen Tür entschieden, der zahlreiche Interessierte anlockt. Zwar richtet sich die Veranstaltung in erster Linie an die aktuellen Viertklässler und ihre Eltern. Willkommen sind aber auch die Eltern der aktuellen Schüler und junge Menschen, die über einen Schulwechsel nachdenken. „Wir wollen konkurrenzfähig bleiben“, sagt Rektorin Stefanie Stadtaus, die die Veranstaltung möglichst niederschwellig gestalten wollte. Denn sie hat den Eindruck, dass die Eltern und ihre Kinder sich heute sehr genau darüber informieren wollen, wie es schulisch für sie weitergeht.
Den persönlichen Kontakt hält die Rektorin dabei auch deshalb für unerlässlich, um die Vorurteile abzubauen, die es über Werkrealschulen im Allgemeinen immer noch gibt. Dass sie nicht zutreffen, zeigen in Stein schon die nackten Zahlen: Laut Stadtaus wechseln dort mehr als 90 Prozent der Absolventen entweder in eine Ausbildung oder an ein berufliches Gymnasium. Dass dem so ist, führt die Rektorin auch auf das umfangreiche, weit über den Bildungsplan hinaus reichende Angebot zurück, das die Werkrealschule ihren Schülern macht. Sie denkt dabei etwa an das Thema Prävention, das sich über alle Klassenstufen erstreckt und unter anderem ein Sozialtraining, Projekte zu Gewalt, Drogen und Mobbing im Internet umfasst. Aber Stadtaus verweist auch auf die Kunstprojektwoche, auf ein alle vier Jahre stattfindendes Zirkusprojekt und zahlreiche erlebnispädagogische Formate wie Besuche im Klettergarten, ein Kartoffelprojekt oder Landschulheim-Aufenthalte.
„Wir wollen die Kinder fit machen für die Zukunft“, sagt Stadtaus, für die es dabei auch darum geht, einen Bezug zum Alltag, zur Lebensrealität und zum Arbeitsleben herzustellen. Deswegen spielt an der Heynlinschule die Berufsorientierung eine große Rolle, etwa durch Berufsorientierungstage für die Achtklässler, durch Workshops, durch eine eigene Ausbildungsbörse, ein Orientierungspraktikum beim Internationalen Bund, einen Besuch an der Alfons-Kern-Schule und einen regen Austausch mit dem Berufsberater der Agentur für Arbeit. Mit zahlreichen Firmen aus der Region unterhält die Schule Bildungspartnerschaften, die den Schülern unter anderem Betriebsbesichtigungen, Praktika, Bewerbertrainings und Workshops ermöglichen. Drei Bildungspartner haben am Tag der offenen Tür in der Aula ihre Stände aufgebaut, nicht weit entfernt von einer Ausstellung über erlebnispädagogische Projekte. In den Klassenzimmern warten naturwissenschaftliche Experimente, ein kniffliges Quiz und eine Maschine, mit der man selbst Buttons herstellen kann. Im Technikraum kann man Erinnerungen aus Holz herstellen, in der nagelneuen Sporthalle einen Bewegungsparcours absolvieren.
Lehrer stehen für Beratungsgespräche zur Verfügung. Schüler betreuen die Stationen, beantworten Fragen und kümmern sich um die Bewirtung. Mehr als die Hälfte von ihnen ist im Einsatz: ehrenamtlich, in der eigenen Freizeit. „Die Schüler sind ganz arg stolz, sich zu präsentieren“, sagt Stadtaus. Die Rektorin freut sich über das Engagement der Jugendlichen und hat den Eindruck, dass sie sich mit ihrer Schule identifizieren. Sie spricht von einem guten Miteinander, das aus ihrer Sicht auch durch die Klassenlehrerstunden zustande kommt. Denn sie erlauben nicht nur ein bedarfsgerechtes Unterrichten, sondern nehmen auch den Umgang untereinander in den Blick. Auch sonst spielt Beziehungsarbeit laut Stadtaus eine große Rolle. Die Rektorin sagt: „Bei uns werden Probleme immer sofort geklärt und Konflikte direkt gelöst.“ – Nico Roller