Inklusionsbeirat Schwetzingen
68723 Schwetzingen
Soziales

Inklusionsbeirat: Erstes Treffen

„Wir brauchen mehr Inklusion!“ Beim ersten RIS-Treffen des Beirats bedankte sich der Vorsitzende Gerhard Rummel bei der Volkshochschule dafür, dass...
Ein guter Austausch fand beim ersten 1. RIS der Inklusionsbeirats statt.
Ein guter Austausch fand beim ersten 1. RIS der Inklusionsbeirats statt.Foto: Raquel Rempp

„Wir brauchen mehr Inklusion!“

Beim ersten RIS-Treffen des Beirats bedankte sich der Vorsitzende Gerhard Rummel bei der Volkshochschule dafür, dass der Beirat die barrierefreien Räumlichkeiten regelmäßig nutzen darf. Er, sein Stellvertreter Jens Rückert und die anwesenden stimmberechtigten und beratenden Mitglieder – Harry Schultens, Abbas Halaweh Albunni, Raquel Rempp, die Vertreter des Gemeinderats, der Lebenshilfe und Ewa Kowalewska freuten sich über die anwesenden Gäste.

„Seit 2009 bin ich dabei, ich habe in den letzten Jahren viel erlebt. Jetzt aber sind wir dabei, den Beirat auf eine andere Ebene zu bringen“, begrüßte Gerhard Rummel die Gäste als „Freunde der Inklusion“. „Wichtig ist uns, die Anliegen und Sorgen der Bürger zu kennen.“ Er erinnerte daran, dass die UN-Behindertenrechtskonvention bereits seit März 2009 in Deutschland geltendes Recht ist, welches von allen staatlichen Stellen umgesetzt werden muss. „Leider hat die zweite Staatenprüfung Deutschlands im Jahr 2023 ergeben, dass die Qualität der Umsetzung der UN BRK durch Bund und Länder stark kritisiert wurde. Hier besteht massiver Handlungsbedarf.“ Einer der Gäste war Heiko Zillich vom gemeinnützigen Verein „habito“, der gemeinsam mit dem Verein „PRO DOWN Heidelberg“ in der Schützenstraße in Schwetzingen ein modellhaftes, integratives Gemeinschaftsprojekt gestaltet: „Acht junge Menschen wohnen allein seit Oktober 2023 in ihren Wohnungen oder in einer WG und leben ein selbstbestimmtes Leben, sie gehen einer geregelten Tätigkeit nach. In den barrierefreien Gemeinschaftsflächen im Erdgeschoss ist Raum für generationenübergreifende Begegnungen und gegenseitiges Kennenlernen. Kommen Sie gern vorbei!“, lud Zillich alle Anwesenden ein.

Mit Parteien zusammensetzen

Jens Rückert, der in Sachen Inklusion – vor allem im Bereich Sport – ein fast schon „alter Hase“ ist, erklärte den Teilnehmern, dass sich der Beirat nach den Kommunalwahlen mit den Parteien und Wählervereinigungen zum Thema „Inklusion“ kontinuierlich zusammensetzen will. „Wir freuen uns, dass die politischen Mandatsträger, egal welcher Couleur sich im Gemeinderat weiter für das Thema einsetzen wollen, denn ohne diese Unterstützung und die der Stadt wird es schwierig bei der Umsetzung einer wirklich inklusiven Kommune“, bestärkte Raquel Rempp die anwesenden Stadträte, weiter mit dem Beirat am „Ball zu bleiben“.

Ein weiterer Gast war Petra Frank, die mit einem an einer seltenen Krankheit leidenden Mann und einem autistischen Sohn bestätigte, dass es „sehr schwer in unserer Gesellschaft ist“ und sie oft gar nicht wisse, wo sie denn mit den beiden überhaupt hingehen könne. Als Betroffene fühle man sich daher oft isoliert. Marion Zieger wusste ebenfalls als in der Nachbarschaftshilfe engagierte Ehrenamtliche um diese Problematik. Die Stadträte Rita Erny, Hans-Peter Müller, Carsten Petzold, Dr. Michael Rittmann und Werner Zieger versicherten, dass der Beirat mit der Unterstützung des Gemeinderats auch künftig rechnen könne. Sehr eindrücklich war auch die Berichterstattung eines weiteren Fachmannes zum Thema Inklusion: Volker Kurz vom 1963 gegründeten Verein „Lebenshilfe“, der mit an die 300 Mitarbeiter und Hauptsitz in Schwetzingen in einem Wohnhaus am Bismarckplatz vertreten ist, erzählte von verschiedenen Kooperationen mit dem TV 1864 und der HG Oftersheim/Schwetzingen. Er machte darauf aufmerksam, dass Inklusion eigentlich bedeute, dass sich niemand aufgrund seiner Einschränkung irgendwo ausgeschlossen fühlen müsste. „Aber leider sind wir davon noch Lichtjahre entfernt.“, so sein Fazit.

Empathie und Toleranz

„Bei dem Thema Sport scheitert es leider oft am Ehrgeiz und an dem Leistungswillen der nicht eingeschränkten Kinder und Jugendlichen, was zum Teil nachvollziehbar ist. Der Leistungsgedanke bremst daher leider oft den Inklusionsgedanken.“ Es braucht weiter an Toleranz, Empathie und Verständnis füreinander in unserer Gesellschaft, waren sich an diesem Abend alle einig. Gerhard Rummel informierte an diesem Abend, dass der Beirat bisher schon sehr aktiv war, sich bereits mit Vereinsvertretern getroffen habe und weiter intensiv daran arbeiten werde, ein gutes und starkes Netzwerk aufzubauen. Ein großes Thema sei für den Beirat zudem das Thema „Bauen“. Hier kündigte der Vorsitzende die anstehenden Begehungen der Schwetzinger Höfe an.

Wohnraum

„Barrierefreiheit bedeutet aber auch, dass sich die Menschen den Wohnraum entsprechend leisten können müssen. Ein Mensch mit Behinderung, der in einer Behindertenwerkstatt arbeitet, kann sich - wie viele andere auch - keine Miete von 14 bis 16 Euro pro Quadratmeter leisten“, kritisierte Volker Kurz die hohen Mietpreise. Oskar Hardung, der an diesem Abend nicht dabei sein konnte, hatte sich mit seinem Anliegen schriftlich an den Beirat gewandt: „Für uns – meine Frau sitzt im Rollstuhl – ist die oft fehlende Barrierefreiheit ein großes Problem: Treppen zu Arztpraxen - ob Augenarzt, Hautarzt, Frauenarzt – machen einen Besuch praktisch unmöglich. Ebenso die fehlenden rollstuhlgerechten Toiletten in den Praxen oder auch in vielen Gaststätten. Ich habe oft das Gefühl, dass nur gesunde Menschen zu den Ärzten gehen. In der Nordstadthalle befindet sich immer noch kein Fahrstuhl. Früher achtete ich nicht darauf, jetzt aber werden mir die Versäumnisse der letzten Jahre immer bewusster.“ Die anschließende Diskussion zeigte in aller Deutlichkeit, dass Inklusion oft an den Finanzen scheitert: „Es geht immer ums Geld“, bedauerten die „Freunde der Inklusion“. Deswegen müsse die Politik immer mehr ins Boot genommen werden, damit Gelder für Inklusionsprojekte künftig entsprechend früh berücksichtigt würden. Man gehe davon aus, dass keiner der Entscheidungsträger gegen geltendes Recht verstoßen wolle.

Blick nach Heidelberg

Thomas Proft verwies auf das „MitBring-Brunch- Angebot“ des Heidelberger Vereins BiBez e.V. für chronisch kranke Frauen: „Hier bringt jeder etwas mit, man lernt sich kennen und tauscht sich intensiv untereinander aus.“ Seine Freundin, selbst Contergan geschädigte Frau, ist Vorständin im BiBez Verein und schwöre auf diese Zusammentreffen. Die Idee eines „Inklusions-Cafés oder Inklusions-Stammtisch“ hatte auch Petra Frank - die schon mehrfach danach gefragt wurde - an den Inklusionsbeirat nahebringen wollen. Die nächste Versammlung findet am 4. Juli statt. (red)

Gerhard Rummel und Jens Rückert konzentriert
Gerhard Rummel und Jens Rückert konzentriert.Foto: Raquel Rempp
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von Redaktion Nussbaum
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