Das primäre Thema des Abends war „Bauen & Wohnen“. Eingeladen waren Prokurist und Immobilienökonom der Firma Epple GmbH Matthias Ohlheiser und Dr. Thomas Grimann, Geschäftsführer bei der Firma Epple und zuständig für das „Projekt Kurpfalz“.
„Die Schwetzinger Höfe sind zu meinen zwei privaten Kindern, noch zusätzlich wie ein kleines Kind für mich. Alle drei liegen mir sehr Herzen. Und wer weiß: Vielleicht werde ich ja auch mal Schwetzinger?“, erklärte Ohlheiser, wie wichtig ihm der gute Fortgang des Bauprojektes auch persönlich sei.
„Wenn wir uns mit dem Inklusionsbeirat treffen, versuchen wir auch immer wieder gut zuzuhören“, versicherte er. Vorsitzender Gerhard Rummel erinnerte an die Anforderungen, die der Beirat in seiner alten Form bereits im Jahr 2020 formuliert und bei damaligen Gesprächen zur Bauplanung angebracht hatte. Da wurde Barrierefreiheit gefordert, und zwar nicht nur bis zur Wohnungstür, sondern auch innerhalb der einzelnen Wohnungen gemäß dem sogenannten „R-Standard nach DIN 18040-2“, so dass die Wohnflächen barrierefrei und eingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbar sein sollten.
Ebenso wünschte man sich barrierefreie Arztpraxen im Gesamtareal, Kinderspielplätze mit inklusiven Spielgeräten, barrierefreie Anbindungen an Bus und Bahn, gut berollbare Wege, taktile Leitsysteme für Menschen mit Sehbehinderungen und viele Dinge mehr. Rummel stellte die Frage: „Was können Sie uns im Blick auf barrierefreies und behindertengerechtes Bauen in den Schwetzinger Höfen heute vortragen?“
Ohlheiser erklärte den Anwesenden in seinem Rückblick zuerst, wie es zu den ersten Gesprächen kam, als die Firma Pfaudler im Jahr 2016 den Entschluss gefasst hatte, den Standort aufzugeben und das Areal zu verkaufen. Es handelte sich um insgesamt sieben Baufelder mit einer Gesamtgröße von ca. 7 Hektar, in dem im neuen urbanen, kreativen und nachhaltigen Stadtquartier in 825 Wohnungen zwischen 1.500 und 2.000 Menschen wohnen und leben könnten.
Ohlheiser war damals schon beeindruckt, weil es in Schwetzingen kaum einen Bürger gab, der nicht irgendwie mit der Firma Pfaudler verbunden schien. „Jeder kannte immer einen, der dort beschäftigt war.“, erzählte er. Ab 2017 fanden die ersten intensive Gespräche mit Stadt und Gemeinderat statt, in denen über die „kunstinspirierte Quartiersentwicklung“ verhandelt wurde. Rummel bedauerte es, dass der damalige Behindertenbeirat nicht schon zu dieser Zeit in die Planungen einbezogen wurde. „Wir haben uns viele, viele Gedanken gemacht und haben uns mit vielen Fachleuten unterhalten“, versicherte Ohlheiser.
„Es ist künftig ein barrierefreies Ärztehaus geplant, eine Kunstwerkstatt, ein Kindergarten, der mit den Künstlern der Werkstatt zusammenarbeiten soll, um die frühkindliche Kreativität so gut wie möglich zu fördern. Der erste Bauabschnitt ist in Betrieb. Das Quartier beginnt, sich mit Leben zu füllen. Der Nachbarschaftsgarten wird super angenommen. Die 25 Beete werden rege genutzt und die ersten Tomaten und Salate sind sichtbar.“ Im Inneren des Areals herrsche eine Parkqualität, die autofrei sei. Günter Hanke fragte: „Wie kann ich als Blinder die Wege verfolgen?
Gibt es Kanten, an denen ich mich entlang hangeln kann?“. „Die Wege sind breit und haben eine taktile Kante (sind also ‚ertastbar‘ mit Blindenstock)“, beantwortete der städtische Behindertenbeauftragte Martin Köhl, der sich bei der Begehung der Schwetzinger Höfe mit dem Inklusionsbeirat vor Ort selbst ein Bild verschafft hatte, die Frage. „Die Erschließung ist gut gelungen, aber die Praxis wird es zeigen.“
Dr. Grimann erläuterte, dass die Firma Epple die Wohnungen für Menschen baue, die die Wohnungen kaufen würden und auf die verschiedenen Wünsche der Käufer eingegangen werden könne. „Nicht jeder möchte aber tiefer gelegte Lichtschalter von vorneherein in der Wohnung haben. Menschen, die nicht im Rollstuhl sitzen, wollen das meistens nicht. Wir können also nicht von Beginn an nach R-Standard bauen“, beantwortete er die Frage von Stadtrat Werner Zieger, ob man nicht gleich alle Wohnungen nach R-Standard bauen könne. Abbas Albunni, selbst Rollstuhlfahrer, merkte an: „Es gibt auch bei Rollstuhlfahrern verschiedene Anforderungen.“, er selbst habe mit seinem eher schmalen Rollstuhl andere Anforderungen als Menschen mit größeren Rollstühlen.
Rudi Bamberger, der Behindertenbeauftragte von Brühl, befürchtet, dass die Barrierefreiheit für viele, die darauf angewiesen sind, nicht bezahlbar sei. Obwohl die Stadt bisher zwanzig Wohnungen gekauft habe, die sie für 14 Euro den Quadratmeter auf zehn Jahre fest vermieten würde, könnten sich das viele Menschen mit und ohne Behinderungen nicht leisten. Martin Köhl ist sicher, dass die meisten jetzigen Käufer im Laufe ihres Lebens eine Behinderung erwerben werden, nur heute noch nicht daran denken. Er schlug vor, die Käufer schon bei den Verkaufsgesprächen entsprechend auf „barrierefreies Wohnen“ aufmerksam zu machen.
Ohlheiser informierte, dass der zweite Bauabschnitt in Planung sei und hier Seniorenwohnungen geplant seien. Im „Betreuten Wohnen“ sollen alle Wohnungen barrierefrei gebaut werden. „Allerdings wird es sich dort um kleinere ca. 55 Quadratmeter große Wohnungen handeln“, ergänzte Dr. Grimann, da es sich bei älteren Menschen erfahrungsgemäß meistens um ein bis zwei Personen Haushalte handele.
Stadtrat Harald Fischer erkundigte sich nach Vorsorgemaßnahmen bei starken Niederschlägen und bei Bränden in den Gebäuden oder in den Tiefgaragen. „Feuerwehr und Brandschutzbeauftragte begleiten unsere Projekte regelmäßig. Wir vertrauen den Behörden und Institutionen, die unsere Bauten freigeben.“ Martin Köhl bat darum, dass er im zweiten Bauabschnitt intensiver miteinbezogen werden könne, um mehr auf die Anforderungen von Menschen mit Behinderungen im Brandfall hinweisen zu können. Ohlheiser versicherte in seinem Ausblick weiterhin eine gute Zusammenarbeit mit Inklusionsbeirat und Stadt.
Vorsitzender Rummel bedankte sich für den sehr guten Austausch an diesem Abend. Der nächste RIS Termin wird am 19. September stattfinden. (rare)