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Interview mit Treye IT-Gründer Anton Wachner

„Der Zugang zu Computer, Handy und Co. ist ein Zugang zur Welt“ „Sehr happy“ – so beschrieb Treye IT UG-Gründer und ehemaliger Schüler der...
Anton Wachner und Sophie Kramer stellen ihre Software bei „Die Höhle der Löwen“ vor.
Anton Wachner und Sophie Kramer stellen ihre Software bei „Die Höhle der Löwen“ vor.Foto: RTL/Bernd-Michael Maurer

„Der Zugang zu Computer, Handy und Co. ist ein Zugang zur Welt“

„Sehr happy“ – so beschrieb Treye IT UG-Gründer und ehemaliger Schüler der SRH Stephen-Hawking-Schule Anton Wachner seine Gefühlslage im Interview mit den SRH Schulen nach der erfolgreichen Teilnahme bei der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“, die am 30. September ausgestrahlt wurde.

Dort trat er gemeinsam mit Kollegin Sophia Kramer auf, um Unterstützung bei der Vermarktung der von ihnen entwickelten Software FourWays zu erhalten, welche es Menschen mit Behinderung ermöglicht, technische Geräte durch Kopfbewegungen zu steuern. Im Austausch für 15 Prozent der Firmenanteile erzielten die beiden einen Deal über 150.000 Euro mit Finanzunternehmer Carsten Maschmeier.

Schwerbehinderter Gründer

Dass es nach ihrer Bewerbung zur Teilnahme an der Sendung kommen würde, da habe sich Wachner gute Chancen ausgemalt: „Denn ich habe mir gedacht, dass ein schwerbehinderter Gründer ein schönes Highlight für die Sendung sein würde“, sagte er. Auf die Frage, wie es denn eigentlich zur Teilnahme an der Sendung kam, musste er grinsen. „Das haben wir tatsächlich unseren ersten Klienten zu verdanken“, erzählte er. Denn diese hätten die Sendung regelmäßig geschaut und Wachner und seinem Team nahegelegt, ihr Glück dort zu versuchen. „Ich hatte die Sendung bis dahin noch nie geguckt“, gestand er. „Aber dann dachte ich mir, ‚Warum eigentlich nicht?‘“ Daraufhin wurde das gesamte Team kurzerhand zum gemeinsamen Fernsehen verdonnert, um die Sendung besser zu verstehen, und schließlich wurde eine Bewerbung eingereicht.

Andere um Hilfe bitten

Als ehemaliger Schüler der SRH Stephen-Hawking-Schule in Neckargemünd lebte Wachner sieben Jahre lang im hiesigen Internat. Er besuchte zunächst eine Hauptschule in Ludwigshafen und kam schließlich nach Neckargemünd, wo er zuerst die Mittlere Reife und schließlich das Abitur absolvierte. Hier konnte er andere um Hilfe bitten. „Für jemanden wie mich, der die Hände nicht einsetzen kann, war das damals ein wichtiger Schritt“, erzählt Wachner. Außerdem habe er in dieser Zeit allerlei Dinge gelernt, die zum Erwachsenwerden dazugehören. So habe er beispielsweise Wichtiges zum Thema Behördengänge oder Antragstellungen bei Krankenkassen erfahren, aber auch, wie er seinen Alltag selbst organisieren könne.

Appell: den eigenen Ängsten stellen

Trotz dieser positiven Erinnerungen blickt Wachner aber auch kritisch auf die Zeit, insbesondere nach seinem Internatsaufenthalt, zurück. Denn der Übergang zwischen behüteter Schulzeit und einem Leben in der Welt da draußen sei manchmal ein harter gewesen, und da stehe er nicht allein da. Ein steter Austausch mit der Außenwelt sei hierbei sehr wichtig, aber auch die Unterstützung beim Navigieren dieser Welt durch die SRH, zum Beispiel durch die Begleitung bei einem Praktikum vor Ort. An dieser Stelle appellierte Wachner auch an die Schüler selbst, sich zu trauen, die Schulmauern immer wieder zu verlassen, sich den eigenen Ängsten zu stellen und am normalen Alltag teilzunehmen.

„Will nicht, dass meine Oma online für mich flirtet“

Dies sei letztlich auch eines der zentralen Ziele der von Treye IT UG entwickelten Software: den Kunden die Teilhabe an einem normalen Alltag zu ermöglichen. Denn im Zeitalter der Technik und Kommunikation, so Wachner, bedeutete Teilhabe, dass man aktiv die gleichen Plattformen und Kommunikationsmittel verwenden könne wie alle anderen. „Der Zugang zu Computer, Handy und Co. ist ein Zugang zur Welt“, betonte er. Die Software FourWays helfe dabei vor allem Menschen, die mit bisherigen Hilfsmitteln nicht zurechtkämen. Denn ohne technische Hilfsmittel dieser Art lebe man als Mensch mit Handicap oft stark beschränkt auf das unmittelbare Umfeld: „Man interagiert praktisch nur mit dem engsten Familienkreis!“ Dies sei auch mit einem starken Verlust der Privatsphäre verbunden. „Wenn ich zum Beispiel nicht meine eigenen Nachrichten verfassen kann, muss sie jemand anderes für mich schreiben, der sie dann auch liest. Ich würde beispielsweise nicht wollen, dass meine Oma online für mich flirtet“, scherzte er. Ihre Software gäbe ihren Kunden diese Privatsphäre zurück. „Denn erst, wenn ich Privatsphäre haben kann, kann man wirklich von Inklusion sprechen“, so Wachner.

Zusammenarbeit mit SHS

Aus diesen Gründen sei Treye IT UG auch stark an einer Zusammenarbeit mit den SRH Schulen interessiert und bemühe sich um eine enge Zusammenarbeit mit der SRH Stephen-Hawking-Schule. „Ich möchte mit meiner Arbeit der SRH etwas zurückgeben, was den Schülerinnen und Schülern zugutekommt. Wir können mit unserer Technik vielen weiteren Schülerinnen und Schülern den Zugang zu Computer und Kommunikation erleichtern oder gar ermöglichen, was so viel mehr Chancengleichheit, Teilhabe und Lebensqualität in Zukunft bedeutet.“

„Erachtet niemals zu schnell etwas als unüberwindbar“

Mit den richtigen Hilfestellungen könne man junge Menschen dazu ermutigen, mit Selbstbewusstsein in die Welt zu gehen. „Erachtet niemals zu schnell etwas als schwer oder unüberwindbar“, lautet sein Ratschlag an die Schülerinnen und Schüler der SRH Schulen. Seinen eigenen Weg zu gehen, sei kein einfaches Unterfangen, und Stolpersteine gäbe es genug. Doch, so Wachner, dies mache das Ganze umso interessanter. (pm/red)

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