Vor Monaten konnten wir Uriel Kashi, Historiker aus Jerusalem, für einen Vortrag zur aktuellen Lage in Israel und im Nahen Osten gewinnen. Niemand wusste damals, dass am 13. Juni der Krieg zwischen Israel und dem Iran ausbrechen sollte und der Ben-Gurion-Flughafen in Tel Aviv geschlossen wird. Am vereinbarten Termin, dem 30.6., war der Flughafen zwar wieder offen, aber nur mit dem Nachweis besonderer Dringlichkeit konnte man an ein Flugticket kommen. So haben wir Kashi am 30.6. per Zoom in die ehemalige Synagoge in Hochberg aus Jerusalem zugeschaltet. Technisch klappte alles wunderbar und die zahlreichen Besucher konnten mit dem Historiker so gut diskutieren als wäre er vor Ort.
Kashi, der u. a. „Aktion Sühnezeichen“ in Israel vertritt, startete seine Einordnung des aktuellen Geschehens mit dem Jahr 2011: Der „Arabische Frühling“ führte zum Sturz langjähriger Diktatoren in Tunesien, Libyen und in Ägypten und erweckte in Europa die Hoffnung auf eine Demokratisierung im Vorderen Orient und Nordafrika. Statt Demokratie setzte sich in den Staaten aber Bürgerkrieg und politisches Chaos durch. In das politische Vakuum drang der Iran mit einer durch Ayatollah Khomeini seit 1979 entwickelten revolutionären islamistischen Ideologie ein und etablierte Stellvertreter (Proxys) seiner Ideologie in vielen dieser Staaten, destabilisierte sie oder machte sie vom Iran abhängig. Als einigendes Feindbild diente dem Iran die Rede vom „Großen Satan“ USA und „kleinem Satan“ Israel, die es zu bekämpfen bzw. auszulöschen gelte. Dieser Konfrontationsstrategie standen seit 2020 die Abraham-Accords entgegen. Unter amerikanischer Vermittlung wurden Vereinbarungen zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten, Bahrain, Marokko und dem Sudan getroffen. Die Abraham-Accords gefährdeten die iranische Strategie ganz erheblich und als Saudi-Arabien signalisierte, sich auch den Verträgen anschließen zu wollen, schlug die Hamas am 7. Oktober 2023 los, um den Durchbruch einer auf Ausgleich zielenden politischen Strategie zu verhindern. Die bestialische Brutalität des Hamas-Massakers in Israel zielte darauf, eine Friedensordnung dauerhaft unmöglich zu machen. Der Gegenschlag Israels im Gazastreifen führte zu vielen zivilen Opfern, was von der Hamas gezielt mit einkalkuliert wird, um die Rede vom Genozid zu pushen. Kashi vermisst bei der Netanyahu-Regierung eine Strategie zur Befriedung des Gazakonflikts. Allerdings hat sich die Situation im Libanon (Zurückdrängung der Hizbollah) und in Syrien (Zusammenbruch des Assad-Regimes) für Israel deutlich positiv verändert. Nach der Schädigung des iranischen Atombombenprogramms durch die Luftangriffe Israels und der USA zielt die Strategie Israels auf eine Schwächung Irans, um auf die Linie der Abraham Accords zurückzukommen. Ob dies nach den Ereignissen seit 2023 gelingt, müsse sich zeigen. Kashi ist aber zuversichtlich, dass die Zukunft eine Deradikalisierung bringen könne. Dazu gehört für ihn eine Zwei-Staaten-Lösung mit einer reformierten palästinensischen Autonomiebehörde. Auch glaubt Kashi, dass die israelische Bevölkerung bei der in einem Jahr anstehenden Knesset-Wahl eher zur politischen Mitte tendieren werde und die extremen Stimmen zurückgedrängt würden.
Remseck auf jüdischen Spuren
Am Sonntag, den 20. Juli 2025 findet ab 14 Uhr eine Busrundfahrt zu den Orten jüdischer Spuren in Remseck statt. Treffpunkt ist auf dem Marktplatz. Näheres im vorderen Teil des Amtsblattes.
Kai Buschmann
Beth Shalom – Haus des Friedens. Verein für Erinnerungs- und Friedensarbeit in Remseck e. V., www.bethshalom-remseck.de, info@bethshalom-remseck.de