Kreisarchivarin Petra Schön bei der Heilbronner SPD Arbeitsgemeinschaft 60 plus
Das Jubiläumsjahr 2021, das an „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“, erinnerte, war Ideengeber für den „Jüdischen Kulturweg im HeilbronnerLand“, den das Kreisarchiv Heilbronn und das Museum ehemalige Synagoge Affaltrach konzipiert haben. An 60 Stationen in 30 Landkreiskommunen sowie der Stadt Heilbronn macht der Kulturweg Station. Der Weg konnte wegen der Corona-Pandemie erst im September 2023 offiziell eröffnet werden. Darüber und über „Spuren jüdischen Lebens im HeilbronnerLand“, spricht die Archivarin beim Landkreis Heilbronn, Petra Schön, beim Mai-Treffen der Heilbronner SPD AG 60plus, am vergangenen Freitag in Böckingen. Anhand zahlreicher Bilder, mittels PowerPoint optimal präsentiert, stellt die kompetente Mitinitiatorin des Kulturwegs das bemerkenswerte Projekt vor. Auf ansprechenden Info-Tafeln und mit einer eigenen Homepage, juedischer-kulturweg-heilbronnerland.de, erfährt man viel Interessantes und Wichtiges über das spannende Thema. Eingangs ihres Vortrages zeigt Petra Schön auf, wo im Landkreis und in der Stadt Heilbronn jüdisches Leben im Lauf der Jahrhunderte überhaupt stattfand. Je nach Herrschaft und Zeithorizont war jüdisches Leben entweder vorwiegend in Städten oder auf dem Land zu Hause. Die noch sichtbaren Reste jüdischer Kultur sind vor allem Gebäude oder Teile davon, insbesondere ehemalige Synagogen oder Gebetsräume. Beispielhaft dafür sind die restaurierten Synagogen in Affaltrach und Heinsheim, ebenso ehemalige Gebetsräume und Ritualbäder (Mikwen), die später anderen Zwecken (Wohnen, Gewerbe) dienten. Weitere wichtige Zeugen für die Spuren jüdischen Lebens sind die zahlreichen Friedhöfe im Stadt- und Landkreis. Es werden Bilder von verschiedenartigen Grabsteinen gezeigt, auf denen man viel über die jüdische Religion und die Verstorbenen erfährt. Petra Schön erklärt einzelne wertvolle Steine, weist auf Bedeutung von Symbolen und Beerdigungsritualen hin. Besonders wertvoll sind die Friedhöfe und Grabmale in Affaltrach, Sontheim und Heilbronn. Das wichtige Wirken von jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern für die heimische Wirtschaft, Handel und das Handwerk wird im Laufe des Vortrags gewürdigt. Bekannte Familien sind u.a. Gumbel und Ingersheimer (Finanzen), Kahn (Zigarren), Herbst (Felina-Wäsche), Heilbronner (Seifen), Landauer (Brennerei).
Dann geht Petra Schön auf die besondere jüdische Tradition ein, die sich in verschiedenen Begriffen, Gebäuden und Gegenständen manifestiert: Judenschloss Talheim, Haussegen „Mesusa“, Hochzeitsstein in Eppingen, Freitagsbrot-Bäckerei, Sabbat, koschere Lebensmittel, das spezielle Schlachten (Schächten). Ergänzend wird von Petra Schön darauf hingewiesen, dass seit 2022/23 bei der staatl. Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg (LVWO), in einem streng regulierten rituellen Verfahren, der erste koschere Wein in Baden-Württemberg angebaut, ausgebaut und abgefüllt wird. Ein weiterer Hinweis auf das Judentum im Unterland sind Gebäude- und Straßenbezeichnungen wie Synagoge, Judenschule, Judengasse, Synagogenweg, auch namensgebende jüdische Persönlichkeiten. Dazu passt die Auflistung von bekannten jüdischen Namen im HeilbronnerLand, die mit ihrem jeweiligen Wirken von der Referentin benannt werden: Abraham und Siegfried Gumbel, Siegfried Levi, Max Rosengart, Berta und August Thalheimer u.v.a. Natürlich wird auf dem Kulturweg auch die, für die jüdischen Menschen dunkelste Zeit im furchtbaren Nationalsozialismus ab 1933, intensiv behandelt. Brennende Synagogen, Zerstörungen, Auswanderung, Flucht, Deportation, Konzentrationslager, Ermordung und Zwangsarbeit sind Teil der Erinnerungen, die von Petra Schön abschließend und nachhaltig thematisiert werden. Zahlreiche Mahnmale, Zeitzeugen und Hinweise, wie „Stolpersteine“, sollen die wertvolle Erinnerungskultur erhalten. (s.b.)