Vor 75 Jahren trat das Grundgesetz in Kraft. Karlsruhe ist der Sitz des Bundesverfassungsgerichts, des Amts- und Landgerichts Karlsruhe, des Bundesgerichtshofs sowie des Arbeits- und Sozialgerichts Karlsruhe. Perfekt also, um ein Format auf die Bühne des Marktplatzes zu bringen, das dieses Jubiläum nicht nur feiert, sondern auch diskutiert.
Am 10. August 2024 kamen bei den Jungen Verfassungsgesprächen Jugendliche und junge Erwachsene mit Persönlichkeiten aus Justiz, Medien und Kultur auf dem Karlsruher Marktplatz ins Gespräch. Thema der Open-Air-Diskussion war, wie man die Zukunft von Rechtsstaat und Demokratie gestalten sollte und möchte. Wenn das Grundgesetz vor 75 Jahren in Kraft getreten ist, um seitdem das demokratische Zusammenleben in Deutschland zu regeln, stellten sich für die Anwesenden die Fragen: Wie aber werden die Versprechen der Verfassung heute im Alltag junger Menschen eingelöst? Wodurch schützen Gesetze und Grundrechte die Anliegen kommender Generationen? Und wie kann unsere Verfassung nicht nur gegenwärtigen Situationen, sondern auch den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden?
Anschaulich konnte man als Teilnehmerin oder Teilnehmer der einzelnen Diskussionsrunden nachverfolgen, wie verschiedene Anliegen zu Sprache kamen und wie man gemeinsam versuchte, Lösungsvorschläge zu machen und diesen nachzukommen. Eine Erkenntnis an diesem Nachmittag und Spätnachmittag war es zum Beispiel, dass es auch, wie es manchmal in der Abwägung von rechtlichen Tatsachen geschieht, eine negative Seite der Religionsfreiheit gibt. Man darf diese als jeweiliger Vertreterin oder Vertreter der jeweiligen Religion ausüben, egal ob es um das Tragen eines Kopftuches oder Aufstellen eines Kreuzes in Klassenzimmern geht, aber andere, auch andere Religionsvertreter dürfen sich nicht davon belästigt fühlen.
Die Richterin am Bundesgerichtshof, Dr. Christiane Schmaltz, berichtete von ihrem Karriereweg und stellte fest, dass es angenehmer sei, Richterin statt Anwältin zu sein, wo sie es ursprünglich hatte hin verschlagen. Schon direkt nach dem Jura-Studium könne man Richterin werden. Das ziehe manchmal einen recht einsamen Arbeitsalltag im Büro nach sich. Bei juristischen Entscheidungen sei es manchmal so, dass man und sie sich hätte anders entscheiden können. Sie habe aber immer mit bestem Gewissen entschieden und sie nehme an, auch richtig.
Auf die Frage, ob sie bemerke, dass die Parteien auch bereuen, was sie tun oder wissen, dass sie unrecht haben, sagte sie, dass man am Bundesgerichtshof gar nicht mehr so eingreifen könne, weil das Verfahren ja schon durch zwei Instanzen gegangen ist und die Gespräche schon geführt worden sind, aber sie jeweils ihr Bestes tue, um alles zu einer guten Entscheidung zu führen. Auch die Frage, wie man Wünsche der Schülerinnen und Schüler bezüglich der Ausbildungsverbesserung integrieren könne, kam zur Sprache. Dinge wie die Unterstützung durch Künstliche Intelligenz oder allgemein die Verbesserung der digitalen Infrastruktur sei mehr landes- als bundespolitische Aufgabe. All dies bietet sicherlich reichlich Diskussionsstoff für weitere Veranstaltungen zum Thema.
Die Jungen Verfassungsgespräche sind ein Kooperationsprojekt der Stiftung Forum Recht, des Stadtjugendausschuss e.V. Karlsruhe und der KME Karlsruhe Marketing und Event GmbH mit Unterstützung vom dm-drogerie markt, der ZEIT Verlagsgruppe, des SWR und werden durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ gefördert. Ausführliche Vorbereitungen mit Fragen und Hintergrund bildeten die Grundlage zu den Diskussionen an diesem Tag.