Karlsruhe erhält zweiten Naturpark-Kindergarten

Wie entsteht Humus? Warum sind Bienen für die heimische Biodiversität wichtig? Und wie kann ich meinen Alltag nachhaltig gestalten? Das und vieles mehr haben die Kinder in der Städtischen Kindertagesstätte Wettersbach in Karlsruhe-Palmbach bei ihren Naturpark-Projekten gelernt. Nun hat die Kindertagesstätte die Voraussetzungen erfüllt, um die Auszeichnung „Naturpark-Kindergarten“ zu erhalten. Im nördlichen und mittleren Schwarzwald ist die Städtische Kindertagesstätte Wettersbach der 15. Naturpark-Kindergarten. In der Stadt Karlsruhe ist es nach dem Waldkindergarten „Im Dachsbau“ im Stadtteil Durlach der Zweite.

Verständnis für Nachhaltigkeit entwickeln

Am 16. Mai überreichte die Bereichsleiterin für Bildung und Biodiversität des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord, Fränze Stein, die offizielle Urkunde und eine Plakette mit dem Schriftzug „Naturpark-Kindergarten“ an die Leiterin des Kindergartens, Michaela Vazquez, und ihr Team. „Das pädagogische Team der Städtischen Kindertagesstätte Wettersbach zeigt eindrucksvoll, wie Kinder durch eigenes Tun, Forschen und Gestalten ein tiefes Verständnis für Nachhaltigkeit entwickeln – praxisnah, kreativ und mit viel Herz für Mensch und Natur“, begründet Stein die Auszeichnung.

Die Ortsvorsteherin von Wettersbach, Kerstin Tron, hebt in ihrer Rede insbesondere das Zusammenwirken von Ökologie, Ökonomie, Kultur und Gesellschaft hervor. „Es ist der Ortsverwaltung als Träger der Kita wichtig, dass die Kinder zu ihrer Heimatregion einen positiven Bezug bekommen. Deshalb haben wir uns für das Konzept des Naturpark-Kindergartens entschieden und freuen uns nun sehr über die Auszeichnung“, sagt Tron. „Für mich ist dies auch persönlich ein schönes Erlebnis, da ich selbst früher diesen Kindergarten besucht habe.“

Für die Kita-Leiterin Vazquez steht dabei das Erleben und Mitgestalten durch die Kinder im Mittelpunkt. „Mit den Naturpark-Projekten wollen wir erreichen, dass unsere Kinder die Natur mit allen Sinnen aufnehmen und erleben“, sagt Vazquez. „Beim Humus-Projekt konnten sie beispielsweise die Arbeit von Regenwürmern hautnah miterleben. Dadurch entwickelten die Kinder ein Verständnis dafür, wie wichtig Kleinstlebewesen für unser Ökosystem sind, und den Wunsch, sie zu schützen.“

Mit offenen Augen

Dass die Naturpark-Projekte einen nachhaltigen Effekt bei den Kindern haben, zeigt der Bericht eines Mädchens auf der Auszeichnungsfeier. „Das hier ist unsere kleine Filzerde. Wir wollen, dass sie wieder gesund wird. Deshalb habe ich auch auf dem Weg zu meiner Ballettstunde Müll eingesammelt und in einen Mülleimer geworfen“, berichtet sie stolz. Und Elternvertreterin Eva Greiffenberger sagt: „Diese Auszeichnung ist ein Zeichen dafür, dass hier mit Herzblut gearbeitet wird. Unsere Kinder erleben die Natur in ihrem Alltag. Sie entdecken und forschen mit allen Sinnen. Dabei lernen sie, die Natur zu verstehen und zu respektieren. Mit großer Neugier, Freude und offenen Augen.“

Das wurde auch beim Naturpark-Quiz der Naturpark-Detektive deutlich, das viele Kinder nach der offiziellen Auszeichnung spielten. Dabei erforschten sie anhand von Fragen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden spielerisch das Naturpark-Gebiet. Oder sie stempelten im Sand Tierspuren und machten sich auf die Suche nach dem zugehörigen Wildtier.

Auszeichnung als Naturpark-Kindergarten ist Zeichen der Wertschätzung

„Die Auszeichnung ist ein Zeichen der Wertschätzung für Ihr besonderes Engagement im Bereich der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)“, sagt Stein bei der Auszeichnungsfeier an das pädagogische Team gerichtet. „Es ist Aufgabe des Naturparks und es ist uns persönlich auch ein Herzensanliegen, dass die Kinder so früh wie möglich einen positiven und engen Bezug zu ihrer Heimat entwickeln können und die Zusammenhänge in der Natur verstehen lernen.“

Nach der offiziellen Urkundenübergabe erläutert Stein dem Kindergarten-Team den Inhalt der Naturpark-Entdeckerkiste, die die Kinder geschenkt bekommen. Mit viel Begeisterung räumen sie die Entdeckerkiste der Naturpark-Detektive aus. Sie bestaunen Kinderbücher rund um die heimische Tier- und Pflanzenwelt sowie Entdecker-Instrumente, mit denen sie die Natur erforschen können.

Die Naturpark-Projekte

Durch spielerische Aktivitäten und praktische Erfahrungen erkundeten die Kinder beim Naturpark-Projekt „Die Natur kennt keinen Abfall“, wie Abfälle in der Natur wiederverwertet werden, entwickelten ein Verständnis für ökologische Kreisläufe und ein Bewusstsein für nachhaltigen Umgang mit Ressourcen. Die Kinder untersuchten einen Komposthaufen, bestimmten die darin lebenden Tiere und setzten diesen neu auf. Dabei lernten sie, wie Regenwürmer zur Kompostierung beitragen. Die Kinder beobachteten Regenwürmer im selbst bestückten Wurmkasten und erkundeten unterschiedliche Bodenarten. Beim Besuch bei der örtlichen Wertstoffstation lernten sie auch, wie Grünabfälle und andere Wertstoffe weiterverarbeitet werden.

„Was arbeiten Bienen?“

Beim Naturpark-Projekt „Was arbeiten Bienen?“ setzten sich die Kinder mit dem Leben und der Bedeutung von Honig- und Wildbienen auseinander. Dadurch wurden Ängste abgebaut und die Feinmotorik gefördert. Anhand von kindgerechten Aktionen wie dem Pflanzen bienenfreundlicher Kräuter in einem Hochbeet und kreativen Bastelangeboten lernten sie, wie wichtig Bienen als Bestäuber und Honiglieferanten sind und wie sie diese schützen können. Auch Bienenstöcke eines Imkers aus Hohenwettersbach besuchten die Kinder und durften deren Honig probieren.

„Wir bauen uns ein Hochbeet“

Beim Naturpark-Projekt „Wir bauen uns ein Hochbeet“ planten, bauten und bepflanzten die Kinder ihr eigenes Hochbeet – von der Konstruktion mit alten Paletten über das Säen bis hin zur Pflege und Ernte von Obst und Gemüse. Dabei sammelten sie praktische Erfahrungen mit Werkzeugen, lernten, wie Pflanzen wachsen, und übernahmen Verantwortung für ihre Umwelt. Die Kinder entwickelten auf diese Weise ein Verständnis für nachhaltiges Handeln, gesunde Ernährung und den natürlichen Kreislauf des Pflanzenwachstums. „Sie lernten außerdem, dass Geduld und Pflege nötig sind, bis aus einem kleinen Samen schließlich essbare Früchte entstehen – eine Grundlage, um Nahrungsmittel richtig wertschätzen zu können“, berichtet Vazquez.

Beim Naturpark-Projekt „Aus Müll wird Kunst“ sammelten die Kinder Abfallmaterialien und gestalteten daraus kreative Kunstwerke, darunter Laternen und Herbstbäume. Sie lernten spielerisch die Mülltrennung kennen und ordneten gemeinsam verschiedene Abfälle den richtigen Tonnen zu. Das Projekt stärkte das Verständnis der Kinder für nachhaltiges Handeln im Alltag.

Prägende Eindrücke schaffen Heimatverbundenheit

In den Naturpark-Kindergärten lernen die Kinder die Natur und die Tiere in ihrer Region kennen. „So bauen sie schon früh eine enge emotionale Bindung zu ihrer Umwelt auf“, sagt die Bereichsleiterin für Bildung und Biodiversität beim Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord, Fränze Stein, bei der Auszeichnungsfeier. „Das ist für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur sehr wertvoll. Bei den Projekten kommen die Kinder ihrer Heimat mit Herz und Hand nahe. Das sind Eindrücke, die prägen.“
Die Auszeichnung zum Naturpark-Kindergarten kann ein Kindergarten in der Regel nach einem Jahr erwerben. Die Zertifizierung ist fünf Jahre gültig. Mit der Auszeichnung ist der Kindergarten dazu verpflichtet, festgelegte Qualitätsstandards einzuhalten. Dazu zählt etwa, sich aktiv mit Projekten einzubringen und dafür Partnerinnen und Partner aus der Region zu gewinnen, an Fortbildungen teilzunehmen und eine nachhaltige Entwicklung anzustreben.

Hintergrund: Das Konzept der Naturpark-Kindergärten

Im Naturpark-Kindergarten lernen die Kinder bei vielseitigen Projekten ihre Heimat in der Naturpark-Region besser kennen und bauen so eine natürliche Verbundenheit zu ihr auf. Die Erzieherinnen und Erzieher machen mit den Kindern Ausflüge und besuchen regionale Fachleute aus den Bereichen Land- und Forstwirtschaft, Obst- und Gartenbau, Naturschutz, Kultur und Brauchtumspflege sowie dem lokal ansässigen Handwerk. So lernen die Kinder etwa, woher die Lebensmittel kommen, wie sie sich gesund und regional ernähren können oder wie auf Bauernhöfen, Streuobstwiesen, im Forst oder im Handwerk gearbeitet wird. In den Naturpark-Kindergärten wird Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in die Praxis umgesetzt. Das BNE-Konzept ist im Bildungsplan der Landesregierung verankert.