
Die Regionalkonferenz zeigt: Die TechnologieRegion steht vor Herausforderungen in Sachen Sicherheit. Experten warnen vor realen Bedrohungen – und fordern entschlossenes Handeln.
Die sicherheitspolitische Lage, die lange als fern galt, ist in der Region endgültig angekommen. Das machte die 52. Regionalkonferenz der TechnologieRegion Karlsruhe ebenso deutlich wie die anschließende Pressekonferenz in der IHK. Wirtschaft, Wissenschaft und Kommunen sehen sich vor der Aufgabe, ihre Strukturen und Prozesse grundlegend neu zu denken – und zwar schnell.
IHK-Präsident Volker Hasbargen sprach von einem „Paradigmenwechsel“, der alle Ebenen betreffe. Unternehmen registrierten zunehmend digitale Ausspäh- und Erprobungsangriffe. „Wir sehen erste Anzeichen dafür, dass wir ausspioniert und getestet werden. Das ist kein Spaß mehr, das ist Realität“, sagte Hasbargen. Vorbereitung sei daher kein abstrakter Begriff mehr, sondern ein betriebswirtschaftliches und gesellschaftliches Gebot. Zugleich warnte er vor ausufernder Bürokratie, die sicherheitsrelevante Forschung und Entwicklung bremse. Auch der Bau eines Innovationszentrums für Drohnenabwehr in Karlsruhe stockt seit Jahren.
Wie konkret sich mögliche Szenarien auf Wirtschaft und Gesellschaft auswirken könnten, hatte tags zuvor Oberstleutnant Dr. Peter Schittenhelm vom Landeskommando Baden-Württemberg den Teilnehmenden der Konferenz verdeutlicht. Unterbrechungen kritischer Infrastruktur, Angriffe auf Lieferketten oder militärische Eskalationen gehörten zu den denkbaren Entwicklungen. „Die Lage ist ernst – wir müssen was tun“, so Schittenhelm. Resilienz sei ein strategischer Faktor staatlicher Glaubwürdigkeit. Als Beispiel nannte er die Abhängigkeit im Transportsektor: Fielen zum Beispiel die zahlreichen Lkw-Fahrer osteuropaischer Herkunft aus, weil ihre Länder vom Krieg akut bedroht wären, wäre auch hierzulande die Versorgung innerhalb kürzester Zeit gefährdet.
Die wissenschaftliche Dimension beleuchtete Prof. Dr. Marc Eichhorn, Direktor des Fraunhofer IOSB Ettlingen. Das Institut forscht an Drohnenerkennung, KI-gestützten Auswertesystemen, Laser- und Optroniktechnologien und arbeitet in direkter Auftragsforschung für das Verteidigungsministerium. Karlsruhe könne ein zentraler Standort für moderne Sicherheitsforschung werden – vorausgesetzt, Genehmigungsprozesse halten mit der Dringlichkeit Schritt.
Welche Rolle Automatisierung und KI in der industriellen Sicherheitsarchitektur spielen, erläuterte Dr. Sven Schmidt-Rohr (Prenote GmbH). Rüstungsgüter seien technisch anspruchsvoll und in kleinen Serien kaum noch manuell herstellbar. Flexible Robotik und künstliche Intelligenz müssten diese Lücke schließen. Schmidt-Rohr formulierte es pointiert: „Ein ausgewachsener Elefant hat keine natürlichen Feinde. Stärke verhindert Angriff. Wir müssen zum technologischen Elefanten werden.“
Auch die kommunale Ebene steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Karlsruhes Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup betonte, dass Schutzräume, Energieausfallszenarien und Notfallkommunikation jahrzehntelang kaum weiterentwickelt wurden. „Wir haben vieles davon lange nicht beachtet – jetzt müssen wir alles wieder neu aufstellen“, sagte er. Zugleich warnte er vor einer möglichen Überlastung der Kommunen, sollten zusätzliche Aufgaben ohne entsprechende Mittel übertragen werden.
Die Fragen aus dem Publikum unterstrichen die Unsicherheit: Wohin können Menschen im Ernstfall gehen? Wie lassen sich stillgelegte Gebäude ertüchtigen? Wie werden Kulturgüter geschützt? Der Informationsbedarf ist groß – und zeigt, wie weit die Region beim Neuaufbau ihrer Sicherheitsstrukturen noch vor sich hat. Dennoch äußerte sich Hasbargen optimistisch. Die TechnologieRegion verfüge über außergewöhnliche wissenschaftliche und wirtschaftliche Kompetenzen und könne zu einem wichtigen Baustein der deutschen Sicherheitsarchitektur werden. „Jetzt kann es kein Abwarten oder Weiter-so geben“, sagte er. „Wir müssen gemeinsam handeln und die notwendigen Kräfte unbürokratisch entfesseln.“ Auch im Katastrophenfall greifen solche Bemühungen.