Kirchenkabarett im ÖZ

Humor, Musik und Glaube verbunden Zum 30-jährigen Bestehen des Ökumenischen Zentrums (ÖZ) Neckarelz feierte das Publikum am Samstagabend (08.11.) ein...
Die ökumenische Männergruppe des Ökumenischen Zentrums Neckarelz auf der Bühne mit den beiden Künstlern Fabian Vogt und Martin Schultheiß.
Zum Abschluss des Abends dankte die Männergruppe den beiden Künstlern und schenkte ihnen original „Mosbacher Pflasterstein“.Foto: rb

Humor, Musik und Glaube verbunden

Zum 30-jährigen Bestehen des Ökumenischen Zentrums (ÖZ) Neckarelz feierte das Publikum am Samstagabend (08.11.) ein ganz besonderes Jubiläum: Die ökumenische Männergruppe Mosbach-Neckarelz hatte das bekannte Musikkabarett „Duo Camillo“ mit ihrem aktuellen Programm „Liebling, ich habe die Kirche geschrumpft“ eingeladen – und durfte sich über einen ausverkauften Saal freuen, wie Ludwig Jost bei seiner Begrüßung stolz mitteilte.

Das Duo, bestehend aus Fabian Vogt (Gesang, Gitarre, Sopransaxophon) und Martin Schultheiß (Orgel), beide evangelische Pfarrer aus Frankfurt, steht seit 35 Jahren gemeinsam auf der Bühne – „in dieser Zeit war Gerhard Schröder viermal verheiratet“, wie Vogt augenzwinkernd bemerkte. Warum sie so lange zusammen sind, wüssten sie selbst nicht, fügten die beiden lachend hinzu. Doch schon nach wenigen Minuten war klar: Die Chemie stimmt – auf der Bühne wie mit dem Publikum, das liebevoll „Özis“ genannt wurde.

Ökumenische Männergruppe

Was 1995 mit einer kleinen Helfergruppe beim Aufbau des ÖZ in Neckarelz begann, nachdem der vorherige Pavillon abgebrannt war, hat sich zu einer festen Einrichtung entwickelt: Die ökumenische Männergruppe feiert in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen. Aus den ersten Männern von damals, die sich regelmäßig trafen, ist eine engagierte Runde geworden, die bis heute mit viel Herzblut aktiv ist.

Schon früh entstand die Idee, neben kirchlichen Themen auch kulturelle Akzente zu setzen. So wurde 1996 mit dem Kabarettisten Otmar Traber der erste Kabarettabend im ÖZ veranstaltet – ein voller Erfolg, der das Haus bis auf den letzten Platz füllte. Seitdem sind ihre Veranstaltungen eine Erfolgsgeschichte. Dabei gilt: „Nach dem Kabarett ist vor dem Kabarett.“ Mittlerweile haben die Planungen für das nächste Jahr schon begonnen.

Aktivität & Engagement

Jährlich wird im Herbst ein Abend mit Künstlerinnen und Künstlern organisiert – oft mit Nachwuchstalenten, die später bundesweit bekannt wurden – wie etwa Christoph Sieber, der heute einer der profiliertesten politischen Kabarettisten Deutschlands ist.

Die Männergruppe trifft sich im 14-tägigen Rhythmus zu Gesprächsabenden, Buchbesprechungen, Diskussionsrunden oder geselligen Aktivitäten. „Den Roman ,Der Vorleser' hatten wir längst besprochen, bevor er ein großer internationaler Erfolg und auch verfilmt wurde“, so Ludwig Jost.

Auch gemeinsame Koch- oder Pralinenabende mit den Ehefrauen gehören genauso dazu wie zusammen gefeierte Geburtstage. Ihre Treffen sind offen, aber inhaltlich breit gefächert – von kirchlichen und gesellschaftlichen Themen bis zu Stadtführungen durch alle Mosbacher Stadtteile.

Ein besonderes Anliegen der Gruppe ist das soziale Engagement. Ein Teil der Einnahmen aus den Veranstaltungen fließt regelmäßig in soziale Projekte oder Anschaffungen für das ÖZ. So wurde etwa Mobiliar im Gemeindesaal aus den Erlösen finanziert.

„Wir arbeiten basisdemokratisch, ohne Chef – aber mit viel Vertrauen und Verständnis füreinander“, sagen die Mitglieder. Vielleicht liegt genau darin das Geheimnis des Erfolgs: menschliche Nähe, Humor und der gemeinsame Wille, Freude in die Gemeinde zu bringen. Neue Mitglieder sind gerne willkommen, betont man in der Gruppe.

„Duo Camillo“

Mit ihrer Mischung aus Musik, Satire und Glaubensfreude sorgten in diesem Jahr Fabian Vogt und Martin Schultheiß für einen ebenso heiteren wie nachdenklichen Abend im ÖZ. Die beiden Künstler, die als „Duo Camillo“ in gegensätzlicher schwarz- und weißer Farbkombination samt Hosenträger auftraten, boten ein Programm, das Publikum, Kirche und Gesellschaft gleichermaßen augenzwinkernd ins Visier nahm.

Schon mit dem Eröffnungslied „Ja, ich bin mittendrin – das fühlt sich so gut an!“ gewannen sie das Publikum im Sturm. Ein echter „Warm-up-Song“, der zeigte: Hier geht’s nicht um fromme Routine, sondern um Lebensfreude. Martin Schultheiß, virtuos und vielseitig an der Orgel, untermalte das Ganze mit schwungvollen Harmonien, während Fabian Vogt mit Gesang, Gitarre und Sopransaxophon seine musikalische Bandbreite ausspielte – stimmgewaltig, variabel, mit sicherem Gefühl für Vibrato und Timing.

Beide nahmen sich gegenseitig liebevoll auf die Schippe. So wurde Schultheiß wegen seiner frappierenden Ähnlichkeit mit dem ehemaligen Kanzler Olaf Scholz als „Scholz der Herzen“ vorgestellt, während Vogt augenzwinkernd als „Spezialist für ausgefallenen Veranstaltungen“ während der Coronazeit charakterisiert wurde.

„Tu's doch!“

Mit Liedern wie „Tu’s doch!“ motivierten sie das Publikum zum Mitsingen. „Nutze dein Leben – jetzt ist die Zeit für den ersten Schritt“, hallte es durch den Saal. Vogt schlug den Bogen zu einem zentralen Gedanken: Jesus sei nicht der distanzierte Religionsstifter im Sonntagsgewand, sondern jemand, der „bei den Sündern zu Hause war – ganz ohne Orgel, Abitur oder Zölibat“.

Der Humor blieb an diesem Abend nie seicht, sondern stets mit Sinn. Das zeigte sich auch in der augenzwinkernden Feststellung, dass man beim „Abendmahl doppelt betrogen“ sei – „es findet morgens statt und ist auch noch kalorienfrei“. Begleitet von herzlichem Klatschen und Lachern verstanden es beide, das Publikum auf eine Reise durch Glauben, Zweifel und Lebensfreude mitzunehmen.

Dabei fehlten auch gesellschaftliche Seitenhiebe nicht. Vogt deutete „Fridays for future“ in „Sundays für den Himmel“ um, zumal in der Kirche sonntags meist nur „die letzte Generation“ sitze, eine neue Definition von „alteingesessen“.

Mut für Neues

Es brauche Mut, Neues zu wagen. Denn, so der Tenor: Es könne nicht die Lösung sein, mit weniger Geld und weniger Personal das weiterzumachen, was bisher schon nicht funktionierte.

Berührend wurde es, als Vogt die Geschichte von Thomas Edison, dem berühmten Erfinder, erzählte – ehemals ein Kind, das als „zu schlecht für die Schule“ galt und zu Hause unterrichtet werden sollte. Bis seine Mutter den abfälligen Brief des Lehrers dem Sohn als Zeichen seiner Genialität vorlas. „Jesus sieht, was möglich ist“, schloss Vogt – und zeigte damit, dass Hoffnung Kern und Kraftquelle des Glaubens ist.

Auch der Witz kam nicht zu kurz – mit „Vater unser, der Tubist im Himmel“, wie es von einem Konfirmanden verstanden wurde. Oder über protestantische Strenge und katholische Lebensfreude. Zudem besangen sie das göttliche Verständnis der Geschlechterrollen: „Wenn ich all das höre, weiß ich: Gott kann kein Mann sein – Gott ist eine Frau!“

Zukunftshymne

Ein Höhepunkt war Vogts spontane „Zukunftshymne von Neckarelz“, die er als Reggae in E-Dur aus dem Stegreif komponierte. Zahlreiche, willkürlich zugerufene Begriffe, von lichterfüllt und glaubensfroh bis zu „Zwiebelkuchen“ und „Einkommensteuer“, verband er in einem ebenso sinnvollen wie urkomischen Lied. Ein kleines Meisterstück, das seine kreative Schlagfertigkeit auf den Punkt brachte.

Zwischen den Pointen schimmerte immer wieder die zentrale Botschaft durch: „Christsein heißt, Hoffnung zu leben.“ Und wer über den Glauben lachen könne, der verliere ihn nicht, sondern vertiefe ihn. Vogt zitierte auch Buddha: „Wer am Groll festhält, ist wie jemand, der Gift trinkt und hofft, dass der andere stirbt.“ Sein Fazit: „Wir sollten gnädiger sein – mit anderen, aber auch mit uns selbst.“

Unterhaltung

Mit der ersten Zugabe verbunden war die Erkenntnis: „Auch wenn wir wenige sind - wenn der Funke überspringt, kann daraus Großes werden“. Es sei eine hoffnungsvolle Erinnerung daran, was bereits die nur zwölf Jünger um Jesus herum bewirken konnten.

Nach einer weiteren Zugabe endete der Abend, der die Besucherinnen und Besucher froh gelaunt und nachdenklich zugleich nach Hause entließ. Geboten worden war mehr als nur rund zwei Stunden bester Unterhaltung – viel mehr erlebte man ein Stück „gelebter Glauben“, wie ihn das langjährige Engagement der Männergruppe im ÖZ verkörpert. (rb)

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Stadtanzeiger Mosbach
Ausgabe 46/2025
von Redaktion NUSSBAUMRedaktion NUSSBAUM
12.11.2025
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