Die Orgel in der Katholischen Kirche St. Johannes Nepomuk in Neckargemünd ist mehr als ein Musikinstrument. Sie ist ein lebendiges Klangdenkmal, das seit ihrem Einbau 1966 gepflegt und weiterentwickelt wurde. Ganz besonders aber ist sie das Herzensanliegen von Klaus Bretzer, der seit über 50 Jahren Organist der Gemeinde ist. Für ihn ist die Orgel schlicht „meine Orgel“ – eine Formulierung, die zugleich Zuneigung und Verantwortung ausdrückt.
In den vergangenen Tagen erhielt die Orgel eine bedeutende Erweiterung: Die 56 Pfeifen des Krummhorn 8' fanden ihren Platz im Inneren des Instruments. Ursprünglich war dieses Register bereits im Schwellwerk vorhanden, wurde aber 2011 ausgebaut, um Platz für eine Oboe zu schaffen. Seither lagerten die Pfeifen ungenutzt im Gehäuse – sehr zum Bedauern von Klaus Bretzer.
2018 übernahm die Orgelbaufirma Göckel aus der Region die Betreuung der Neckargemünder Orgel. Bretzer nutzte die Gelegenheit, seinen lang gehegten Wunsch zu äußern: Könnte das Krummhorn nicht wieder eingebaut werden? Gemeinsam mit den Orgelbauern Karl Göckel und seinem Sohn Johannes Göckel reifte eine Lösung, die nun umgesetzt wurde.
Damit die Pfeifen Platz fanden, fertigte die Firma Göckel einen Tisch aus Tannen- und Eichenholz, der die 56 Zungenpfeifen trägt. Jede einzelne erhielt ein eigenes Ventil, das mit der Spieltraktur verbunden ist – ein komplexer mechanischer Aufbau, bei dem hochwertige Bergfichte aus Österreich verwendet wurde. Während die Pfeifen von einem spezialisierten Pfeifenmacher stammen, übernahm die Firma Göckel die Holz-, Metall- und Elektroarbeiten. Da im vorderen Bereich der Orgel kein Platz mehr war, wurde die neue Zusatzlade geschickt im inneren, hinteren Bereich der Orgel installiert – von außen unsichtbar, klanglich aber deutlich hörbar.
Die Orgel von St. Johannes Nepomuk ist ein echtes Gemeinschaftswerk: 1966 von der Firma Weise erbaut, 1995 erstmals erweitert, 2011 um die Oboe ergänzt und seit 2018 von der Firma Göckel betreut und weiterentwickelt. Nun verfügt das Instrument über 25 Register auf zwei Manualen und Pedal, darunter fünf Zungenstimmen mit insgesamt nun 1741 Pfeifen.
„Sie klingt sehr schön, besser als vorher“, sagt Klaus Bretzer voller Freude – und bringt damit auf den Punkt, was die Erweiterung bedeutet: mehr Klangfarben, mehr Ausdruck, mehr Möglichkeiten, die Frohe Botschaft in Gottesdienst und Konzert zu verkünden.
Dass die Orgel so viel Aufmerksamkeit erfährt, liegt auch an den freitagskonzerten, die seit dem Jahr 2000 regelmäßig stattfinden. Auf Initiative von Klaus Bretzer ins Leben gerufen, sind sie seither ein fester Bestandteil des kirchenmusikalischen Lebens in Neckargemünd.
Über 6000 Zuhörerinnen und Zuhörer haben die Konzerte bereits besucht, mehr als 30.000 Euro kamen als Erlös für die Orgel zusammen. 2014 konnte bereits das 50. Konzert gefeiert werden.
Die Organisation liegt in den Händen von Klaus Bretzer (Akquise, Organisation, Presse, Internet) und Thomas Burger (Plakate, Programmhefte, Begrüßung, Einführung). Unterstützt werden sie von treuen Gemeindemitgliedern. Der Erfolg ist für sie Ansporn, diese Reihe weiterzuführen.
Im vergangenen Jahr wurde Klaus Bretzer im Rahmen eines Festgottesdienstes für sein 50-jähriges Organistenjubiläum geehrt. Damals fiel der treffende Satz: „Die Orgel ist sein Steckenpferd.“ Wer ihn erlebt, spürt sofort, dass dies keine Floskel ist. Sein Engagement für das Instrument und die Kirchenmusik ist von Leidenschaft getragen – und diese Leidenschaft ist ansteckend.
Der Abschluss der jüngsten Erweiterung fällt zusammen mit einem besonderen Jubiläum: 25 Jahre freitagskonzerte. Gefeiert wird dies am Freitag, 12. September, um 20 Uhr mit einem festlichen Konzert unter dem Titel „Lobe den Herren“. Mitwirken werden Musiker, die Neckargemünd seit Langem verbunden sind: Gerhard Breinlinger (Orgel), Christina Schnoklake (Sopran) und Matthias Lange (Trompete). Auf dem Programm stehen festliche Werke von Bach, Händel, Pachelbel, Dubois und anderen Komponisten.
Um die Besonderheit der neuen klanglichen Möglichkeiten erfahrbar zu machen, wird Thomas Burger das Konzert mit einer kleinen Einführung eröffnen. Dabei werden die Register Gambe, Oboe und Krummhorn einzeln vorgestellt und angespielt.
So schließt sich der Kreis: Die Orgel ist nicht nur ein technisches Meisterwerk, sondern ein Herzstück der Gemeindekultur. Sie lebt durch die Hingabe ihres Organisten, die Unterstützung der Gemeinde und die Begeisterung der Zuhörerinnen und Zuhörer. Und wenn Klaus Bretzer mit einem Lächeln sagt: „Sie klingt sehr schön, besser als vorher“, dann spürt man: Mit der jüngsten Erweiterung und dem Jubiläumskonzert zeigt sich, wie lebendig und zukunftsgerichtet die Kirchenmusik in St. Johannes Nepomuk ist. (du)