"Bloß nicht arbeitslos werden“ – das ist die größte Sorge von Johannes Pinneberg in Hans Falladas Roman „Kleiner Mann – was nun?“, der 1932 in einer gekürzten Fassung erschien. Pinneberg und seine Frau Emma, zärtlich „Lämmchen“ genannt, erleben die Jahre ihrer jungen Liebe im Dauerstress, weil er als Angestellter in der Textilbranche ständig den Schikanen seiner jeweiligen Chefs ausgesetzt ist und extrem unter der Angst, sich unter die damals sechs Millionen Arbeitslose einreihen zu müssen, leidet.
Joerg Mohr, Intendant des „theater am puls“ hat das Stück ausgewählt, weil es zeitgebunden und zeitlos zugleich ist. Doch dieses Mal führt nicht er die Regie, sondern Till Weinheimer. Mohr hatte den bekannten Schauspieler, der mehrere Jahre lang auch am Nationaltheater Mannheim auf der Bühne stand und zuletzt am Berliner Ensemble engagiert war, zunächst als lesenden und singenden Akteur für den musikalischen Seelentrip „Panikherz“ nach Schwetzingen geholt.
Nun durfte Weinheimer auch seine kreativen Regiequalitäten bei der neuen Inszenierung zeigen, während Joerg Mohr sich um das Drumherum kümmerte. Der Roman musste auf eine Bühnenfassung gekürzt werden, zwischen den Szenen versetzen multimediale Einspielungen die Geschichte in eine abstrakte Umgebung: Da fliegen beispielsweise Dollar- und Sonderzeichen wie rauschende Sterne vorbei. Das in Schwarz gehaltene Bühnenbild (gestaltet auch von Teresa Ungan und Julian Arndt) ist die ideale Kulisse für die visuellen Einfälle des Videokünstlers Phillippe Mainz. Außerdem unterstreicht die Livemusik, komponiert und gespielt von Stefan Ebert, die dichte Atmosphäre. Was der Zuschauer hört und sieht, ist nicht an die 30er Jahre gebunden.
Das Thema – in der Armut Würde zu bewahren – ist in jeder Szene spürbar. Die Sorge um das Auskommen der kleinen Familie treibt den Wenigverdiener Pinneberg an, lässt ihn oft verzweifeln. Nicolas Weber überzeugt hier in seinem Anstand und seiner entblößenden Ehrlichkeit. Seine pragmatische Frau baut ihn auf und hält zu ihm: Für Natalie Heiß ist es die erste Rolle am Schwetzinger Theater, sie ergänzt als junge, standhafte Frau perfekt ihren zweifelnden Ehemann.
In mehrere Chefrollen schlüpft Rüdiger Hellmann, der beispielsweise skrupellos Macht allein durch Blicke und Stimme verkörpert. Mindestens ebenso unsympathisch spielt Christopher Kaiser den schleimigen Macho und Zuhälter. Und Johanna Withalm beeindruckt durch ihre unglaubliche Vielseitigkeit, wenn sie in die Erzählerin, die heruntergekommene Mutter von Pinneberg und in andere Rollen mit Leichtigkeit schlüpft. Manche traurige, entwürdigende Szene erhält durch die schauspielerische Leistung einen unerwarteten Witz und Situationskomik. (bs)