Serie: Hemsbach.Klima.Wandel. - Teil 3

Klimaanpassung: Wie steht es um den Hemsbacher Wald?

Im Wald ist der Klimawandel so sichtbar wie an kaum anderswo. Revierförster Christopher Schierck erklärt, wie es um den Hemsbacher Wald steht.
Junger Mann mit Hund im Wald.
Mit seinem Hund Capo kümmert sich Christopher Schierck um Hemsbachs Wälder.Foto: km

Seit Oktober ist Christopher Schierck neuer Revierförster in Hemsbach – und bringt frischen Wind in die Pflege des Stadtwalds. Dabei ist er aber kein Neuling in der Forstverwaltung: Seit 2019 arbeitet er beim Kreisforstamt, zunächst im Traineeprogramm, dann im Bereich „Wald und Gesellschaft“. Öffentlichkeitsarbeit, Waldpädagogik und Schulprojekte gehörten dort zu seinem Alltag – Aufgaben, die er nun auch in Hemsbach fortführt.

Der Weg in die Forstwirtschaft war dabei kein Kindheitstraum. „Ich wusste nach dem Abi gar nicht so genau, wo es hingehen soll“, erzählt Schierck. Erst ein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Freilichtlabor Lauresham am Kloster Lorsch brachte ihn auf die Idee, mit und in der Natur zu arbeiten. Inzwischen ist klar: Der Wald ist sein langfristiger Arbeitsort – „vielleicht für die nächsten 40 Jahre“, sagt er. Doch gemessen an der Lebensdauer eines Baums sei das nicht viel: „Ein Baum kann 200 Jahre alt werden – meine Berufslaufbahn ist gerade mal ein Viertel davon.“

Kultursicherung und Wildverbiss

Der Hemsbacher Stadtwald gliedert sich in zwei große Distrikte: Boxberg und Kreuzberg. Besonders im Kreuzberg betreut Schierck alte Eichenbestände – darunter auch Exemplare mit über 200 Jahren. Sie bilden das Rückgrat eines langfristigen Waldumbaus, der den Wald an die Klimaveränderungen anpassen soll.

„Die Eiche ist eine der Baumarten, die mit Hitze und Trockenheit besser zurechtkommt als viele andere“, erklärt der Förster. Derzeit liegt ihr Anteil im Stadtwald bei rund 20 Prozent – ein Wert, den die Stadt halten will. Dabei sei die Eiche keineswegs anspruchslos: „Sie braucht viel Licht und ist nicht sonderlich konkurrenzfähig“, so Schierck. Gerade in der Jugendphase wird sie leicht von anderen Arten überwachsen oder vom Rehwild verbissen. Derzeit läuft deshalb die sogenannte Kultursicherung: „Wir mähen den Aufwuchs rund um die kleinen Eichen frei und schützen sie mit Wuchshüllen.“ Parallel dazu lässt man gezielt auch Ahorn, Robinie oder Kirsche mitwachsen – Vielfalt als Strategie gegen die Unsicherheiten des Klimawandels. „Wenn man alles auf eine Karte setzt und die fällt aus, steht man dumm da“, sagt Schierck.

Eine gute Mischung

Eine gute Durchmischung von Baumarten sei daher wichtig – doch auch die Durchmischung unterschiedlich alter Bäume sei von Bedeutung. Das Stichwort hierbei heißt Naturverjüngung: „Also dass sich Bäume auf natürliche Weise aussäen und ohne menschliches Zutun heranwachsen. Das hat Vorteile – gerade bei Eichen. Wenn sich die Pflanzen von Grund auf an einem Standort entwickeln können, sind sie stabiler als Setzlinge aus der Baumschule, die dort gedüngt und beschnitten wurden. Die Natur weiß eben selbst am besten, was wohin gehört“, erklärt der Förster.

Der Klimawandel hinterlässt Spuren

Die Veränderungen durch den Klimawandel sind längst sichtbar – auch in Hemsbach. „Die stärkste Auswirkung ist die zunehmende Trockenheit“, sagt Schierck. Die Regenmengen im Jahr bleiben zwar ähnlich, aber sie verschieben sich: mehr Regen im Winter, weniger im Sommer – also genau dann, wenn Bäume Wasser brauchen. „Viele schaffen es nicht mehr, das Wasser in die Kronen zu transportieren – sie sterben von oben her ab.“ Ein Beispiel zeigt Schierck direkt im Wald: Eine große Buche ist oben bereits abgestorben, grüne Blätter trägt sie nur noch in der unteren Hälfte. „Das sieht man inzwischen häufig“, sagt er. Besonders betroffen ist die Buche – die bislang wichtigste Baumart im Hemsbacher Wald. „Die Eichen kommen als Althölzer mit der Trockenheit besser klar“, stellt der Förster fest. Nadelbäume zeigen ebenfalls deutliche Schäden – sichtbar auch an abgestorbenen Kronen oder Nadelfall. Trotzdem hebt Schierck die besondere Vielfalt im Hemsbacher Wald hervor: „Mindestens fünf Laubbaumarten auf engstem Raum – das ist schon bemerkenswert.“

Lebensräume schaffen, Wasser halten

Ein wichtiges Instrument zur Förderung der Artenvielfalt ist das seit 2022 geltende Alt- und Totholzkonzept. Es sieht vor, bestimmte Bäume gezielt nicht mehr zu nutzen – sogenannte Habitatbäume, die mit Höhlen, Pilzbefall oder Astabbrüchen wertvollen Lebensraum bieten. In sogenannten Waldrefugien – etwa zehn Prozent der Stadtwaldfläche – bleibt die Natur vollständig sich selbst überlassen. „Wenn man den 'Urwald von morgen' will, ist das der richtige Weg“, sagt Schierck. In der forstlichen Praxis stehe meist aber ein anderes Ziel im Vordergrund: „Wir versuchen, Naturschutz, Holznutzung und Erholung miteinander zu verbinden – das erfordert gezielte Bewirtschaftung.“ Dennoch ließen sich auch aus den Waldrefugien wichtige Erkenntnisse gewinnen – etwa welche Baumarten sich ohne menschliches Eingreifen durchsetzen.

Auch das Thema Wasserrückhalt gewinnt an Bedeutung. Im Rahmen eines Förderprogramms wurden in Hemsbach Rückhaltegräben entlang steiler Wege angelegt, die bei Starkregen das Wasser bremsen sollen. „Solche Maßnahmen helfen punktuell, sind aber kein Allheilmittel“, erklärt Schierck. Wichtig sei eine Unterscheidung: „Diese Strukturen sind keine Feuchtbiotope.“ Für Amphibien seien sie kaum geeignet, da sie oft austrocknen.

Ein echtes Feuchtbiotop wurde dagegen im anderen Walddistrikt geschaffen – ein dauerhaft wasserführendes Becken, gespeist durch ein Fließgewässer. „Solche Projekte müssen gut geplant sein – mit der unteren Naturschutzbehörde abgestimmt und mit klarer Wasserzufuhr“, sagt der Förster. Für die Zukunft nimmt er sich vor, auch in Hemsbach weitere geeignete Standorte zu identifizieren.

Experimentierfreude

Ansatzpunkte zur Klimawandelanpassung des Waldes gibt es zahlreiche. Doch der Förster macht auch klar: „Wir wissen nicht, wie der Klimawandel genau aussehen wird.“ Sicher sei, dass es mehr Trockenheit und mehr Extremwetter geben wird. Welche Taktik aber nun konkret die beste sei, das werde die Zukunft zeigen. Am Ende gehe es vor allem darum, möglichst viel auszuprobieren und zu schauen, was für den Wald am besten funktioniere.

Waldpädagogik und Nachhaltigkeit

Neben seiner forstlichen Arbeit setzt Schierck auch auf Umweltbildung. Zuletzt war er mit einer dritten Klasse im Wald unterwegs – allerdings nicht an der ursprünglich geplanten Stelle. „Da standen zu viele tote Bäume – zu gefährlich für eine Schulklasse.“ Auch das ist Teil der neuen Realität im Wald. Und auch eine weitere Gefahr droht wegen der Trockenheit: die Wahrscheinlichkeit für Waldbrände nimmt stetig zu. Immerhin habe man vor einigen Wochen den Waldwegen Namen gegeben und entsprechende Karten auch an die Feuerwehr weitergegeben – so sei die Orientierung leichter, wenn es mal zu einem Waldbrand kommen sollte. Absolute Sicherheit vor einem solchen Ereignis gebe es aber nicht, erklärt der Förster.

Nachhaltige Waldbewirtschaftung

„Das Prinzip der Nachhaltigkeit gibt es im Wald seit über 300 Jahren“, erklärt Revierförster Christopher Schierck. Damals sei der Wald übernutzt worden, ein Forstmann namens Hans Carl von Carlowitz habe daraufhin das Konzept entwickelt, nur so viel Holz zu entnehmen, wie auch wieder nachwächst. Dieses Prinzip gilt bis heute, etwa im Gemeindewald. Die sogenannte Forsteinrichtung – ein Zehnjahresplan – legt fest, wie viel Holz nachhaltig geerntet werden darf. „Da wird zum Beispiel der Zuwachs der Bäume gemessen“, so Schierck.

Allerdings: Deutschland bewirtschaftet seinen Wald zwar nachhaltig – der Holzverbrauch insgesamt ist es nicht. Denn ein erheblicher Teil des in Deutschland genutzten Holzes wird importiert, teils aus Regionen mit niedrigeren Umweltstandards. Gerade hier zeigt sich: Klimaschutz und Nachhaltigkeit funktionieren nur bedingt, wenn man immer nur Teilbereiche in den Fokus nimmt. Ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz sei hierbei wichtig, findet auch Christopher Schierck: „Der Klimawandel verändert die Bedingungen, und wir müssen uns anpassen – auch im Wald. Ich sehe das optimistisch: Es ist eine Herausforderung, die man auf vielen Ebenen angehen muss – als Förster, aber auch gesellschaftlich und politisch. Jeder kann einen Beitrag leisten, auch wenn die Aufgaben groß sind.“

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Erscheinung
exklusiv online
von Redaktion NUSSBAUMKevin Moschner
10.07.2025
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