Schwüle Temperaturen, Hitze, plötzliche, deutliche Abkühlung und Wetterumschwünge, intensivere Niederschlagsperioden – die Folgen des Klimawandels sind bekannt und spürbar. Doch wie genau hat sich das Klima in Weingarten in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt?
Wie in ganz Baden-Württemberg lässt sich auch in Weingarten seit den 1990ern ein deutlicher Temperaturanstieg feststellen. Tendenziell wird es von Jahrzehnt zu Jahrzehnt im Schnitt immer heißer und trockener. Das geht aus dem Klimaatlas der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg hervor.
Lag die Jahresdurchschnittstemperatur in den 1980ern in Weingarten bei 8,9 Grad, und im Referenzzeitraum zwischen 1961 und 1990 noch bei 9,8 Grad, so liegt sie im Zeitraum seit 2015 bei 11,7 Grad. Auffällig: Seit 2015 lag die Jahresdurchschnittstemperatur fast immer bei über 11 Grad. Nur zweimal sank sie knapp unter 11 Grad. Zur Einordnung: Ein Mittelwert von 8 bis 8,5 Grad Celsius gilt in Baden-Württemberg als umweltschonend. Der höchste je gemessene Jahresdurchschnittswert in Weingarten wurde im Jahr 2024 mit 12,4 Grad registriert.
Auch in den 1980ern lag die Temperatur in Weingarten schon über den Idealwerten, aber die Sprünge waren noch nicht so groß. Zumeist befand sich der Jahresdurchschnitt zwischen 9 und 9,8 Grad. Höchstwert in diesem Jahrzehnt war 10,8 Grad. Dies änderte sich in den 1990ern deutlich. Werte von weit über 10 Grad bis hin zu 11 Grad waren keine Seltenheit mehr.
Interessant wird auch ein Blick auf die Anzahl der heißen Tage (Temperaturen über 30 Grad). Seit dem 21. Jahrhundert sind 20 heiße Tage und mehr im Jahr in Weingarten eher die Regel. Nur zwischen 2007 und 2014 blieb man konstant unter 20 Tagen. 2022 wurden 42 heiße Tage gemessen, allein 18 davon im Monat August. Zum Vergleich zwischen 1961 und 1990 gab es im Schnitt 9 Tage im Jahr mit über 30 Grad Celsius. Im Zeitraum 2015 bis 2024 waren es im Schnitt 27,4 Tage.
Während die Zahl der heißen Tage im Schnitt also steigt, lässt sich der gegenteilige Effekt bei den Frosttagen (Temperaturen unter 0 Grad) feststellen. Im Zeitraum 1961 bis 1990 gab es im Schnitt 75 Frosttage im Jahr, 1991 bis 2020 66 Tage. 2024 gab es bspw. sogar nur 38 solcher Tage.
In Weingarten sind die Temperaturen 2024 durchschnittlich um 1,5 Grad heißer gewesen als in ganz Baden-Württemberg, zu dem auch die kühleren Hochgebiete des Schwarzwalds gehören. Im gesamten Landkreis Karlsruhe ist die durchschnittliche Lufttemperatur seit 1975 um 1,5 Grad Celsius gestiegen, von 8,4 auf 9,9 Grad Celsius.
Die Stadt Waghäusel im Landkreis Karlsruhe wies mit 13,1 Grad Celsius im Jahr 2023 die höchste jemals gemessene Jahresmitteltemperatur auf. Allgemein ist der Raum im Landkreis von sehr warmen Temperaturen geprägt. Anders als Schwarzwald oder den Vogesen, die auch kühlere Luftmassen bieten.
Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg bietet auch einen Zukunftsatlas an. Hier kann man zwar nicht detailliert die potenzielle Klimaentwicklung einzelner Gemeinden nachverfolgen, immerhin aber die der einzelnen Landkreise. Der Klimaatlas Zukunft basiert auf wissenschaftlichen Prognosen.
Die Landesanstalt rechnet im Landkreis Karlsruhe mit einem weiteren Temperaturanstieg um 1,3 Grad Celsius bis 2050. Bis 2100 könnte die Durchschnittstemperatur sogar um 3,4 Grad Celsius ansteigen – vorausgesetzt, Klimaschutzmaßnahmen wirken nicht oder werden gar nicht erst in Kraft gesetzt.
Was man aber auch für Weingarten feststellen kann: Für die Zukunft ist laut Klimaatlas mit einer Zunahme von im Schnitt 8 heißen Tagen mehr pro Jahr (zwischen 2021 und 2050) zu rechnen und gleichbedeutend mit einer Abnahme von etwa 13 Frosttagen weniger.
Für die Zukunft müssen wir uns wohl auf immer mehr Wetter-Extreme einstellen. Laut Klimaatlas ist mit immer mehr intensiven Hitzeperioden zu rechnen. Ebenso wird es nach längeren Trockenperioden, wenn Niederschlag auftritt, heftigere, anhaltendere Niederschläge geben, so wie wir es zuletzt im Juli in vielen Regionen erlebt haben. Das wiederum erhöht die Hochwassergefahr.
Eine Jahresmitteltemperatur von 10 Grad Celsius (1,5 Grad über vorindustriellem Niveau) ist schon umweltbelastend. Ein Anstieg auf prognostizierte 13,6 Grad Celsius im gesamten Bundesland im Jahr 2100 würde die Ökosysteme deutlich belasten und überstrapazieren: größeres Waldsterben, knappe Grundwasservorräte, Beschleunigung des Artensterbens wären die Folgen.
Die Gemeinde Weingarten erstellt aktuell im Rahmen des Landesförderprogramms zur freiwilligen kommunalen Wärmeplanung Baden-Württemberg einen kommunalen Wärmeplan für Weingarten. Damit soll ein Handlungsleitfaden für die klimaneutrale Wärmeversorgung der Gemeinde entstehen. Dabei arbeiten Gemeindeverwaltung und Umwelt- und Energieagentur Kreis Karlsruhe GmbH eng zusammen. Vom 19. Mai bis 1. Juni 2025 fand hierzu die zweite Offenlage des bisherigen Entwurfs nebst Beteiligung der Öffentlichkeit statt.
Um auch für eventuelle Folgen des Klimawandels wie bspw. Hochwasser gerüstet zu sein, gibt es in Weingarten ein Hochwasserrückhaltebecken, insgesamt bestehend aus vier Rückhaltebecken. Bei einer 2015 durchgeführten Untersuchung – die auch Thema der Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause war – wurde festgestellt, dass der 100-jährige Hochwasserschutz sichergestellt werden kann. Darüber hinaus solle jedoch das Rückhaltebecken „Am Alten Schloss“ saniert werden. Dabei soll u. a. ein zweiter Durchlass zur Entlastung geschaffen und auch der Dammkörper saniert werden. (haf)