In den kommenden Wochen finden Sie im Stadtblatt regelmäßig, aber nicht unbedingt wöchentlich, kurze Beiträge zum Thema Klimawandel. Ziel dieser Reihe ist es, gängige Mythen und falsche Behauptungen kritisch zu beleuchten – und dabei immer auch einen Blick auf Ebersbach an der Fils zu werfen. Denn Klimawandel ist kein fernes Phänomen, das nur in der Arktis oder in den Tropen stattfindet. Er betrifft uns direkt vor Ort.
Ein häufiges Argument lautet: „Früher war das Wetter auch schon verrückt – das ist alles ganz normal.“ Viele erinnern sich an heiße Sommer in den 1970er Jahren oder an schneereiche Winter. Daraus wird oft geschlossen, dass die heutigen Wetterextreme nichts Besonderes seien. Doch dieser Vergleich greift zu kurz. Wetter war tatsächlich schon immer schwankend, aber Klimawandel bedeutet nicht einzelne heiße Tage oder ein Unwetter, sondern die langfristige Veränderung von Durchschnittswerten über Jahrzehnte hinweg. Genau diese Veränderungen sind heute eindeutig messbar. Der Deutsche Wetterdienst zeigt, dass die Jahresdurchschnittstemperatur in Deutschland seit 1881 um rund 1,6 Grad Celsius gestiegen ist (DWD 2023). Dazu kommt, dass Extremwetter wie Hitzewellen, Starkregen oder Dürreperioden inzwischen häufiger und intensiver auftreten – das ist wissenschaftlich eindeutig belegt (IPCC 2021).
Besonders auffällig ist auch, dass Nächte weniger stark abkühlen, was die Belastung durch Hitzestress erhöht. In den letzten Jahrzehnten sind warme Nächte, bei denen die Temperatur nicht unter 20 °C fällt – sogenannte Tropennächte – in Deutschland deutlich häufiger geworden. Während sie früher die Ausnahme waren, kommen sie heute häufiger vor – zum Beispiel stieg in München der Durchschnitt von 1,7 Tropennächten (1982–2002) auf 5,3 (2003–2018). Modellrechnungen zeigen, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird: In Regionen wie Bayern könnten ohne Klimaschutz bis Mitte des Jahrhunderts jährlich sechs zusätzliche Tropennächte hinzukommen – mit Klimaschutz wären es laut dem LfU Bayern hingegen nur 0,3. Diese Nächte führen zu eingeschränkter nächtlicher Abkühlung und erhöhen die Belastung besonders für ältere Menschen oder gesundheitlich Vorbelastete.
Diese Entwicklung macht sich auch in Ebersbach bemerkbar. In den Sommern 2018, 2019 und 2022 lagen die Temperaturen deutlich über dem langjährigen Schnitt. Viele Ebersbacherinnen und Ebersbacher erinnern sich an das Niedrigwasser der Fils, das nicht nur die Natur, sondern auch Fische und Kleintiere stark belastete. Gleichzeitig führten Starkregenereignisse in den letzten Jahren wiederholt zu überlasteten Kanälen und Überschwemmungen in Teilen der Stadt. Genau diese Kombination – lange Trockenheit, gefolgt von plötzlich einsetzendem Starkregen – gilt als typische Folge des Klimawandels.
Auch der Sommer 2025 in Ebersbach hat gezeigt, wie unbeständig das Klima inzwischen geworden ist. Auf eine trockene und heiße Phase im Juni folgten im Juli heftige Regenfälle und Gewitter. Im August kletterten die Temperaturen dann auf bis zu 35 °C. Diese Mischung aus Hitze, Starkregen und abrupter Abkühlung ist kein „normales Auf und Ab“ mehr, sondern typisch für den Klimawandel, der Wetterextreme verstärkt und sie direkt hier vor Ort spürbar macht.
Der Satz „Früher war das Wetter auch schon verrückt“ stimmt also nur teilweise. Ja, es gab immer Ausreißer, aber die Häufigkeit und Intensität haben heute ein neues Niveau erreicht. Klimawandel bedeutet nicht einfach ungewöhnliches Wetter, sondern eine nachweisbare Verschiebung des Klimas. Und diese Verschiebung betrifft auch uns in Ebersbach.
Thorsten Just
für den Ortsverband Bündnis 90/Die Grünen Ebersbach