MLP Academics Heidelberg
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MLP Academics

Kommentar: Die Bayern als Bonus

Das bevorstehende BBL-Halbfinale gegen den amtierenden Meister München fühlt sich für das Überraschungsteam der MLP Academics wie Fliegen an.
Jubel nach Chemnitz
Strahlende Sieger: Ryan Mikesell (verdeckt), Bakary Dibba (v.l.), Paul Zipser und Erol Ersek feiern den Einzug ins Playoff-Halbfinale. Das Wiedersehen mit dem amtierenden Meister FC Bayern Basketball hat eine ganz besondere Note.Foto: Lukas Adler

Von Joachim Klaehn

Einen solchen Parforceritt hat niemand unter den nationalen Basketball-Experten erwartet – der Außenseiter MLP Academics Heidelberg ist mit einer Vehemenz, die großen Respekt verdient, ins Halbfinale der easyCredit Basketball Bundesliga eingezogen. Einen weiteren Beweis ihrer enormen Resilienz und spielerischen Klasse haben die „Akademiker“ aus der ältesten Universitätsstadt Deutschlands am Dienstagabend geliefert. Beim 92:64 fegten sie den letztjährigen Halbfinalisten und FIBA Europe Cup-Gewinner NINERS Chemnitz buchstäblich aus dem SNP dome.

Im Ausnahmezustand

Seit einigen Wochen befindet sich die Basketball-Community im Südwesten der Republik im Ausnahmezustand. Die Mannschaft begeistert einfach mit ihrer Art, die Jagd nach Körben zu zelebrieren. Längst ist der Funke aufs Publikum übergesprungen, das jeden Heimauftritt zur wilden Party umgestaltet. „Es ist sooooo schön, was hier gerade alles passiert“, sagt eine Besucherin beim Hinausgehen verzückt. Und einer der „Altfans“ meint nur: „Michael Weathers ist der Hammer! Ein mitreißender Typ. Wenn man könnte, würde man den sympathischen Kerl adoptieren.“

Die Charmeoffensive funktioniert deshalb, weil die aktuelle Mannschaft positive „Vibes“ ausstrahlt, Geschlossenheit selbst in kritischen Phasen demonstriert und an eine glorreiche Vergangenheit anknüpft, die bereits fünf Jahrzehnte her ist. Zur Erinnerung: Die Titel des Ex-Rekordmeisters und Vorgängerkonstrukts USC Heidelberg datieren aus den Jahren 1957, 1958, 1959, 1960, 1961, 1962, 1966, 1973 und 1977. Hinzu kommen die beiden Pokaltriumphe 1977 und 1978. Damals freilich war die Teamsportart Basketball eine vollkommen andere – Universitäts-Sportclubs prägten die Szenerie, es herrschte Semiprofessionalität und der deutsche Basketball spielte international eher eine Nebenrolle …

Braunschweig oder Würzburg?

Nunmehr stehen drei der vier Halbfinalisten mit Meisterschaftsfavorit FC Bayern Basketball, Herausforderer ratiopharm ulm und dem Überraschungsteam MLP Academics Heidelberg fest. Gesucht wird noch der Vierte im Bunde. Dies entscheidet sich an Christi Himmelfahrt im 5. Viertelfinalspiel zwischen den Basketball Löwen Braunschweig und den FIT/One Würzburg Baskets.

Die MLP Academics bekommen es mit dem EuroLeague-Klub und Titelverteidiger FC Bayern zu tun. Am Sonntag geht’s im neuen Schmuckstück, dem technologisch hochwertigen SAP Garden, neben dem ehemaligen Olympiagelände von 1972 los. Allein diese mindestens zwei Academics-Auftritte dort sind das i-Tüpfelchen dieser außergewöhnlichen 59. BBL-Spielzeit.

Die Voraussetzungen scheinen klar: Für die Roten ist die Meisterschaft Pflicht, für die Blauen hat hingegen alles, was jetzt noch kommt, wunderbaren Bonuscharakter.

Duell der Bundesliga-Gründungsmitglieder

Es ist das Aufeinandertreffen zweier Gründungsmitglieder der Basketball-Bundesliga von 1966/1967, die sich seinerzeit in der Gruppe Süd einer zweigeteilten Spielklasse begegneten. Der sportlichen Fairness halber seien genauso die historischen Erfolge der Bayern hervorgehoben: 1954, 1955, 2014, 2018, 2019 und 2024 sind sie Meister, 1968, 2018, 2021, 2023 und 2024 Pokalsieger geworden.

Für einen Protagonisten der MLP Academics hat die bevorstehende Halbfinalserie ganz besondere Bedeutung. Paul Zipser verbrachte knapp neun Jahre seiner Karriere beim FCB, bestritt dabei 196 Bundesligapartien für die Münchner und kehrte nach einer Hirnblutung, Not-OP und anschließenden Zwangspause von 271 Tagen im Frühjahr 2022 aufs Parkett zurück. „Jetzt kommen die Bayern, da habe ich richtig Bock drauf. Uns gefällt die Underdog-Rolle“, sagt der gebürtige Schriesheimer vor dem Traum-Halbfinale aus Sicht der Jungs vom Neckar, deren euphorisierte Anhängerschar sich hin und wieder in der Kurve immer noch kneifen muss.

Erinnerung an Retter Freyer und Co.

Ja, es hat tatsächlich geklappt mit dem Coup! Nur ein Jahr nach dem Fast-Abstieg und der unvergessenen Aufholjagd von Trainer Ingo Freyer und seinen kampfeslustigen Profis und Helden. Der kometenhafte Aufstieg vom Abstiegskandidaten zum BBL-Halbfinalisten unter dem Dirigentenstab von Freyer-Nachfolger Danny Jansson ist ohne Wenn und Aber eine fantastisch anmutende Parforce-Leistung.

Es folgt in Bälde die Belohnung pur: Mehr Spektakel als gegen Weltmeistertrainer Gordon Herbert und sein Starensemble des FC Bayern Basketball, das Maß der Dinge im BBL-Ökosystem, geht nämlich nicht. Gefühlt ist es wie Reiten - oder besser Fliegen auf vier Hufen …

Playoff-Halbfinale, Modus „Best-of-five“:

Sonntag, 1. Juni, 1. Spiel: FC Bayern Basketball – MLP Academics Heidelberg (16.30 Uhr); Mittwoch, 4. Juni, 2. Spiel: Academics – Bayern (20 Uhr); Samstag, 7. Juni, 3. Spiel: Bayern - Academics (20 Uhr); Dienstag, 10. Juni, evtl. 4. Spiel: Academics – Bayern (20 Uhr); Donnerstag, 12. Juni, evtl. 5. Spiel: Bayern – Academics (18.30 Uhr).

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