
Am 8. März war wieder Weltfrauentag. Und den begeht man in der Stadtbibliothek Schwetzingen inzwischen mit einer Tradition. Bereits bei der Begrüßung wies Bibliotheksleiterin Saskia Lindenbeck darauf hin, dass das erste Konzert zum Frauentag in der Stadtbibliothek bereits vor acht Jahren stattfand; die Schwetzinger Sängerin Martina Netzer und ihre musikalische Begleiterin, die Pianistin und Gitarristin Luzia Storf aus Seebach im Elsass standen zu diesem Anlass nun vierten Mal auf der Bühne der Bücherei. Motto ihres Auftritts war „Frauen, Männer, Accessoires“.
Es ging um Alltagssituationen, um die Liebe und vermeintlich typisch weibliche Gegenstände. Auch wenn das Konzert sehr unterhaltsam war, regte die Künstlerin zu ernsten Gedanken an die Benachteiligung, Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen auch im Jahre 2025, auch in Deutschland an.
Das Konzert war ausverkauft, die Stadtbibliothek voll besetzt – und Männer waren herzlich willkommen. Netzer schloss ausdrücklich auch non-binäre und queere Menschen mit ein und bekräftigte dies mit André Hellers Chanson „Denn ich will, dass es das alles gibt, was es gibt“, in dem es um die Akzeptanz der gleichgeschlechtlichen Liebe geht.
Mit dem traditionellen Lied „Dat du meen Leeveten bürst“, begann Netzer ihr Programm. Es ist ein durchaus gewagtes Stück, in dem die Frau die aktive Rolle beim Liebeswerben einnimmt.
Accessoires helfen, zum Beispiel „Schuhe“ als Frustkäufe, wie aus dem gleichnamigen Lied von Ina Müller hervorgeht. Von ihr stammt auch das Lied „Handtaschen“, ein anderer bedeutsamer Gegenstand im Besitz von Frauen. Stiefel sind gut zum Davonlaufen – „These boots are made for walking“ von Nancy Sinatra. Natürlich kam die romantische Liebe nicht zu kurz. Da sang Netzer den Elvis Presley Hit „Can’t Help Falling in Love“ und schmachtete über die schwer zu beherrschende Anziehungskraft eines Fremden in „Je ne parle pas Français“ von Namika.
Schönheit und Aussehen gehörten zu den leidigen und leidenschaftlichen Themen der Frau. Während Patti Boyd sich schick machte, komponierte Eric Clapton sein Liebeslied „Wonderful Tonight“, denn sie sah toll aus. Die Andrew Sister drückten ihr Wohlgefallen etwas anders aus: „Bei mir bist du scheen“. Problematisch ist es, wenn die Rollen sich am Bauch ansetzten, wie im Lied „Hefe“ von den „Mütter“ beschrieben. Dass die Liebe sich nicht von Äußerlichkeiten leiten lassen sollte, besang Netzer mit dem lustigen Lied von Otto Reutter „Nehm’n Se doch ’nen Alten, denn der ist froh, wenn Sie ihn behalten“.
Durchweg kämpferisch ist die deutsche Fassung zu „No Woman No Cry“ von Bettina Wegener, bei der es um die Benachteiligung im Job, um Misshandlung, Alleingelassen-Werden geht: „Weine nicht, aber schrei'“. Auch tröstende Worte fanden sich in den Liedtexten des Abends wieder: „Wenn du jemals vergisst, wie schön und stark du bist, dann kommst du zu mir, ich erinnere dich“ (Antje Lamers).
Abschließend kam Martina Netzer wieder zurück auf das Ursprungsthema des Weltfrauentags mit dem Lied „Brot und Rosen“ aus dem Jahre 1911. Das Lied entstand bei einem Streik von 14.000 Textilarbeiterinnen in Lawrence, USA, und geht zurück auf eine Parole der New Yorker Gewerkschafterin Rose Schneiderman, wobei Brot („bread“) für Lohn und Rosen („roses“) für Anerkennung stehen.
Zu jedem der Lieder hatte die Entertainerin eine kleine Story, eine kleine Anekdote, ein Gedicht parat als Übergang zu den besungenen Themen.
Ein kleines Schmankerl an dem Abend war Teil der Bühnendekoration: Eine Modellpuppe mit einem raffinierten bunten Papierkleid der erst kürzlich verstorbenen Neulußheimer Künstlerin Noémie Reichert; für sie kam ihr Mann, der Grafiker und Musiker Holger Alt.
Organisiert wurde der Abend von Bibliotheksleiterin Saskia Lindenbeck und ihrer Stellvertreterin Eva Löwe sowie Mitarbeiterin Violeta Fitzer und ihrer Enkelin Emilia. (rw)