Aus den Rathäusern

Korntal Minus Münchingen ist 50

50 Jahre Korntal - Münchingen bedeutet auch 50 Jahre Bindestrich in der Mitte. Doch war das wirklich gewollt und welche Kuriositäten gibt es? Die...

50 Jahre Korntal - Münchingen bedeutet auch 50 Jahre Bindestrich in der Mitte. Doch war das wirklich gewollt und welche Kuriositäten gibt es?

Die älteste württembergische Gemeinde mit Doppelname dürfte Hofstett-Emerbuch sein. Hier war keine Verwaltungsreform nötig. Die Siedlungen Hofstett und Emerbuch wuchsen im Mittelalter einfach so zusammen. Beide Ortsteile zu nennen, erschien notwendig, da sich in unmittelbarer Nähe Hofstett am Steig („oberhalb der Geislinger Steige“) befindet.

Zwei andere bevorzugten das „und“: Bach und Altenberg (Schwarzwald) sowie Hof und Lembach (Bottwartal). Aus Steinsfeld mit Lehren (Lehren-Steinsfeld), das 1861 noch eine „1/8 Stunde“ auseinanderlag, wurde noch im 19. Jahrhundert Lehrensteinsfeld. Das größere Steinsfeld ließ dem kleineren Lehren den Vortritt.

1853 eröffnete die Württembergische Staatsbahn eine ihrer wichtigsten Stationen. Sie hatte den Namen eines nahegelegenen Weilers erhalten: Mühlacker. Die eigentliche Gemeinde Dürrmenz war stolz, denn hier hielt sogar der Orient-Express. Und so benannte man nicht etwa den Bahnhof um, sondern gab dem Ort einen Doppelnamen. 1930 wurde dann aus der Gemeinde Dürrmenz-Mühlacker die Stadt Mühlacker.

In unmittelbarer Nähe zu uns war ab und zu von Feuerbach-Weil im Dorf zu lesen. Hier kam es 1929 zur Eingemeindung, offiziell hieß die Stadt weiterhin Feuerbach. Das Ende ihrer Selbstständigkeit war 1933 besiegelt und die Korntaler Nachbarn gratulierten der Stadt Stuttgart zur Eingemeindung. (O heiliger Sankt Florian, verschon´ mein Haus, zünd´ and´re an.)

Ebenso 1933 und unter Zwang war die Gründung der Gemeinde Jagstfeld-Kochendorf erfolgt, die im darauffolgenden Jahr den Namen Bad Friedrichshall erhielt. Nach der NS-Zeit scheiterten Trennungsversuche. Im Gegenzug beschwichtigte das Innenministerium den Kurort mit dem Stadtrecht.

1952 verschmolzen Württemberg-Baden, Württemberg-Hohenzollern und Baden (Südbaden) zu einem neuen Land in Deutschlands Südwesten.

Württemberg, das in der Kaiserzeit in der Rangfolge immer an vierter (!) Stelle stand (Königreiche Preußen, Bayern, Sachsen u. Württemberg, Großherzogtümer Baden, Hessen etc.) war nach Ende der Monarchie – alphabetisch – an den letzten Platz der Auflistung der Länder gerutscht. Nun hatte man die Möglichkeit, ganz oben zu sein (Anhalt lag ja in der DDR) und stellte das kleinere Baden bei der Namenswahl vorne dran – clever überlegt (und das schon vor Lothar Späth).

Ende der 1960er und Anfang der -70er Jahre erfolgte dann die bei unserem Jubiläum oft erwähnte Gemeindereform – und die Zeit der Doppelnamen. Die Landesregierung von Baden Bindestrich Württemberg wollte diese seltsamerweise anfangs nur ausnahmsweise genehmigen.

Villingen und Schwenningen hätten einer Anekdote zufolge, der jeweiligen Nachbarstadt folgendes Zugeständnis bei der Namensfindung machen wollen: Die Villinger hätten ihr Vill- nach vorne gestellt und auf das -ingen verzichtet; das hätte Schwenningen liefern dürfen. Genauso sahen es die Schwenninger: Sie wollten ihr Schwenn- vorne sehen und Villingen hätte mit seinem -ingen im Stadtnamen vertreten sein dürfen.

Und wer glaubt, Korntal und Münchingen liegen religiös auseinander, der darf gerne einen Blick auf die Stadt auf der Baar werfen: Die Katholiken von Villingen gehören zum Erzbistum Freiburg, die von Schwenningen zum Bistum Rottenburg-Stuttgart (wieder ein Doppelname). Genauso konsequent machen die Evangelischen Landeskirchen an der alten Stadtgrenze halt.

Gleiches gilt übrigens für die ehemalige Ortsgrenze im württembergisch-badischen Ölbronn-Dürrn.

Man konnte übrigens den Bindestrich auch einfach weglassen und sich Walddorfhäslach nennen (Lehrensteinsfeld lässt grüßen). Das ist so oder so allemal kürzer als Bietigheim-Bissingen, Bad Teinach-Zavelstein oder Leinfelden-Echterdingen.

In Brettach-Langenbeutingen sah man dies ein und nannte sich ein Jahr nach dem Zusammenschluss Langenbrettach. Ebenso in Stetten-Rommelshausen, dass sich zwei Jahre später den Namen Kernen gab; obwohl der namensgebende Berg zu Fellbach gehört.

Da es den Münchingern sichtlich schwerfiel, zur Stadt Korntal zu gehören, brachte die Landesregierung 1974 den Doppelnamen ins Spiel. In Münchingen reagierte man besänftigt und stimmte im Gemeinderat zu – was zu erwarten war. Nun hätte man ja von den Korntaler Stadträten erwarten können, dem auch zuzustimmen. Immerhin hatten sie doch vor wenigen Monaten noch die Befürchtung gehabt, dass der Ort bald Stuttgart-Korntal heißen wird. Doch die Korntaler Kollegen lehnten den Vorschlag mehrheitlich ab. Wie die Landesregierung dazu stand, sehen wir heute.

Dabei hätte Korntal die Chance gehabt, sein zufällig gewordenes Anhängsel wieder loszuwerden. Aalen-Wasseralfingen, Calw-Hirsau und Blaustein-Herrlingen heißen heute längst nicht mehr so. Ravensburg-Weingarten und Böblingen-Sindelfingen wurden gar nicht erst gegründet – auf Gleiches spekulierte Münchingen.

Letzt genanntes Konstrukt wird übrigens gerne als Böbelfingen bezeichnet. Vielleicht möchten Sie, liebe Leserinnen und Leser, sich einmal Gedanken machen, wie unsere Stadt wohl geheißen hätte, wenn wir auf den Bindestrich hätten verzichten müssen. Kommen Sie mit uns bei unseren weiteren Veranstaltungen im Jubiläumsjahr ins Gespräch. Sie sind herzlich eingeladen.

Erscheinung
Amtsblatt Stadt Korntal-Münchingen
Ausgabe 30/2025
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