
Die seit über zehn Jahren schon zur Tradition gewordene Lehrstellenbörse Neckar-Odenwald fand am Samstag (11.10.) einmal mehr in der Pattberghalle in Neckarelz statt. Mittlerweile ist das Event auch an den weiterführenden Schulen ein fester Bestandteil im Feld der Berufsorientierung geworden.
Gemeinsam getragen von der Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar (IHK) und der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald in Kooperation mit der Stadt Mosbach, dem Landkreis sowie der Kreishandwerkerschaft Neckar-Odenwald gab es über 50 informative Stände zu erkunden. „Die regionalen Unternehmen zeigen großes Interesse an der Veranstaltung“, wusste Ausbildungsberaterin Hannah Reichenecker von der Handwerkskammer stolz zu berichten, denn das Format habe sich immer wieder als Erfolg erwiesen. IHK-Geschäftsführer Dr. Andreas Hildenbrandt zeigte sich ebenfalls positiv gestimmt und wurde beim Eröffnungsrundgang an einigen Ständen direkt selbst aktiv, wo die Möglichkeit zum tatkräftigen Kennenlernen verschiedener Berufe geboten war.
„Hands-On“ und ausprobieren – das ist das Fundament dieser Messe für Ausbildung. Gerade bei den Handwerken geht es schließlich ums Zupacken und „Machen“. Es wurde gehämmert und geschraubt, gemalt, auseinander- und zusammengesetzt. Dabei konnte die Besucherschaft nicht nur einen Einblick in den Beruf gewinnen, sondern auch eigene Affinitäten entdecken und sich mit einbringen. Ob Bau, Energieunternehmen, Mechanik und Elektronik, in der Pharmazie, dem Tourismus oder bei den Banken und vielem anderen mehr: Hier war für jeden etwas dabei.
Dabei waren es nicht alleine Unternehmen, die sich in der Pattberghalle präsentierten: Berufsfachschulen, Handwerkerinnungen und weitere Verbände informierten ebenfalls rund um ihre Tätigkeitsfelder. Ob klassische „Lehre“, Berufsschulausbildung, duales Studium oder kombinierte Modelle – die Möglichkeiten werden immer vielfältiger.
„Das Wichtigste bleibt die Ausbildung unserer jungen Menschen“, so Oberbürgermeister Julian Stipp, mit einem Auge auf die gesamtwirtschaftliche Situation. Für ihn steht fest: „Der Fokus muss zurück auf Familienunternehmen und Mittelstand gelenkt werden“. Das bedeute unter anderem, die Handwerksberufe zu stärken, denn es gelte heute mindestens genauso wie damals: „Handwerk hat goldenen Boden!“, unterstrich der Rathauschef.
Dass inzwischen gesellschaftlich wieder mehr Bewusstsein dafür entsteht, bestätigte Obermeister Peter Schlär von der Bäcker-Innung Neckar-Odenwald: „Gerade gestern habe ich einen neuen Lehrvertrag gemacht!“ Dennoch ist er wie viele andere Handwerksbetriebe weiterhin auf der Suche nach Auszubildenden und würde nach eigenem Bekunden „auch noch mehr einstellen“, wenn die passenden Personen verfügbar wären.
Heute sei es in einigen Branchen fast schon üblich, dass sich die Unternehmen bei den jungen Leuten bewerben müssen, kommentierte Sibylle Brauch als Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft die Lage gerade in handwerklichen Berufen. Und tatsächlich war anhand der sorgfältigen Gestaltung der Informationsstände zu erkennen, dass die Aussteller großen Aufwand in die Anwerbung neuer Auszubildenden stecken. Auch „Like“-Karten, die der Bewerbung als Bonuspunkt beigelegt werden können, machen diese Berufe-Ausstellung zu einem lohnenden Ziel für Ausbildungssuchende.
Was die Lehrstellenbörse am stärksten von Online-Ausschreibungen unterscheidet, das sei die „Erlebbarkeit der Menschen und des Teamgeistes“, so Dr. Björn-Christian Kleih, Erster Landesbeamter des Neckar-Odenwald-Kreises. Das bestätigten auch die Auszubildenden, die vielerorts die Stände selbst besetzten. Denn von wem ließe sich authentischer über die Ausbildung berichten, als von denen, die sie gerade durchlaufen?
„Wir sind auf Augenhöhe!“, erklärte etwa eine Auszubildende schmunzelnd, die fleißig Informationsmaterial an mehr oder wenige gleichaltrige Interessierte verteilte, die sich dem Stand ihres Ausbildungsbetriebes näherten. Und auch für sie selbst sei die Messe ein lehrreiches Ereignis. Einen Messestand zu betreuen sei doch ein wenig „anders, als man sich es vorgestellt hat“, gab ein Auszubildender am Stand der hiesigen Volksbank zu – doch habe er sich über die zahlreichen guten Gespräche gefreut, die hier zustande kamen.
Meist wurden die „Azubis“ von ihren Ausbildungsleitern begleitet, sodass die Kreis-Lehrstellenbörse gleichzeitig zu einem kleinen „Speed-Dating“ um in der Vergabe befindliche Ausbildungsplätze wurde. Gleichzeitig entsteht aber auch eine Art „Schaufenster“ für die heimische Wirtschaft, wo es gilt, Präsenz zu zeigen, wie etwas Christoph Lunczer, Ausbildungsleiter bei der Sparkasse Neckartal-Odenwald, bekräftigte. Die an verschiedenen Ständen verteilten oder über Glücksräder zu gewinnenden Werbegeschenke wurden dabei freilich auch immer wieder gerne mitgenommen.
Um die frühe Mittagszeit füllte sich die Halle zunehmend mit jungen Gesichtern. Ob alleine, in kleinen Gruppen oder mit Begleitpersonen, besuchten zahlreiche angehende Schulabsolventen die Stände, um sich über ihre potenziellen beruflichen Wege für die Zukunft zu informieren.
Immer häufiger wird das Event auch von Schulklassen gemeinsam besucht. Ob mit Laufzettel als Rallye-Spiel oder ganz offen zum eigenen Informieren, die Anzahl an Klassengruppen sei seit dem letzten Jahr deutlich gewachsen, erzählte eine Auszubildende der Sparkasse Neckartal-Odenwald, die schon 2024 mit dabei war.
Nahezu jedes Jahr vor Ort ist Michael Haag – in doppelter Funktion, denn Haag ist Lehrer an der Gemeinschaftsschule Obrigheim mit Sonderbeauftragung für Berufsorientierung und kommunalpolitisch als Stadtrat in Mosbach tätig. Einige seiner Schülerinnen und Schüler traf er direkt nach dem Eröffnungsrundgang in der Pattberghalle.
„Hier ist die ganze Bandbreite an Berufen vertreten“, zeigte Michael Haag sich begeistert von dem Angebot einer solchen Plattform. Es sei auch in vielen Fällen von Vorteil, wenn Eltern und Lehrkräfte ihre Schützlinge begleiten, weil persönlich vertraute Ansprechpersonen oft zusätzliche Sicherheit vermitteln, beschrieb der Pädagoge. Bestätigt wurde dies von mehreren Unternehmensvertretern, die sich oft viel Zeit zur ausführlichen Beratung nahmen und mitunter sogar gleich Praktikumsplätze anboten.
Eine weiterhin positive Entwicklung bei „immer sehr guter Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten“ resümierte auch Fabian Weiß, Amtsleiter für Kultur und Wirtschaft bei der Stadt Mosbach. Oberbürgermeister Julian Stipp testete unterdessen fasziniert am Stand der Stadtverwaltung die neuen 3D-Brillen, mit welchen sich Berufsfelder der kommunalen Verwaltung virtuell erkunden lassen. (pvh/frh)