Vor 80 Jahren sind die Franzosen und eine marokkanische Truppe in Ebhausen, Wenden und Ebershardt einmarschiert. Über Rotfelden haben wir leider keine Informationen.
Bericht von Helga Senst (geb. Gauss)
„Kurz vor dem Einmarsch kamen viele deutsche Soldaten zu Fuß die Steig herunter. Sie waren erschöpft, müde und matt. Man gab ihnen Wasser zu trinken. Nane K. holte ihren Schnaps und teilte ihn den Soldaten aus. Die ersten Soldaten gingen schon den Stuhlberg hoch und immer kamen noch Soldaten die Steig herunter. Sie sagten: "Der Feind kommt gleich!"
„Dann mussten wir am 16. April 1945 in den Keller gehen. Zu uns kamen Hebamme Kummer mit Enkel Peterle, Nachbar Karle und wir drei: Mutter, Bruder und ich. Die Haustür durfte man nicht schließen. Wir saßen auf Sprudelkisten. Die untere Tür stand offen. Plötzlich hörte man einen Schuss – der Feind ist da! Wir hören Panzer rollen, Auto fahren. Es wurde unheimlich, die Angst stieg. Alle horchten und es wurde laut.
Adolf Roth, ein kranker Mann, musste mit einem weißen Leintuch vors Dorf Richtung Altensteig gehen. Als Zeichen, dass kein Widerstand geleistet wurde.
Den Keller konnten wir wieder verlassen und uns im Haus, besonders vor dem Haus aufhalten“.
„Jetzt kamen schon die Marokkaner mit Gewehren, gingen ins Haus, schauten in alle Zimmer, gingen auf die Bühne und in den Keller.
Vor dem Haus stand eine Holzbank, wo wir uns setzen konnten. Man hatte Angst. Laufend kamen die Marokkaner und durchsuchten die Wohnungen. Am Abend saßen wir in der Stube zusammen mit drei weiteren Familien aus der Nachbarschaft.
Spät in der Dunkelheit sagten die Frauen: "Sie kommen!" Alle hatten Angst. Der erste Marokkaner kam zur Tür herein. Meine Mutter ging ans Fenster, machte es auf und schrie so laut sie konnte: " France, Hilfe, France, Hilfe!" Da verließen die Marokkaner das Haus und Mutter zählte acht Marokkaner, die am Haus entlang zurückgingen. Jetzt war für diese Nacht Ruhe bei uns. Wir Kinder durften ins Bett, die Erwachsenen saßen auf den Stühlen in der Stube.
In der unteren Wohnung von Tante Madele wurde alles zerstört. Schubladen und Gegenstände rausgezogen und auf den Boden geworfen. Man sagt geplündert, was nur geplündert heißt. Im Keller wurden die eingelegten Eier alle auf den Boden geworfen, Einmach-Gläser aufgemacht und auf den Boden geschüttet und … Zuletzt war unten schon ein Feuer. Es rauchte zum Kellerfenster heraus. Alles war schrecklich. Da dachte unsere Mutter nur noch an Familie Brandt, die französisch sprach. Sie wohnten in der Baracke vom Schickhardt. Schnell schickte meine Mutter meinen Bruder zur Baracke. Während mein Bruder unterwegs war, waren Herr und Frau Brandt schon unterwegs zu uns. Sie dachten: "Wir müssen mal nach den Gaussens sehen". Herr Brandt sprach mit den Marokkanern und Franzosen und sofort wurde das Feuer gelöscht. Familie Brandt war unsere Rettung."
„Weil Herr Brandt nicht Soldat werden wollte, mussten er, seine Frau, zwei Töchter und ein Sohn innerhalb von 24 Stunden ihr Dorf verlassen. So kam die Familie am 17. Juli 1944 nach Ebhausen in die Baracke von Schickhardt. In der Weberei mussten alle fünf arbeiten. In der Baracke wohnten Russen, Polen und Franzosen. Jede Familie hatte nur zwei Zimmer. Im Herbst bekam mein Vater den „Stellungsbefehl“ und musste als Soldat einrücken. Vorher musste er noch Herrn Brandt auf seinem Webstuhl einlernen. Es entstand eine „geheime Freundschaft“, die noch Jahre danach anhielt.“ (Helga Senst geb. Gauss)
am Freitag, den 02. Mai 2025,
ab 14:30 Uhr, im Gemeindehaus, Raum Erdgeschoss,
Eingang Parkplatz.
Thema: Jugend während des Zweiten Weltkriegs – Zeitzeugen berichten