Bis zum Beginn des Krieges sind Jöhlingen und Wössingen geprägt von der Landwirtschaft, Handwerkern und Fabrikarbeitern, die in Bretten, meist aber in Durlach oder Karlsruhe arbeiten. In den 1950er Jahren sind Dörfer unserer Größenordnung gewissermaßen „Selbstversorger“, das heißt, alles für den Grundbedarf für das tägliche Leben kann man im Dorf erhalten. Lebensmittel, Kleidung, Haushaltsgeräte, Möbel, Fahrräder und Mopeds, Werkzeuge für Haus und Garten. In fast jeder Straße gibt es Handwerker, meist mit einem kleinen Ladengeschäft dabei. Bäcker, Metzger, Friseur waren selbstverständlich, Schuhmacher sind genauso vertreten wie Maurer, Schreiner, Zimmerleute, Blechner, Elektriker. Geschäfte für Lebensmittel („Tante-Emma-Läden“) gibt es in großer Zahl und jeweils kleinen Geschäftsräumen. Der Fahrrad- und Landmaschinenhandel hat Verkauf und Reparatur in einem.
Erste größere Produktionsbetriebe schaffen Arbeitsplätze im Ort (z. B. 1950 Zementwerk Wössingen, 1954 Prefag, 1952 Perlmuttschleiferei Jöhlingen).
Die meisten Familien haben Garten mit Anbau von Obst und Gemüse. Landwirtschaft ist von großer Bedeutung. Mehr als zwei Dutzend landwirtschaftliche Höfe (Haupterwerb) sind im Ort zwischen der Wohnbebauung verteilt. Viele können noch im Nebenerwerb mit Pferd oder Kuh einen Acker bewirtschaften, mit Anbau von Kartoffeln, Rüben oder Getreide. Soweit es bei den Häusern möglich ist, werden Haustiere gehalten (Hühner, Enten, Schweine, Hasen) als Grundlage für die Lebensmittelversorgung. Obst und Gemüse werden im Keller für den Winter eingelagert.
Der wirtschaftliche Aufschwung in den 1950er Jahren mit Neubau und Ausbau von Wohnungen, führt zu Aufträgen für das Baugewerbe. Vielfach machen sich Handwerker selbständig und gründen eigene Firmen: Maurer, Gipser, Schlosser, Schreiner, Zimmerleute – auch neue Ladengeschäfte mit Material zum Bau oder zur Einrichtung der Wohnungen. Zunehmend können sich Privatleute ein eigenes Auto leisten – Kfz-Werkstätten und Autohäuser kommen hinzu. Die Entwicklung des allgemein höheren Einkommens und von neuen Produkten – von Kleidung über Einrichtungsgegenstände bis hin zu Lebensmitteln - führt zu steigenden und vielfältigen Anforderungen der Kunden. Die Handwerks- und Handelsgeschäfte müssen sich anpassen, ihr Angebot erweitern, ihre Geschäfte vergrößern. Manche der Geschäfte schließen im Laufe der Zeit, andere können sich entwickeln, spezialisieren, an die neuen Techniken und Entwicklungen anpassen, Ladengröße und Angebotssortiment erweitern.
In den neuen Gewerbegebieten siedeln sich Firmen an, die aus dem Ort auslagern (z. B. Trumpf Metallbau, Zeh Heizungstechnik) – aber im Laufe der Jahre und im Rahmen der allgemeinen technischen und wirtschaftlichen Entwicklung auch ganz neue Betriebe (z. B. Indutherm, Multi Media, Visucom, dlp motive und viele andere).
Die Gemeinde sieht eine wichtige Aufgabe darin, für die wirtschaftliche Entwicklung die Rahmenbedingungen zu schaffen, insbesondere durch Erschließung neuer Baugebiete, Entwicklung von Flächen für Gewerbe im Ort und Erschließung neuer Gewerbegebiete. Dazu kommt der Ausbau der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung (Bau Abwasserleitungen, Klärwerk mit Weingarten zusammen), des Straßennetzes und als Voraussetzung dafür die Verdolung des Walzbachs innerhalb der Ortschaften. Die Flurbereinigung Jöhlingen führt 1962 auch zur Anlage der Siedlung Binsheim, der Rebanlage „Hasensprung“ und der Obstanlage „Fraueneiche“.
Bereits 1971 erarbeitet der neu gewählte Bürgermeister Siegbert Heckmann eine umfassende „Struktur- und Entwicklungsanalyse“ für die neu gebildete Gemeinde. Das Ergebnis zeigt eine Vielzahl von Klein- und Mittelbetrieben, breit gestreut in verschiedenen Branchen. Daraus sollen auch künftige Schwerpunkte für die Entwicklung von Gemeinde und örtlicher Wirtschaft abgeleitet werden.
Der Flächennutzungsplan wird entwickelt, weitere Bau- und Gewerbegebiete ausgewiesen. Ab den 1980er Jahren werden große Anstrengungen unternommen, um größere Handelsgeschäfte (z. B. Baumarkt) und Lebensmittelmärkte anzusiedeln.
Ab 2003 setzt die Gemeinde neue Impulse zur Stärkung der örtlichen Wirtschaft, z. B.: Runde Tische mit dem Gewerbeverein, Betriebsbesuche des Bürgermeisters mit Berichterstattung im Mitteilungsblatt, im Rathaus kümmert sich eine Mitarbeiterin um spezielle Wirtschaftsförderung. In den Jahren 2009 und 2011 werden „Walzbachtaler Energietage“ als Gewerbeschau der örtlichen Betriebe und Einrichtungen durchgeführt.
Ab 2012 wird im Auftrag der Gemeinde durch ein Fachbüro eine umfassende Bestands- und Potentialanalyse durchgeführt und daraus ein neues Konzept „Zukunftsoffensive Walzbachtal“ entwickelt.
In den Gewerbegebieten „Grund links“, „Grund rechts“, „Böhnlich“ und „Hafnersgrund“ können sich eine Vielzahl von spezialisierten und sehr erfolgreichen Firmen ansiedeln.
Bereits 1960 wird in Wössingen ein Gewerbeverein gegründet. Nach der Fusion 1971 wird der Name in „Gewerbeverein Walzbachtal“ geändert, auch Gewerbetreibende aus Jöhlingen aufgenommen. Der Verein ist sehr aktiv und kümmert sich für seine Mitgliedsfirmen um viele Themen.
Um die Leistungsfähigkeit der örtlichen Betriebe darzustellen, werden zwischen 1979 und 1992 vier große Walzbachtaler Gewerbeausstellungen durchgeführt, die von Einwohnern und Gästen von außerhalb sehr begeistert aufgenommen werden.
Dazwischen werden Modenschauen und Fachvorträge zu verschiedensten Themen organisiert. Ab Mitte der 1980er Jahre wird die Gemeinde bei der Aufstellung eines Maibaumes unterstützt. Als Reaktion auf die Einführung der Stadtbahn (September 1992) werden mit Unterstützung der Gemeinde an Kirchweih „Verkaufsoffene Sonntage“ durchgeführt, mit jeweils umfangreichem Rahmenprogramm in beiden Ortsteilen.
Eine neue Offensive startet der Verein ab dem Jahr 2003: ein Gewerbejournal „Walzbachtal aktiv“ wird herausgegeben. Ab 2005 wird ein „Frühlingsfest Walzbachtal“ organisiert, auch dieses jeweils mit umfangreichem Rahmenprogramm in beiden Ortsteilen.
Die Haupt- und Werkrealschule Jöhlingen engagiert sich stark, um die jungen Menschen bei Berufswahl und dem Übergang Schule / Beruf zu unterstützen, durch Unterricht, Praktika bei Firmen und Betriebsbesuche. In Zusammenarbeit mit Gemeinde und Gewerbeverein wird ab 2004 jedes Jahr eine „Walzbachtaler Ausbildungsbörse“ in der Sporthalle organisiert, bei der Schüler (Klassen 7 – 10) und Eltern sich über Ausbildungsmöglichkeiten bei Betrieben und Einrichtungen informieren können.
Ab Mitte der 2000er Jahre beteiligt sich die Schule an dem Modellprojekt der IHK Karlsruhe „Wirtschaft macht Schule“ und schließt dazu mehrere Kooperationsverträge mit Firmen aus der Region. Leider wird die Werkrealschule Jöhlingen 2014 nach Entscheidung des Regierungspräsidiums aufgelöst.
Heimat- und Kulturverein Walzbachtal, Dezember 2024
Quellen:
Heimat- und Kulturverein in „Walzbachtaler Heimatblätter“ (2023)