Agendagruppe Ortsgeschichte Eggenstein-Leopoldshafen
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Lebenserinnerungen von Rosemarie Schnürer geb. Oberacker – Teil II.

Meine Familie, also meine Mutter und 3 Kinder von 2, 7 und 13 Jahren, bekamen im Bunker 2 Stockbetten und eine Wehrmachtsdecke zugewiesen. Von Schlafen...
Von links nach rechts: Kurt Kiefer, Rosemarie Schnürer und Reinhold Singer
Von links nach rechts: Kurt Kiefer, Rosemarie Schnürer und Reinhold SingerFoto: Foto von Bernd Schnürer

Meine Familie, also meine Mutter und 3 Kinder von 2, 7 und 13 Jahren, bekamen im Bunker 2 Stockbetten und eine Wehrmachtsdecke zugewiesen. Von Schlafen konnte keine Rede sein. Öfter musste ich, da ich die Älteste der Kinder war, Luft in den Bunker pumpen. Abwechselnd mit anderen älteren Kindern mussten wir die Pumpen betätigen, denn bei 30 bis 40 Menschen im Bunker wurde viel Atemluft verbraucht, denn die Türen waren fest verschlossen.

Außen am nahen Feld war eine Sandgrube, sie war einige Meter tiefer, wo noch Sand abgebaut wurde. Dort war der Hauptverbandsplatz der Wehrmacht, da wurden die Verwundeten zur Versorgung hingebracht. Es sind hier auch Soldaten gestorben und wurden ganz in der Nähe im Hardtwald beerdigt. Ich kann mich noch gut erinnern, dass wir danach zu einem Grab – das uns gezeigt wurde – gegangen sind. Der Soldat wurde später im Eggensteiner Friedhof bestattet.

Am nächsten Morgen wollte meine Mutter nicht mehr in diesem Bunker bleiben. Es war für uns Kinder nicht gut, das Kriegsgeschehen so nah erleben zu müssen, aber verschont wurden wir nicht. Wir sind dann zu Hause in unserem Keller geblieben, bis die „Franzosen“ den Ort besetzten. In einem Kellerraum von ca. 10 qm waren 3 Familien untergebracht. Wir lagen auf Strohsäcken. Unser Papa blieb oben in der Wohnung, denn als Asthmatiker wurde er nicht zur Wehrmacht eingezogen, aber dann noch zum Volkssturm, der Straßensperren errichtete und den unsinnigen Krieg aufhalten sollte.

Bei der Fähre Leopoldshafen – Leimersheim war ein Brückenkopf. Hier fanden heftige Kämpfe statt und es gab auch viele Tote. Auf Pfälzer Seite steht noch heute ein Denkmal, das an die Kämpfe und an die Gefallenen erinnern soll. Nach den harten Kämpfen setzten die Franzosen über den Rhein und besetzten Leopoldshafen und Eggenstein von Norden her.

Bei uns im Keller waren Tante Friederike Kiefer mit Kindern Senta und Kurt, Onkel Fritz, der Mann von Tante Ricke blieb zu Hause, weil das Haus direkt an der Hauptstraße stand. Dann waren noch die Nachbarin Frau Seufert mit Tochter und Enkelkind (1Jahr) bei uns im Keller.

Nach nun 70 Jahren schreibe ich dies alles auf, sonst könnte es verloren gehen. Die schlimmen Ereignisse werden später nicht mehr geglaubt, wenn man vor einem Krieg warnt.

Aufgezeichnet von Rosemarie Schnürer, 82 Jahre alt, im Dezember 2014

Reinhold Singer und Kurt Kiefer für die AG Ortsgeschichte

Erscheinung
Amtsblatt der Gemeinde Eggenstein-Leopoldshafen
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Ausgabe 06/2025

Orte

Eggenstein-Leopoldshafen

Kategorien

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