Wer in Dossenheim aus der katholischen Kirche kommt, hat einen wundervollen Blick in die Rheinebene. Unten in der Kirchstraße stehen stattliche Häuser, groß genug für ein bis zwei oder sogar mehr Familien, umgeben von Gärten, in denen Kinder spielen und Erwachsene sich regenerieren können.
Beim zweiten Blick fällt auf, dass ein Haus aus der Reihe fällt. Die Farbe blättert von den Fensterrahmen, gelegentlich quillt der Briefkasten über, und die Prospekte und Werbeblättchen ergießen sich auf die Treppe vor der Haustür. Irgendjemand scheint sich darum zu kümmern, denn dann und wann ist alles weggeräumt, wie von Geisterhand. Wirft man jedoch einen Blick in den Garten oder geht um das Haus herum, zeigt sich das ganze Ausmaß der Verwahrlosung. Das Dickicht der Bäume und Sträucher wurde nicht jahre-, sondern jahrzehntelang nicht mehr gelichtet. Der Balkon ist überwuchert. Um den Garten zu betreten, wird ein Großeinsatz an Maschinen und Gerät notwendig sein. Es heißt, das Haus stünde schon ewig leer. Zwanzig Jahre? Nein, länger, deutlich länger.
Das ist vollkommen unerklärlich in Anbetracht der Tatsache, dass viele Menschen vergeblich nach einer Wohnung suchen. Nach einem Haus mit Garten. Nach einer Unterkunft, die sie bezahlen können. Und das ist nicht das einzige leerstehende Haus in der Kirchstraße in Dossenheim. Geht man die Straße weiter Richtung Ortsmitte, fällt auf derselben Straßenseite kurz vor der Hauptstraße ein weiteres Haus ins Auge. Alle Fensterläden sind ganz oder fast vollständig geschlossen. Ein Klingelschild mit Namen findet sich nicht. Nein, da wohnt niemand mehr, lässt sich in Erfahrung bringen. Der Hausbesitzer ist im Pflegeheim. Und nun steht es vollkommen leer? Ja, so ist das. Wie lange schon, das weiß man nicht.
Während Häuser leer stehen, finden wir nur wenige hundert Meter entfernt einen Aushang: Eine fünfköpfige Familie sucht dringend eine neue Bleibe wegen Eigenbedarfskündigung. Diese Familie ist nicht allein: Viele Menschen suchen verzweifelt nach bezahlbarem Wohnraum in Dossenheim. Wir haben uns schlau gemacht und den Zensus 2022 von Baden-Württemberg angeschaut.
Im Rhein-Neckar-Kreis betrug der Leerstand mehr als 11.600 Wohnungen (4,2 %), in Dossenheim waren es 214 Wohnungen (3,2 %), davon 111 mehr als 12 Monate. Der Blick aufs große Ganze: Bundesweit standen 2022 rund 1,9 Millionen Wohnungen leer.
Leerstandskataster: Leerstehende Häuser und Wohnungen werden derzeit in Dossenheim nicht systematisch erfasst. Ein Leerstandskataster würde uns einen Überblick über das ungenutzte Wohnraumpotential in unserer Gemeinde verschaffen. In der Stadt Freiburg zum Beispiel ist so ein Register schon seit 2014 in Gebrauch.
Förderung für alternativen Wohnraum: Der Feldwinkel im Schwabenheimer Hof macht es vor! Selbstverwaltetes Bauen von größeren Wohnprojekten ist gut möglich. Auch für Mehrgenerationen-Wohnprojekte sollten Konzepte erarbeitet werden. Die Gemeinde sollte weiteren Projekten Platz und Mittel bieten, um sich in Dossenheim anzusiedeln.
Unterstützung für Eigentümer: Die Gemeinde muss Immobilieneigentümern entgegenkommen, wenn diese nicht selbst das nötige Geld für Sanierungen haben oder sich vor teuren Auseinandersetzungen mit Mietern fürchten. Sie kann beratend auf Vermieter zugehen oder als Zwischenmieterin mit einem sozialverträglichen Mietpreis auftreten.
Mietspiegel: Der Mietspiegel gibt Aufschluss über die sogenannte ortsübliche Vergleichsmiete und bietet damit Mietern und Vermietern eine gute Orientierungshilfe für Wohnraumkosten. In Dossenheim existiert kein amtlicher Mietspiegel. Hohe Mieten von 14 € pro Quadratmeter und mehr sind keine Seltenheit mehr.
Mieterhöhung von maximal 15 %: In Dossenheim sind Mieterhöhungen von bis zu 20 % legal. Bis 2020 galt eine Kappungsgrenze von maximal 15 %, wie sie auch heute noch in Weinheim und Heidelberg gültig ist. Diese niedrigere Grenze muss wieder eingeführt werden.
Unsere nächste Mitgliederversammlung findet am 11.12.2024 um 20 Uhr im Rathaussaal Dossenheim statt, anschließend gehen wir zum Stammtisch in den Neuen Schwanen, Bahnhofstr. 1.
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Justus Heine