Zum Glück ist von Anfang an klar, dass die Welt gerettet werden wird. Sonst würde vermutlich noch verstörender wirken, was Candace Carter aus ihrem Buch „Wir retten die Welt“ im OrgelFabrikSalon liest.
Ihr Thema sei das Gute, sagt die Autorin, und das sei viel schwerer darzustellen als das Dunkle, Böse, das die Menschen meist mehr interessiere. „Die Menschen können sich nicht vorstellen, dass es so viel Gutes gibt“, sagt sie weiter. „Es ist ihnen peinlich.“
Candace Carter wurde 1951 in Indiana, USA, geboren. In Hamburg studierte sie Malerei und Grafik an der Hochschule für Bildende Künste. Sie schreibe, wie sie sagt, seit ihrem fünften Lebensjahr. Malen unterscheide sich für sie nicht wesentlich vom Schreiben. In jeder Kunst gehe es immer um drei Themen: die Liebe, das Sterben und die Frage „Warum leben wir?“ Candace Carter erzählt weiter: „‘Wir retten die Welt‘ ist das erste Buch einer Trilogie. Ich habe es auf Deutsch geschrieben. - Das mache ich nie wieder.“ Deutsch sei eine Sprache des Denkens. In den USA jedoch werde die Sprache des Fühlens gesprochen. „Ich liebe Deutsch, auch wenn ich nicht perfekt bin“, sagt sie.
Eine Stimme habe ihr gesagt, sie solle ein Buch schreiben, „über Menschen, die die Welt retten“. Wie die Welt vor ihrer Rettung ausgesehen hat, liest sie beispielhaft aus dem Kapitel „Carmens Geschichte Teil 1“ vor. Carmen lebt 2125 in einer Welt, in der die WB, die Weltbank, die Maßstäbe setzt. Es gibt zwei Kasten von Menschen. Carmen gehört zu den Auserwählten, die in einem Penthouse hoch über Paris wohnt. Junge Unterkaste-Menschen dienen ihr schweigend. Sie lebt allein, hat alle erdenklichen Annehmlichkeiten.
Skurrile Szenerien
Bei der ersten Periode, die sie mit zwölf Jahren bekommt, wird sie von einer Frau im Laborkittel betreut. Ihre Menstruation wird genau beobachtet und protokolliert. Mit 13 Jahren wird sie an der Place de la Concorde, auf Deutsch Platz der Eintracht, einem Jungen zugeführt, von dem sie über verschiedene Stufen der Selbstbefriedigung und filmischer, sexueller Stimulanzien begattet wird. So „klappte meine Deckung beim ersten Versuch“, erinnert sich Carmen. Insgesamt dreimal wirft sie. Ihre neugeborenen Kinder nimmt man ihr sofort weg. Dann wird sie sterilisiert. Sie darf weiterhin im Luxus leben, mit Dienenden, deren Stimmbänder durchtrennt waren und die mit 20 Jahren „entsorgt“ werden.
Ein anderer Ausschnitt, den die Autorin vorträgt, handelt von Pascal, durch eine Krankheit definiert als „misslungenes Humanprodukt“. Pascal wird letztendlich die Welt retten. Er weiß, wie sie früher war: „Bei den früheren Völkern spürten die Menschen die Kraft der Natur und der Tiere“, sagt er. „Sie gestalteten heilige Orte.“ Dort allerdings habe es Hierarchien mit Göttern und Göttinnen gegeben. Denen hätten die Menschen die ihnen bekannten menschlichen Eigenschaften wie gewalttätig oder gütig gegeben. Da die eigenen Götter verteidigt und die der Nachbarn bekämpft wurden, seien Kriege, Unterdrückung und Zerstörung entstanden. Dabei gaben die Eroberer vor, im Namen ihrer Götter zu handeln. „Doch in Wirklichkeit kaschierten sie ihre eigene Sucht nach Macht und Besitz.“
Zu Tode lieben
Die Folge: Unterdrückung der besiegten und der unteren Klassen der eigenen Gesellschaft. Wie es dann genau, im Buch, zur Rettung der Welt kommt, verrät Candace Carter in der Lesung nicht im Detail. Was sie rettet, lässt sie jedoch wissen: „Freundschaft, Gewaltlosigkeit und Musik. Das Böse kann man nicht besiegen, nur zu Tode lieben“, sagt sie. ( rist)
Info:
Candace Carter: Wir retten die Welt, Books on Demand, ISBN: 978-3-7557-1543-6, 19,99 Euro