Eine Lesung, die die Anwesenden zum Schmunzeln verleitete und in der die für Baden typischen Gelbfüßler im wahrsten Sinne des Wortes zur Geltung kamen, das erlebten die Besucherinnen und Besucher am Montagabend der Vorwoche. Frank Winter hat Germanistik, Soziologie und Philosophie studiert. Deshalb und als in Karlsruhe Geborener und Aufgewachsener kann er viel von Dialekt schreiben und reden. Das kam bei seiner Lesung in der Buchhandlung Der Rabe in Durlach sehr gut an.
„Baden gibt es dialektalisch gar nicht, sondern das Fränkische“. Das sage Frank Winter als den Badenern. Diese beschwerten sich dann, aber er sage dann, das sei nicht er, sondern die Sprachwissenschaft, die das herausgefunden habe. Schon auf der ersten Seite stehe das. Illustrationen aus dem Buch zeigte er parallel zu seiner Lesung. Die Mitarbeiterinnen der Buchhandlung trugen alle gelbe Schuhe als Zeichen der Solidarität und weil sie „Gelbfüßler“ seien.
Wie oft sagt man eigentlich „Gell“?, fragte Frank Winter. Er zähle die „Gells“, die man so im Alltag verwendet oder andere Wortphänomene. Lächelnd zitierte er Sätze und Redewendungen wie „Dasch klar“. Auch Worte mit -sch, shawah: „Es isch jo wahr“ oder „Scho passiert“=“es ist schon passiert“, möge er, sagte Frank Winter.
Aus wie vielen Wörtern besteht „Horch“? - Aus fünf, die da sind: „Höre doch mal gut zu.“ Oder „hän d‘ er Händel miteinander“ bedeutet auf Pforzheimer Mundart (auch bekannt als Badisch-Schwäbisch) „sie haben Streit miteinander“ oder „sie streiten miteinander“. „Baden, Badener und Badenser“ – wie heißt es richtig? Warum ist „Badenser“ ein Schimpfwort? – „Es gibt ja auch keinen Freiburgser“, sagt Winter. "Oder was aus Frankfurt werden würde, das können Sie sich ja denken. Badener wird seit 1818 in der Badischen Verfassung erwähnt", stellte Winter fest.
Dass die Badenerinnen und Badener auch „Gelbfüßler“ genannt werden, bewiesen nicht nur die Mitarbeiterinnen der Buchhandlung sehr anschaulich. Dr. Rudolf Post, Leiter des Badischen Wörterbuchs, Uni Freiburg, hatte entdeckt, dass der Begriff ursprünglich sogar auf die Schwaben, nicht auf die Badener, zurückgeht. "Liefen die Schwaben durch gelben Kot oder war es die historische Beinbekleidung? Kommen die gelben Füße vom Eiereintreten für eine herrschaftliche Abgabe? Oder heißen sie so, wegen des Vorherrschens von Gelb in den badischen Landesfarben?
Ein Füllhorn an originären Adjektiven finde sich auch im Badischen wieder. „'Schaffig' ist beispielsweise sehr wichtig, denn Badener haben wie ihre schwäbischen Partner große Freude am Arbeiten, wenngleich das Beiwort in Südbaden nicht verwendet wird. Dort gibt es dafür aber 'Schaffer'.“ Wer es mit dem Arbeiten aber übertreibe, der kann „halwa/halwer hie“ (Norden) oder „halber hii“ im Süden, also „halb kaputt“, ziemlich müde, sein.
Die Verniedlichungen heißen im Norden '-le', im Süden '-li'. „Was sehr verbreitet ist, ist das Tässle Kaffee.“ Deswegen seien “'s Bähnle" oder das „Fahrrädle“ keine Miniaturen. „Weinli“ sage man nicht. „Wein ist eine zu ernste Angelegenheit, um es zu verniedlichen“, stellte Frank Winter fest.
Was bedeuten die Worte „Hecker“ und „heckerisch“?, fragt Winter. „Ich habe das nicht so oft gehört, aber auf andere Kinder bezogen, bedeutet das, dass sie zu heckerisch wären. Das bedeutet revolutionär.“ Erheiterung ruft bei ihm der Satz „Es fährt Papier herum“ für „Es liegt Papier herum“ hervor. Nicht zuletzt gebe es einen Unterschied zwischen „lüpfe“ und „hebe“. Auch hier lacht er wieder. Winfried Kretschmann wird gelobt, weil er Dialekte fördere, aber grauslich im Alltag selbst Dialekt spreche. Dazu könne man nur „Steig‘ ma in de tasch“, also: „Steig' mir in die Tasche“/"Lass' mich in Ruhe", sagen. Er zeigt eine Illustration eines Kinderwagens und sagt, das sei ein „Schees mit Plümo“. Das kommt aus dem Französischen. Auch einer der beliebtesten Ausrufe kommt fast unverändert aus dem Französischen, „Allez“. Im Badischen wurde das zu „alla.“
Übers „Bruddle“, das im Badischen weniger häufig verwendet werde als im Schwäbischen, sagt er, man könne „Alter“ oder anderes am Ende hinzufügen. Er liest aus den Schimpfwörtern für Frauen, hat es aber für beide aufgeschrieben: „Loddel“, „Schlauli“ und „Simpel“. Das gebe es sogar in Frankfurt und heiße da genauso. Apropos heißen: „Goscheschlosser“ bedeutet Zahnarzt. Auf die Frage, ob er in der Schule das Fach Dialekte einführen würde, da sie wieder zu mehr Beliebtheit gelangt sind, sagte er: „Ja, als Wahlfach würde ich das einführen.“ (war)