Nachdem der blinde LIWA-Läufer Pierre gemeinsam mit seinem Guide Kalle Ende Mai einen Marathonlauf zum letzten Saisonspiel des VfB Stuttgart von Reichenbach aus bis zur MHP Arena durchgezogen hatte, wurden sie daraufhin vom Württembergischen Leichtathletik-Verband eingeladen, auch beim Stuttgart Lauf über die 10 km Distanz zu starten. Die beiden nahmen das Angebot dankend an und durften sich auch noch in der ersten Startreihe neben den Eliteläufern aufstellen. Pierre befindet sich aktuell im Training für den Berlin Marathon Ende September und da passt so ein schnellerer Lauf über eine kurze Distanz ganz gut ins Trainingsprogramm. Das Laufen in der großen Masse ist sowohl für den blinden Läufer als auch für seinen Guide eine zusätzliche Herausforderung. Die Geräuschkulisse ist höher und es geht insgesamt deutlich enger und schneller zu als bei einsamen Trainingsläufen. Dabei wird dem Guide eine sehr hohe Konzentration und Reaktionsvermögens abverlangt, damit er seinen Laufpartner nicht in schwierige Situationen bringt. Besonders herausfordernd sind die Getränkestationen an der Strecke. Hier kreuzen andere Läufer plötzlich den Weg, nehmen das Tempo raus oder bleiben direkt vor einem stehen. Und auch die zahlreichen leeren Becher auf dem Boden können den blinden Läufer irritieren. Auch die Aufnahme der eigenen Versorgungsbedarfe in der Masse müssen hier geübt werden.
Es war sehr heiß an diesem Tag im Stuttgarter Kessel. Pierre hatte sich eine Laufzeit um die 55 Minuten herum vorgenommen, was auch seinem aktuellen Leistungsvermögen entspricht. Da muss sein Guide erstmal mithalten können. Dank der vorderen Startreihe konnten Pierre & Kalle den ersten Kilometer noch weitestgehend frei von Gedränge laufen, kamen gut durch die erste Engstelle, ehe sie nach und nach vom Hauptfeld geschluckt wurden. Dennoch war das Tempo recht hoch und nach der Hälfte lag man schon deutlich unter der angepeilten Zeit. Durch Bad Cannstatt hindurch musste man aufgrund engerer Kurven und Pflastersteinen etwas vorsichtiger navigieren. Auf den letzten zwei Kilometern machte sich das bis dahin hohe Tempo und auch die zunehmenden Temperaturen in den Beinen bemerkbar. Die letzten 400 Meter um die MHP Arena herum waren dann dank der zahlreichen Zuschauer und einer ausgezeichneten Stimmung nochmal motivierend, um einen Schlussspurt anzuziehen. Beim Zieleinlauf standen schließlich unerwartete 50:25 Minuten auf der Uhr, was für Pierre eine neue Bestzeit auf 10 Kilometer bedeutete. Ein toller Zwischenspurt auf dem Weg nach Berlin.