Bürgermeisteramt Großbottwar
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Aus den Rathäusern

Matern Feuerbacher und der Bauernkrieg in Württemberg (16. April bis 12. Mai 1525)

Ein Bericht in vier Teilen Teil 4: Der Weiterzug des Württemberger Haufens von Stuttgart bis zu seiner vernichtenden Niederlage in Böblingen ...
Georg Truchsess von Waldburg („Bauernjörg)
Georg Truchsess von Waldburg („Bauernjörg)

Ein Bericht in vier Teilen

Teil 4: Der Weiterzug des Württemberger Haufens von Stuttgart bis zu seiner vernichtenden Niederlage in Böblingen

Der Württemberger Bauernhaufen hielt sich vom 25. bis 27. April in der Landeshauptstadt Stuttgart auf. Dort konnte er aber durch die Machtdemonstration seiner Bauern nichts erreichen, denn die österreichische Landesregierung befand sich längst in Tübingen. Also machte man sich auf nach Tübingen. Dort dachte man aber überhaupt nicht an Verhandlungen und wartete auf das Heer des Truchsess, das sich in Ulm gebildet hatte. Der Truchsess Georg III. von Waldburg (1488–1531) machte sich durch seine Kriegsführung für den Schwäbischen Bund einen Namen. Durch seine Gewaltmaßnahmen mit dem Heer des Schwäbischen Bundes, dem bündischen Heer, gegen die Bauern ist er als „Bauernjörg“ in die Geschichte eingegangen.

Weitere Stationen des Württemberger Bauernhaufens unter Matern Feuerbacher waren nun Waiblingen (28. April), Ebersbach an der Fils (29. April) und Kirchheim unter Teck (30. April bis 2. Mai).

Die Nachricht, der Truchsess rücke mit dem bündischen Heer in Eilmärschen vom Hegau heran, änderte die Pläne der Bauern. Sie zogen wieder in Richtung Stuttgart. Vielen Bauern war Feuerbacher zu gemäßigt und als das Heer vom 30. April bis 2. Mai in Kirchheim u.T. lag, brannten radikale Bauern die Teck nieder, trotz Feuerbachs Befehl, die Brandschatzung zu unterlassen. In Degerloch gab es am 4. Mai einige Plünderungen. Am 6. Mai ging der Marsch weiter nach Sindelfingen und Böblingen.Für Matern Feuerbacher wurde es jetzt immer schwieriger, sich durchzusetzen. Der Graben zwischen gemäßigten und radikalen Bauernhauptleuten wurde immer tiefer. Trotz heftiger Streitereien waren die Bauern weiterhin erfolgreich, nahmen die Städte Nürtingen und Herrenberg ein. Vor dem gut geschützten Herrenberg am Fuße des Schönbuchs hatten sich die Bauern am Morgen des 8. Mai postiert. Es waren 12.000 Bauern, in 12 Fähnlein (Gruppen) aufgeteilt, unterstützt von 33 Geschützen unterschiedlicher Größe. Matern Feuerbacher forderte die Herrenberger vergebens auf, die Stadt friedlich an die Aufständischen zu übergeben. Ab 10 Uhr gab es zwei vergebliche Versuche, die Stadt mit Leitern zu stürmen. Das kostete 200 Bauern das Leben. Nun setzten die Angreifer mit Feuerpfeilen 17 Häuser und die Probstei in Brand. Das Stadttor sprengten sie mit Pulver. Herrenberg kapitulierte nach sechs Stunden Kampf und die Bauern drangen in die Stadt ein, die nun natürlich geplündert wurde. Matern Feuerbacher achtete aber auf Disziplin und ließ sogar gefangene Landsknechte vor Rache schützen.

Die Nachricht, der „Bauernjörg“ sei mit seinen Kanonen und etwa 7.500 Söldnern, darunter 1.500 Berittene, schon in der Nähe Herrenbergs, verunsicherte die Massen. Sofort wurde die eigene Stellung in Herrenberg ausgebaut. Ein Teil der Bauern bezog Stellung auf der Höhe hinter dem Schloss, ein anderer lag mit den Geschützen und der Wagenburg in der Ebene vor den Gärten. Der Truchsess war jedoch vorerst zur Untätigkeit gezwungen, weil seine Söldner den ausstehenden Sold forderten und sich weigerten, die Kämpfe wieder aufzunehmen.

In der Zeit zuvor durchzog das bündische Heer schon plündernd und brandschatzend das Herrenberger Umland.

Bis heute ist ungeklärt, warum die Bauern in der Nacht auf den10. Mai die gerade mit Geschick ausgebaute Stellung bei Herrenberg räumten und in Richtung Böblingen weiterzogen.

Am 10. Mai zog nun der Bauernjörg in Herrenberg ein und fand dort noch die zurückgelassene Bauernkanzlei des Hellen Christlichen Haufens. In diesem Archiv ließ Feuerbacher alles schriftlich festhalten, was Steuereinnehmer und Proviantmeister von vorwiegend Klöstern, Stiften und anderen kirchlichen Stellen eingezogen hatten. Auch ist hier archiviert, was von staatlichen Getreidehäusern und Fruchtkästen in Anspruch genommen wurde.

Rasch zog der Truchsess weiter und bezog am 11. Mai ein Heerlager in Weil im Schönbuch. An diesem Tag bauten beide Heere ihre Lager in möglichst taktisch guten Stellen auf. Matern Feuerbacher setzte sich aber wieder für Verhandlungen ein, aber er wurde abgesetzt und durch den Ritter Bernhard Schenk von Winterstetten ersetzt, der für eine militärische Lösung war.

Am 12. Mai 1525 kam es zwischen Böblingen und Sindelfingen zur Entscheidungsschlacht.

Den Kriegsgeübten, gut ausgerüsteten und geführten Söldnern des Georg Truchsess von Waldburg (mit Geschützen und Reiterei) hatten die Bauern am Böblinger Goldberg nicht viel entgegenzusetzen. Obendrein bekamen sie noch Unterstützung von Graf Wilhelm von Fürstenberg. Zwar mit 12.000 Mann in der Überzahl, aber schlecht bewaffnet und kampfungewohnt, erlitten die Bauern eine verheerende Niederlage. In wilder Flucht strebten die Überlebenden des grausamen Gemetzels der Heimat zu. Die Verluste des Bauernheeres werden in den Quellen zwischen 2.000 und 9.000 Toten beziffert. Die Sieger sollen nur 15 Fußsoldaten und 25 Reiter verloren haben. Mit der Niederlage bei Böblingen war der Bauernaufstand im Herzogtum Württemberg beendet. Was auf dem Wunnenstein bei Großbottwar begonnen hatte, fand sein Ende auf dem Goldberg bei Böblingen.

In der Heimat wurden die Geflohenen durch die österreichische Regierung zur Rechenschaft gezogen. Doch fielen die Strafen im Vergleich etwa zu den hohenlohischen Herrschaftsgebieten verhältnismäßig mild aus. Die Württemberger mussten versprechen, dass sie künftig keine Waffen mehr, außer einem kurzen abgebrochenen Brotmesser, gebrauchen werden. Gesellschaften und offene Zechen hatten sie zu meiden. Dazu gab es aber auch noch Geldstrafen, Körperstrafen und Landesverweise. Bei den Geldstrafen werden ein bis einhundert Gulden genannt. Da es aber in Württemberg zu den Grundrechten eines Mannes gehörte, „Wehr und Waffen“ tragen und mit ihnen üben zu dürfen, war es wahrscheinlich, dass das auferlegte Waffenverbot nach einigen Jahren wieder aufgehoben wurde. Im Kriegsfall musste ja jeder Mann dem Landesherrn zu Diensten stehen. Anders sah es bei den Anführern der Bauern aus. Sie wurden meistens hingerichtet.

In den folgenden Monaten schlug der „Bauernjörg“ in den anderen Gebieten einen Bauernhaufen nach dem anderen. Die Führer wurden grausam hingerichtet.

Die Bauernführer Matern Feuerbacher, Jäcklein Rohrbach und Jörg Ratgeb konnten aber entkommen.

Der Böckinger Jäcklein Rohrbach wurde Mitte Mai gefangen genommen und an Georg Truchsess von Waldburg ausgeliefert. Dieser nahm ihn auf seinem Zug von Waldburg in Richtung Würzburg mit. In Neckargartach bei Heilbronn wurde Station gemacht. Dort wurde Jäcklein Rohrbach am 21. Mai 1525 hingerichtet. Mit einer Kette wurde er an einen Weidenbaum gebunden und bei lebendigem Leibe verbrannt. Adlige trugen eigenhändig das Holz für seinen Scheiterhaufen zusammen, auf dem der Bauernführer aus Rache und zur Abschreckung einen ausgesucht langsamen Feuertod erlitt. Gleichzeitig wurden andere gefangene Bauern geköpft und an die Bäume gehängt. Von hier aus wurde auch eine Strafexpedition gegen Weinsberg unternommen. Der Besitz Rohrbachs wurde der Familie des Grafen von Helfenstein übereignet.

Der Schwäbisch Gmünder Maler Jörg Ratgeb konnte fliehen, wurde jedoch denunziert und verhaftet. Er wurde des Hochverrats angeklagt und 1526 in Pforzheim durch Vierteilung mit Pferden hingerichtet.

Der Prozess gegen Matern Feuerbacher 1527

Anfang des Jahres1527 wurde der ehemalige Bauernführer Matern Feuerbacher auf Betreiben der württembergischen Regierung in der freien Reichsstadt Rottweil festgenommen. Diese war seit 1463 in einem Bündnis mit den Eidgenossen. Seit dem 13. Jh. war Rottweil auch der Sitz des kaiserlichen Hofgerichts. Dieses war aber nicht Feuerbachs Gerichtsinstanz, denn aus der Eröffnungsformel des Prozessprotokolls und dem mit dem „Insigel“ der Stadt Rottweil versehenen Urteil geht jedoch zweifelsfrei hervor, dass hier das Rottweiler Stadtgericht tätig geworden war. In Rottweil wurde also dem etwa 42-Jährigen der Prozess gemacht, der 4 Monate dauerte. Der Schwäbische Bund verlangte zwar die Herausgabe des Festgenommenen, was aber die Reichsstadt hartnäckig verweigerte. Der Truchsess hätte zweifellos mit dem Gefangenen kurzen Prozess gemacht. Das Stadtgericht aber verfuhr anders. Es gab zwischen Mai und September 6 Gerichtssitzungen, zu denen rund 90 Zeugen geladen waren. Anklägerin war die Württemberger Regierung, die noch bis 1534 in den Händen Habsburgs lag. Die Zeugen der Anklage wurden in Stuttgart vernommen, die Entlastungszeugen in Esslingen. Es gab folgende schwerwiegenden Anklagepunkte:

  1. Feuerbacher war oberster Führer von Aufrührern.
  2. Er habe Dörfer und Städte zum Abfall von der rechtmäßigen Regierung gezwungen.
  3. Er habe Steuern erpresst.
  4. Er habe militärische Aktionen durchgeführt, um die Macht in Württemberg an sich zu reißen.

Der Anklagevertreter forderte, Feuerbacher unter Folter zu befragen und beantragte die Todesstrafe. Die Verteidigung stand unter der Führung von Feuerbachs Bruder Bernhard. Er war von 1510 bis 1531 in Esslingen Bürger, Anwalt, Prokurator, Spitalschreiber und kaiserlicher Notar. Dieser konnte zwar keinen dieser Anklagepunkte bestreiten, plädierte aber trotzdem auf Freispruch. Dazu brachte die Verteidigung folgende Entlastungsargumente vor:

  1. Feuerbacher habe mit Einverständnis, ja sogar mit der Aufforderung der Obrigkeit an dem Aufruhr teilgenommen.
  2. Er war gegen seinen Willen zum Oberst gewählt worden.
  3. Damit sei er an die Mehrheitsbeschlüsse der Bauernräte gebunden gewesen.
  4. Ihm sei es nur um politische und kirchliche Reformen gegangen.
  5. Er habe die Aufrührer von Plünderung und Brandschatzung gehindert und damit viele Dörfer, Städte, Klöster und Schlösser vor der Zerstörung bewahrt.
  6. Er sei selbst von den Empörern abgesetzt worden und von diesen sogar mit dem Tode bedroht worden.

Als Entlastungszeugen sagten natürlich auch der Ritter Spät aus Höpfigheim und ein Dienstmann der Barbara von Weiler aus. Ebenso Abt Oswald des Klosters Murrhardt, das damals viel Besitz in Großbottwar hatte. Die Anklage konnte diese Punkte natürlich nicht bestreiten, berief sich aber weiterhin auf die Tatbestände des Landfriedensbruchs, des Raubes, der Empörung und der Machtusurpation, worauf in jedem einzelnen Falle die Todesstrafe gestanden hätte. Und so gab es nur den Antrag auf die Todesstrafe. Am 13. September 1527, in der 6. und letzten Gerichtssitzung, verkündete das kaiserliche Hofgericht in der freien Reichsstadt das überraschende Urteil: Freispruch (10:2). Die Klägerin, die württembergische Regierung, musste sogar die Gefängniskosten übernehmen, denn, nachdem Feuerbacher Ende 1526 in Rottweil verhaftet worden war, musste er fast ein Jahr lang im Kerker verbringen. In seine Heimat, das Bottwartal, durfte der Freigesprochene aber niemals zurückkehren, auch den Wunnenstein, auf dem am Ostermontag seine Revolutionskarriere begann, konnte er nie wieder betreten. Er wurde ins „Ausland“ verbannt. Feuerbachers Güter waren inzwischen schon vom Schwäbischen Bund und der Stuttgarter Regierung beschlagnahmt worden, und seiner Familie wurde die Ausreise untersagt.

Nach seinem Freispruch zog Feuerbacher ins Land der Eidgenossen, nach Zürich ins Exil, wo er am 18. Juli 1529 das Bürgerrecht erhielt. 1530 durfte dann auch seine Familie nach Zürich ausreisen. Dort hatte er einen guten Ruf durch „Wohlverhalten, Ehrbarkeit und Dienstbarkeit“. Matern Feuerbacher und auch der Züricher Rat wandten sich mit der Bitte um „Ausfolgung“ des Feuerbacher´schen Besitzes an die württembergische Regierung in Stuttgart. Erst 5 Jahre nach dem Prozess, im Februar 1531 sprach man sich in Stuttgart dazu bereit. Nach längerer Verzögerung kamen die Stuttgarter dem auch nach. Nun wurden wohl Feuerbachers Hab und Gut in Großbottwar verkauft, dessen Erlös ihm dann ausgehändigt wurde. 1539 erfährt man, dass sich der ehemalige Bauernführer im Dienst des Markgrafen Ernst von Baden in Pforzheim befindet. Hier war er als „Küchenmeister“ für die Verwaltung der Hofhaltung des Badeners zuständig. Als ehemaliger Gast- und Schankwirt hatte Feuerbacher sicher einige Erfahrung für dieses Amt.

Im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart ist das umfangreiche Protokoll dieses Prozesses erhalten.

In dem Großbottwarer Kaufbuch ist 1567 eingetragen, dass es hier noch zwei Schwiegersöhne Feuerbachers gibt. Den Bäckermeister Hanns Rentz und David Schnierlin, den Präzeptor (Lehrer) an der hiesigen Lateinschule, der dann Pfarrer zu Gerrach (Neckargerach) wurde. Diese beiden verkauften das Haus Nr. 5 n. Es ist das heutige Eckhaus Kirch-/Entengasse. Das schöne Hauszeichen 1718/ICHMP erinnert noch an seine frühere Funktion als Fruchtkasten des Murrhardter Wirtschaftshofs. Von 1698 bis 1719 war hier übrigens Johann Conrad Hölderlin Murrhardter Pfleger und Geistlicher Verwalter (I=Johann, C=Conrad, H=Hölderlin, M=Murrhardter, P=Pfleger). Er und seine Frau Maria Barbara sind die Urgroßeltern des berühmten Friedrich Hölderlin.

Hans-Wolfgang Bock

Erscheinung
Mitteilungsblatt Stadt Großbottwar
NUSSBAUM+
Ausgabe 17/2025

Orte

Großbottwar

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