Vor der Bundestagswahl am 23. Februar stellt Nussbaum Medien einigen Kandidaten des Wahlkreises Rhein-Neckar zehn Fragen über Themen, die die Wähler bewegen. Den Anfang macht MdB Moritz Oppelt von der CDU.
Nussbaum Medien (NM): Was sind Ihrer Meinung nach die größten Sorgen der Menschen in Ihrem Wahlkreis?
Moritz Oppelt: Viele Menschen haben die Sorge, dass wir unseren Wohlstand, so wie wir ihn jetzt haben, in den nächsten Jahren nicht halten können; gerade auch durch die Unsicherheit in der Wirtschaft. Die Welt ist im Wandel, dazu kommen Sorgen um die äußere und innere Sicherheit. Die Sicherheitsarchitektur, die wir mit der NATO haben, wird instabiler. Das bereitet mir und auch vielen Menschen hier im Wahlkreis Sorge.
NM: Was würden Sie im Rückblick auf die vergangenen drei Jahre als bisher größten erzielten Erfolg für die Region bezeichnen und wo sehen Sie aktuell den dringendsten Handlungsbedarf?
Oppelt: Ich habe mich gefreut, dass wir durch einige Förderprogramme Gelder für die Region bekommen haben, z. B. bei der Stadthalle in Sandhausen; aber im Großen und Ganzen sind wir in Deutschland unter unseren Möglichkeiten geblieben, das hat auch Auswirkungen auf die Region. Ich sehe einen dringenden Handlungsbedarf bei der Wirtschaftspolitik, bei der Entbürokratisierung.
Diese Überregulierung und die wirtschaftliche Unsicherheit sind aus meiner Sicht das, was viele Unternehmer hier im Wahlkreis auch zurückhält, sich zu erweitern, hier zu expandieren, mehr Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Wir haben hier viele tolle Unternehmer, auch tolle Mitarbeiter, die Ideen haben, die etwas umsetzen wollen und vom Staat ausgebremst werden. Es kann nicht sein, dass es fünfundzwanzig Genehmigungen von verschiedenen Ebenen braucht, bevor ein fertiges Blockheizkraftwerk in Betrieb gehen kann.
NM: Die (Neu-)Verschuldung der Kommunen steigt rasant an. Gerade kleinere Kommunen haben es immer schwerer. Braucht es neue Finanzierungsmodelle für die Kommunen?
Oppelt: Wir haben in Baden-Württemberg eigentlich sehr gute Mechanismen, auch den Finanzausgleich der Kommunen untereinander. Das gibt es so nicht in allen Bundesländern. Walldorf hat z. B. ein hohes Gewerbesteueraufkommen und gibt viel an die anderen Kommunen im Rhein-Neckar-Kreis ab. Nichtsdestotrotz sehe ich hier großen Handlungsbedarf, weil gerade im letzten Jahrzehnt auf die Kommunen mehr Aufgaben zugekommen sind. Die finanzielle Ausstattung der Kommunen ist jedoch nicht im gleichen Maße angewachsen wie die Aufgaben, die sie zu erfüllen haben; das betrifft auch die Migration, die in ganz vielen Kommunen noch erfolgreich gemanagt wird.
Doch viele kommen hier an ihre Belastungsgrenzen, bei vielen Ehrenamtlern zeigen sich Ermüdungserscheinungen. Das hängt auch daran, dass da die finanziellen Mittel nicht ausreichend vorhanden sind, aber nicht nur: Die Anzahl der Asylbewerber ist schlicht zu hoch. Dazu kommt, dass die allgemeinen Preissteigerungen in den Bereichen Energie und Bausektor die Kommunen direkt betrifft. Schulgebäude müssen unterhalten werden, Renovierungen sind deutlich teurer geworden. Gerade in Hinblick auf die Ganztagsangebotsverpflichtung bei Schulen braucht es ein neues Finanzierungsmodell und eine Debatte, was wirklich geleistet werden kann.
NM: Mieten, Lebensmittel, Energiekosten – die Preise in diesen Bereichen bleiben nach wie vor auf hohem Niveau. Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um die Preise wieder zu senken?
Oppelt: Ein ganz maßgeblicher Inflationstreiber ist die Energiepolitik der Ampel und die große Unsicherheit, die in diesem Bereich besteht. Hier sollten wir mit Technologieoffenheit an die Sache rangehen, keine Verbote machen, keine harten Grenzen, die zu Unsicherheiten führen, sondern versuchen, mit Anreizen Veränderungen herbeizuführen. Der Ausstieg aus der Kernenergie lag mitten in der Energiekrise, das waren Fehler, die mit zu den Preissteigerungen geführt haben. Dazu kommt die fallende Produktivität in Deutschland, die dazu führt, dass wir weniger exportieren, mehr importieren und uns immer weniger leisten können. Deshalb bin ich auch für Steuer- und Abgabesenkungen bei den mittleren und unteren Einkommen. Es kann nicht sein, dass die Steuer- und Abgabenlast immer weiter ansteigt, wie jetzt auch die Beiträge der Krankenkassen. Fleiß muss sich in Deutschland endlich wieder lohnen.
NM: Hunderttausende Arbeitskräfte fehlen, ob in Pflege, Handwerksbetrieben oder an Schulen und Kitas – Tendenz steigend. Wie wollen Sie hier gegensteuern?
Oppelt: Indem wir Menschen, die aktuell im Bürgergeld sind und eigentlich arbeiten können, wieder auf den Arbeitsmarkt bringen. Bei Edeka kann man morgen anfangen, Regale einzuräumen und bekommt keinen schlechten Stundenlohn. Andere können zu Fachkräften ausgebildet werden. Warum sollen hart arbeitende Leute für jemanden bezahlen, der sagt, ich hab keine Lust, ich nehm lieber das Bürgergeld? Das finde ich unerträglich ungerecht. Es muss klare Anreize geben, arbeiten zu gehen; und hier rede ich nicht von alleinerziehenden Müttern mit zwei Kindern. Wer nicht arbeiten kann, muss auch in Zukunft unterstützt werden.
In manchen Bereichen, in denen dringend Leute gebraucht werden, kann Fachkräftemigration ein Baustein sein. Unser Fachkräfteeinwanderungsgesetz funktioniert ganz gut, doch auch hier bestehen viel zu hohe bürokratische Hürden, auch was die Anerkennung von Abschlüssen angeht. Auch unsere hohe Steuer- und Abgabelast hemmt die Fachkräfteeinwanderung.
NM: Wie Sie bereits angedeutet haben, macht der Wirtschaft vor allem die überbordende Bürokratie zu schaffen. Gleichzeitig haben viele Versuche, Bürokratie abzubauen, das Gegenteil bewirkt. Was schlagen Sie vor?
Oppelt: Das Problem ist, dass es genauso aufwendig ist, ein Gesetz abzuschaffen, wie ein neues Gesetz einzuführen, also geht das keiner an. Deshalb bin ich für ein Ablaufdatum von Gesetzen, in denen es um Verbote oder Genehmigungspflichten geht. Diese Gesetze sollten nach einer gewissen Zeit wieder auf ihre Sinnhaftigkeit geprüft werden müssen.
Sie laufen also nach fünf oder zehn Jahren aus und werden danach auch gar nicht mehr benötigt; Beispiel Heizungsgesetz. Dann müsste man künftig den Aufwand betreiben, die Regel zu erhalten, statt den Aufwand betreiben zu müssen, sie abzuschaffen. Das würde für die Wirtschaft vieles erleichtern, der häufig Gesetze im Weg stehen, die vor 50 Jahren durchaus sinnvoll waren, nun aber keinen Nutzen mehr haben und dennoch weiter existieren.
NM: Der Deutschen Rentenversicherung zufolge gibt es nach 2030 keine Untergrenze mehr für das Rentenniveau. Gleichzeitig werden junge Menschen historisch hohe Beiträge zahlen müssen. Wie kann die Politik dem begegnen?
Oppelt: Zu diesem Thema mache ich mir viele Gedanken. Ich will nicht nur für die nächsten vier Jahre Politik machen und die demografische Entwicklung in Deutschland ist kein Geheimnis. Wenn die Babyboomer in Rente gehen, fällt eine Generation weg, die doppelt so stark ist wie die Generation, die nachkommt. Diese kann das aus eigener Kraft nicht hundert Prozent kompensieren. Der größte Hammer kommt aber noch, wenn die Babyboomer achtzig und viele davon pflegebedürftig werden. Spätestens dafür ist unsere Pflegekasse und unser Pflegesystem nicht ausgelegt.
Eine wichtige Maßgabe ist, dass wir Anreize setzen, dass Menschen, die es wollen, nach dem Eintritt ins Rentenalter weiter arbeiten gehen. Viele würden das gerne tun, doch es lohnt sich finanziell kaum, da viele Steuern abgezogen werden. Nach Eintritt ins Rentenalter wollen wir als CDU steuerfreies Arbeiten bis zu einer gewissen Betragsgrenze ermöglichen, sodass Rentner vielleicht noch zwei, drei Tage in der Woche arbeiten; das würde schon unglaublich helfen.
Zudem müssen Anreize geschaffen werden, damit sich jüngere Generationen um eine private Altersvorsorge kümmern. Hierfür müssten die Freibedarfsgrenzen privater Aktiendepots hochgesetzt werden. Robert Habecks Vorschlag für die Besteuerung von Privatanlegern läuft dem genau entgegen. Es soll sich lohnen, jeden Monat Geld für die eigene private Altersvorsorge wegzulegen, darum muss das steuerlich begünstigt werden, in welcher Form auch immer.
NM: Deutschland hinkt vor allem im Verkehrssektor den eigenen Klimazielen hinterher. Welche Schritte sind Ihrer Meinung nach zielführend?
Oppelt: Da hängt wieder viel an unserer Energiepolitik. Die Ziele, die wir haben, sind zudem sehr ambitioniert. In Zeiten, in denen der Staat, so wie 2013, üppig ausfinanziert ist, muss man auch viel in den Klimaschutz und entsprechende Technologien investieren. In der aktuellen Zeit sollte die Priorität eins jedoch sein, zuerst die wirtschaftliche Situation zu stabilisieren und nicht mit weiteren Einschränkungen und Verboten die ohnehin schon angespannte Situation zu belasten.
Wenn wir in Deutschland wirklich das weltweite Klima positiv beeinflussen wollen, dann müssen wir eine Vorbildfunktion haben, die durch das Heizungsgesetz oder die Erhöhung der CO2-Preise nicht erreicht wird. Wenn bei uns die Wirtschaft schrumpft, während im Rest der Eurozone die Wirtschaft wächst, weil wir den Fokus auf die ambitionierten Ziele legen und dabei der Wohlstand verloren geht, dann wird das in Indien und Brasilien eher zu Kopfschütteln führen als zur Nachahmung. Auch das Verbrennerverbot halte ich deshalb für einen großen Fehler.
Der Weg für den besten Klimaschutz ist immer derjenige, der über Innovationen geht. Am Ende des Tages haben wir in Deutschland eine riesige Chance mit unseren Hochschulen und Universitäten, die hervorragende junge Leute ausbilden und Technologien entwickeln, die das Verbrennen von Öl, Kohle und Gas unnötig machen. Dann ziehen auch andere Länder nach.
NM: Populistische Forderungen, Tendenzen zu extremistischen Positionen und Verrohung der politischen Debatte sind in Deutschland immer häufiger zu beobachten – mit welchen konkreten Maßnahmen will die CDU diesem Umstand entgegenwirken?
Oppelt: Mit guter Politik. Mit Stabilität statt Chaos. Diese aufgeheizte Stimmung kommt auch daher, dass die Menschen – und da sind wir wieder bei Frage eins – Sorgen haben. Wenn sie dann auch noch meinen, dass etwas falsch läuft, entlädt sich das irgendwo. Manche werden Protestwähler, manche rufen ihren örtlichen Abgeordneten an und beschweren sich oder schreiben einen bösen Brief. Vertrauen kann man nicht erzwingen, Vertrauen muss man sich erarbeiten. Vertrauen ist schnell zerstört und es dauert lange, es wieder aufzubauen.
Und mein persönlicher Weg gegen Extremismus und Populismus ist der, dass ich versuche, mit jedem zu sprechen, der mit mir reden will, der eine E-Mail schreibt oder anruft. Das sehe ich als meinen Teil, den ich beitragen kann. Und dass wir im Großen diese Probleme lösen, die die Leute in ihrer Existenz verunsichern und bedrohen. Dann nimmt das Vertrauen auch wieder zu und der Extremismus ab.
NM: Worin sehen Sie das Scheitern der bisherigen Regierung und was kann die Politik daraus lernen?
Oppelt: Die Probleme, die ich eingangs geschildert habe, hat die Regierung nicht genug ernst genommen, gerade die Probleme in der inneren Sicherheit, in der Migration und die Probleme in der Wirtschaft. Das hat zu einer großen Verunsicherung geführt und auch zum Scheitern dieser Koalition. Es war ein Fehler, andere Projekte bevorzugt zu behandeln, Stichwort Selbstbestimmungsgesetz. Mit einer knappen Mehrheit wurde hier beschlossen, dass Kinder, die zwischen vierzehn und achtzehn sind, auch gegen den Willen ihrer Eltern das Geschlecht in ihrem Pass ändern können.
Viel politische Aufmerksamkeit hat diese Koalition auf das Durchsetzen von solchen Gesetzen verwendet, statt auf das Behandeln der eigentlichen Probleme. Auch kurz vor der Wahl haben sie jetzt eine Debatte über Schwangerschaftsabbrüche angezettelt, deren Reform im Grunde kaum etwas ändert. Die Wahrheit ist, schon jetzt gibt es in Deutschland jedes Jahr über 100.000 Abtreibungen und im Gegensatz zu vielen anderen Ländern haben wir hier einen Kompromiss gefunden, der in der Praxis funktioniert. Ideologische Debatten wie diese kommen nicht gut an und die Leute denken sich, „Was diskutieren die da eigentlich?“. Die Politik kann aus dem Scheitern der Regierung also lernen, den richtigen Fokus zu setzen.
Moritz Oppelt strebt seine zweite Amtszeit als Bundestagsabgeordneter der CDU an. 1989 in Heidelberg geboren, wuchs er in Neckargemünd auf, machte dort sein Abitur und schloss 2012 sein Studium der Betriebswirtschaftslehre und der Rechtswissenschaften mit dem Erwerb des Bachelor Unternehmensjurist (LLB) ab. 2012 bis 2015 folgte ein Studium der Rechtswissenschaften mit dem Erwerb des ersten juristischen Staatsexamens; nach einem Referendariat am Landgericht Mannheim hatte er 2017 das zweite juristische Staatsexamen in der Tasche. Bis er 2021 mit einem Direktmandat in den Bundestag einzog, war er Sachgebietsleiter in der Steuerfahndung der Finanzverwaltung des Landes Baden-Württemberg. Moritz Oppelt ist verheiratet und hat zwei Kinder.
2007 trat er der CDU bei und schloss sich der Jungen Union an; von 2014 bis 2021 war Oppelt Bezirksvorsitzender der Jungen Union Nordbaden. Seitdem ist er der Bezirksvorsitzende der CDU Nordbaden. Als Stephan Harbarth 2020 Präsident des Bundesverfassungsgerichts wurde und sich deshalb aus der aktiven Politik zurückzog, war Oppelts Chance gekommen und er trat an Harbarths Stelle als Kandidat an. 2021 gewann er das Direktmandat des Wahlkreises 277 Rhein-Neckar und zog in den Bundestag ein. Dort ist er Mitglied des Ausschusses für Inneres und Heimat.